TIP Kirta
Boomer, Teil 4
Was gibt’s denn über einen Kirtag so lang zu quasseln? Meine Gespräche während der letzten Tage unterstreichen: Menschen brauchen Feste. Menschen brauchen Rituale. Dabei wird oft Überliefertes im alten Sinn erhalten und gepflegt. Es entstehen natürlich auch neue Formen. Oder es wird etwas Altes umgedeutet, also neu codiert.
Der Kirta war als Kirchtag ursprünglich das jährliche Kirchweihfest. Davon blieb in Gleisdorf eine Mischung aus Geschäftstreiben und Unterhaltung. Es ist dann ja letztlich die konkrete Gemeinschaft eines Ortes, die einem Vorhaben seine aktuelle Bedeutung gibt. Das vermischt sich mit den Interessen der Gäste, die von auswärts dazukommen.
Ja, klar: Volksbelustigung. Sonst würden wir ein sehr trauriges Volk werden und das braucht niemand. Solche Rudel gutgelaunter Menschen quer durch die Innenstadt, das ergibt eine Stimmung, wie sie durch nichts anderes hergestellt werden kann. Das manche dabei über die Stränge schlagen ist banal. (Damit sollte jede Gemeinschaft fertig werden.)
Ich hab in den vorangegangenen Glossen schon skizziert, wie da verschiedene Generationen und Milieus in Wechselwirkung kommen. Sie ahnen, wie sehr ich jene Stunden genossen hab. (Sonst wäre ich kaum länger dabeigeblieben.)
In der Dreier-Glosse habe ich kurz erläutert, weshalb das Wort „Boomer“ in die Titelzeile kam und wieso ich mich mit dieser Generation (Alterskohorte) identifiziere. Vor meinen Füßen tat sich dann vor allem das fröhliche Treiben der Youngsters auf, dessen Tempo ich an mir vorbeiziehen ließ. (Selbstverständlich sind die Jungen ganz anders getaktet als ich!)
Ich stand nachts noch mit Kulturreferent Karl Bauer zusammen, während mich ein heftiger Regenguß erwischte. Da es mir zu blöd wurde, mich unter einen Schirm zu drücken, was ohnehin nur mangelhaften Schutz bot, ließ ich zu, daß mir das Wasser übern Kopf ins Gewand und zu den Beinen wieder rauslief. (Das hatte ich als Kind zum letzten Mal erlebt, was gut ein halbes Jahrhundert her ist.)
Was ich hier noch nicht beschrieben hab, ist mein Abstecher zu den „Petrol Heads“. Der Begriff ist bei uns wenig geläufig und in deutscher Version eher abschätzig gemeint: „Benzinbrüder“. Nun läuft seit Jahren ein amüsantes Match zwischen den Parteien a) der Automobilgegnerschaft, b) der Verächter von Elektrofahrzeugen sowie c) jener Schrauber und Sammler, die am konventionellen Kraftfahrzeug festhalten wollen. Schauen wir, was das werden will…
Fußnötchen
Ich habe immer wieder mit Profis aus der KFZ-Branche zu tun. Das reicht von Konstruktion und Chip-Entwicklung bis zu Reparatur und Service. Da konnte ich noch niemanden treffen, der oder die unserer Elektromobilität eine bedeutende Zukunft vorhersagt. Das ganze E-Mobilitäts-Gerede von Politik und diversen Managements wird da nur mit Kopfschütteln quittiert. Ein Geschäftsmodell, so heißt es, das sich beizeiten erledigen wird. (Fortsetzung)
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