trans*Identitäten / trans*gender
Die Schwierigkeiten für Gutachter*innen
- hochgeladen von Florian Friedrich
Wenn Gutachter*innen unsicher sind
Besonders Menschen, die Gutachten und Stellungnahmen schreiben, welche trans*Personen benötigen, um mit hormonellen und chirurgischen Maßnahmen zu beginnen, spüren oft Sorgen und Unsicherheiten. Immerhin sind sie selbst ja haftbar, wenn ein Mensch wieder zurück in sein biologisches Geschlecht möchte (Detransition).
Gutachter*innen, Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen, die Stellungnahmen für die Krankenkassen oder für die Freigabe zu hormonellen und chirurgischen Maßnahmen schreiben, haben oft eine undankbare Doppelfunktion: Einerseits arbeiten sie mit ihren trans*identen Klient*innen therapeutisch und haben somit eine besondere Beziehung und ein großes Vertrauensverhältnis zu ihnen. Anderseits sollen und müssen sie beurteilen, ob die trans*Geschlechtlichkeit oder Geschlechtsdysphorie auch stabil und echt ist. Dies wiederum erleben trans*Menschen als Fremdbestimmung und Entmündigung.
Transgender-Kinder | WDR Doku
Trans*Identität bei schweren psychischen Störungen
Besonders komplex wird es dann, wenn trans*idente Personen schwere psychische Erkrankungen haben, wie etwa Schizophrenie, Psychosen, Borderline mit desintegriertem Strukturniveau, Komplexe Posttraumatische Belastungsstörungen mit dissoziativen Zuständen, dissoziative Persönlichkeitsstörungen etc. Hier muss dann die Diagnostik besonders sorgfältig sein, und Gutachter*innen sollten sich auch auf ihre eigene Intuition und ihr Spüren verlassen.
Auch bei Personen, die sich im Autismusspektrum befinden, wo trans*Identität gehäuft auftritt, und bei Menschen mit ADHS ist eine sorgfältige Diagnostik Pflicht.
Klären Sie als Psychotherapeut*in psychische Symptome und Erkrankungen sorgfältig ab.
Folgende Fragen können Ihnen hierzu hilfreich sein:
- Stehen Symptome, wie etwa Ängste, Depressionen, psychosomatische Beschwerden und Schlafstörungen in Zusammenhang mit der trans*Identität? So kann es viel Kraft kosten, depressiv machen und zu somatoformen Störungen führen, wenn die Geschlechtsinkongruenz nicht gelebt werden kann oder darf.
- Gibt es negative Reaktionen, Ablehnung, Ausgrenzungen, Diskriminierungen, Stigmatisierungen oder psychische Gewalt vom sozialem Umfeld wegen der trans*Identität des Klienten*/der Klientin, welche zu Minderheitenstress, Ängsten, Belastungsreaktionen und anderen Symptomen führen?
- Wie erlebt mein*e trans*Klient*in sein/ihr Passing?
Endlich Ich! - Sophie, Luca und Nora über das Leben als Transmenschen I 37 Grad
Wenn Menschen nur vorgeben, trans* zu sein - ein Hype
Die Zahl der jungen Menschen, die sich trans* fühlen, ist um das Achtfache angestiegen. Dieses Phänomen braucht offene Antworten, Räume der Begegnung und des Dialoges.
Das Deutsche Ärzteblatt hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass seit 2013 die Diagnose „Störung der Geschlechtsidentität“ bei Menschen unter 25 Jahren um das Achtfache angestiegen ist. Vor allem Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren sind davon betroffen. Die Diagnose geht häufig mit Depressionen, Angststörungen, Borderline, Traumafolgesymptomen oder posttraumatischen Belastungen einher. In 65 Prozent der Fälle (73 Prozent bei den Mädchen) besteht die Diagnose "Transsexualismus" nach nur fünf Jahren nicht mehr.
Eine Hypothese ist, dass soziale Faktoren eine große Rolle spielen, wie etwa eine Heils-versprechende Darstellung der Transition in den Sozialen Medien oder der Gruppendruck in Subkulturen und gesellschaftlichen Blasen u.v.m. Das Phänomen bedarf deshalb wissenschaftlicher und evidenzbasierter Forschung und sorgfältiger Untersuchungen, inwiefern die Diagnose auch ein Symptom von Traumatisierungen in der Biographie sein kann. Medizinischen Maßnahmen wie Pubertätsblocker, Hormontherapien und chirurgische Eingriffe dürfen daher nur nach eingehender und sorgfältiger Prüfung der individuellen Leidensgeschichten der Klient*innen zugestimmt werden. Es bedarf einer optimalen medizinischen, psychotherapeutischen und psychiatrischen Begleitung.
Ein großes Problem sehe ich hier in der gesellschaftlichen Spaltung, in der sich Expert*innen und Aktivist*innen wie zwei feindliche Fronten gegenüberstehen. Dies erschwert einen wissenschaftlichen und phänomenologischen Forschergeist. Das Phänomen der trans*Identitäten ist mittlerweile so stark ideologisiert, dass ein differenzierter Zugang kaum noch möglich ist.
Weder das vorschnelle Zustimmen zu Medikamenten und chirurgischen Maßnahmen noch die vollständige und rigorose Verweigerung derselben sind eine Antwort auf das komplexe Thema.
Es braucht für die Transition weiterhin Ärzt*innen, Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen und Psychiater*innen, die allerdings selbst einen differenzierten und Ideologie-freien Blick auf das Thema der trans*Identität haben.
Einerseits sollten wir als Psychotherapeut*innen oder Ärzt*innen trans*affirmativ sein und das Erleben unserer Klient*innen immer validieren und bestärken. Andererseits lerne ich aber auch in meiner eigenen Praxis (sehr selten!) Menschen kennen, die Hormontherapien und körpermodifizierende Maßnahmen anstreben und die mich ganz unsicher werden lassen, ob hier auch wirklich eine echte trans*Identität vorliegt. Hier bin ich dann meinem Gewissen, meiner Berufsethik und Sorgfalt verpflichtet und darf der Hormontherapie und/oder chirurgischen Maßnahmen nicht zustimmen. Diese Schwierigkeiten kennen wohl viele Gutachter*innen und Sachverständige.
Wenn wir als Therapeut*innen Zweifel und Sorgen spüren, dass die Geschlechtdysphorie der Jugendlichen nicht stabil ist, dann sollten wir unsere Gegenübertragung und Resonanz unbedingt ernst nehmen. Freilich bringt uns dies ist eine äußerst unangenehme und schwierige Lage. Auf alle Fälle ist es sinnvoll, wenn wir den Jugendlichen und deren Eltern unsere Ambivalenz offenlegen. Dies allein kann schon einmal für alle entlastend sein.
Immer mehr Mädchen, die Jungen werden wollen
Zudem ist es auch in und en vogue, trans* zu sein. Das zeigen vor allem die Zahlen bei geschlechtsdysphorischen Mädchen, die extrem stark, nämlich exponentiell ansteigen, was sich nicht allein durch eine höhere Akzeptanz der trans*Geschlechtlichkeit erklären lässt, sondern vielmehr durch eine regelrechte Modeerscheinung.
Echte trans*Identität immer unterstützen
Pubertätsblocker dürfen auch bei Kindern nie rigoros ausgeschlossen werden. Bei echter trans*Identität haben wir als Psychotherapeut*innen und Gutachter*innen sogar die ethische Verpflichtung, einem Kind möglichst vor der Pubertät pubertätsblockierenden Medikamenten zuzustimmen, damit es nicht zu einer irreversiblen Pubertät im abgelehnten biologischen Geschlecht kommt. Der psychische Schaden ist bei echter trans*Identität für Körper und Seele nämlich weitaus schädlicher als die Nebenwirkungen von Pubertätsblockern und Hormontherapien. Des Weiteren ist eine Aussöhnung mit dem Geburtsgeschlecht nur ganz selten möglich - gerade das ist ja das Wesentliche der trans*Geschlechtlichkeit.
Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
Link einfügen
Video einbetten
Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.
Karte einbetten
Social-Media Link einfügen
Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.
Code einbetten
Beitrag oder Bildergalerie einbetten
Foto des Tages einbetten
Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Hier gehts zu den aktuellen
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.