Politische Kultur
Identitäre: Volksbildung

Im oststeirischen Eichkögl wurde eben das „Hackher Zentrum Neu“ eingeweiht. „Wir wollen vor allem die jungen Aktivisten fördern, daß sie auch selber Vorträge halten“, sagte Harald Wiedner (Identitäre Bewegung Steiermark). Damit eröffnete der ORF einen Beitrag über diese Kulturinitiative.

Weshalb Kulturinitiative? Clemens Lorber erläutert etwas holprig, es gehe darum, daß „wir eine Art Kultur der Leit-, äh, Kultur durchführen und eigentlich Leute, die jetzt nicht assimilierbar sind, daß man die nach Hause schickt.“

Der Begriff Leitkultur sowie die Idee, daß es eine Leitkultur gebe, stammen übrigens vom syrischen Moslem Bassam Tibi. Lorber hat sich dessen Konzept zwar offenbar nicht angesehen, aber wir erfahren zumindest, was sich die IBÖ darunter vorstellen könnte. Nämlich einen Katalog von Gründen, um Menschen des Landes zu verweisen, mit denen man sich nicht befassen möchte, die man nicht neben sich haben will.

Daß diese Intention ausgerechnet kulturell begründet wird, ist originell, zumal die Identitären nicht müde werden zu betonen, daß sie „heimische Bräuche und Traditionen“ schützen möchten, weshalb eine „Politik aus Liebe zum Eigenen“ gefordert sei, auf daß wir uns „für den Fortbestand der eigenen kulturellen Identität einsetzen“ mögen. Das sind überwiegend kulturelle Agenda.

Aber haben denn Wiedner, Lorber und ihre Verbündeten auch tatsächlich eine Ahnung von „unserer Kultur“ und „unserer Identität“? Ist ihnen die Steiermark und ihre Geschichte vertraut? Kennen sie die sozialgeschichtlichen Zusammenhänge, wie sie vor allem in der Oststeiermark sehr interessante Momente haben?

„Wer das Volk bilden will, der muß es zuerst kennen!“ So schrieb Viktor Geramb in seinem 1946 erschienenen Buch „Um Österreichs Volkskultur“. Er bekräftigte damit seine Auffassung, daß „die Volkskenntnis aller Volksbildungsarbeit Anfang und Grundlage“ sein müsse. Sind derlei Kenntnisse bei der IBÖ tatsächlich verfügbar?

Als ich im Internet nachschaue, was die Identitäre Bewegung Steiermark bewegt, sind die jüngsten drei Einträge folgendermaßen datiert: 8. Juli 2018 („Prozessauftakt in Graz“), 19. September 2017 („IB-Stmk-Leiter Luca Kerbl im Gespräch“), 30. März 2016 („Identitäre bei Asyl-Veranstaltungen in Mariatrost (Graz) und Gleisdorf“).

Es gibt noch eine andere Steiermark-Leiste, die handelt wesentlich nur von den Akteuren selbst, was sie denken und was sie tun. Keinerlei Hinweis darauf, was sie uns über die Steiermark, deren Geschichte und Kultur, also über uns mitteilen könnten. Sie reden bloß von sich.

Dabei findet man eine interessante Quellenangabe: „Reconquista Steiermark“. Der spanische Begriff Reconquista bezeichnet ein Ringen darum, die „Mauren“ (also Muslime) von der iberischen Halbinsel und aus dem heutigen Andalusien zu vertreiben. Ein historischer Prozeß, der vom 8. bis zum 15. Jahrhundert gedauert hat, wodurch vor allem das geistige Leben Europas enorme Verluste erlitten hatte.

Ob Wiedner und Lorber wissen, daß wir ohne die Muslime des al-Andalus weitgehend ohne wichtige kulturelle Wurzeln des Abendlandes leben müßten? Die wesentlichen Texte der griechischen Philosophie waren uns verlorengegangen. Wir erhielten sie durch Gelehrte wie Ibn Ruschd (Averroes) zurück, haben von den leistungsfähigen Übersetzungsbüros der Mauren profitiert.

Das war eine enorme Kulturleistung, zu der das christliche Europa nicht in der Lage gewesen ist. Da mußte sich zum Beispiel Thomas von Aquin abmühen, um Aristoteles bei der Kirche erst einmal salonfähig zu machen.

Die „Reconquista Steiermark“ arbeitet laut Selbstdarstellung „an vielen Projekten und Aktionen in ganz Österreich“. Es gehe um den „Aufbau von patriotischen Zentren, das Hilfsnetzwerk für Aktivisten oder die professionelle Medienarbeit“ etc.

Wüßte diese Leute über Europas Geschichte Bescheid, wäre ihnen klar, daß die historische Reconquista ein fulminanter Beitrag war, Europa in eine geistige Agonie zu treiben. Das ist also keine kluge Ambition gewesen, die Europa damals überdies einen horrenden wirtschaftlichen Schaden zugefügt hatte.

Im Augenblick gibt es nicht den geringsten Anhaltspunkt, daß die Identitäre Bewegung Steiermark in der Lage wäre, etwas davon zu tun, was sie als Vorhaben deklariert und womit sie um Unterstützung wirbt.

Die wackeren Patrioten glänzen augenblicklich durch Selbstdarstellung und einen eher einfallslosen Aktionismus. Wer wir sind und was uns dazu gemacht hat, scheint ihnen nicht sonderlich klar zu sein. Es muß befürchtet werden, daß sie nicht wissen, wovon sie da reden.

+) Übersicht: Zur steirischen Politik

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