Psychologie und Sexualität
Internetsexsucht / Pornosucht und Konsum von Pornos
Pornosucht ist sehr selten. Ein hoher Pornokonsum, bei dem sich Menschen wohl fühlen, ist noch lange keine Sucht.
Immer wieder kommen Menschen in die Beratung und fragen, ob sie pornosüchtig seien. Oftmals redet ihnen auch ihr soziales Umfeld dies ein, etwa ihre Partner*innen. Hier lässt sich schnell Entwarnung geben.
Denn eine Pornosucht besteht erst dann, wenn die Gedanken permanent, also viele Stunden am Tag, um pornografische Bilder kreisen. Die Familie, die Arbeit, der Freundeskreis, das Studium und die Partner*innenschaft werden dann zugunsten des Pornokonsums vernachlässigt.
Auch wenn ein Mensch in der Partner*innenschaft keine oder kaum Lust auf Sexualität hat, aber häufig Pornos ansieht, ist das noch lange kein Hinweis auf eine Pornosucht. Derartige Schwierigkeiten in der gemeinsamen Sexualität haben nämliche vielfältige, auch paar dynamische Ursachen und sind komplex.
Ich möchte Pornos nicht schönreden, weil es im Internet wirklich furchtbare Bilder gibt. So fragen mich in Schulklassen immer wieder neunjährige Kinder, was passieren kann, wenn ein Mensch mit einem Tier schläft. Hier kann ich dann rückschließen, dass die betroffenen Kinder bereits verbotene Mensch-Tier-Pornos gesehen haben. Pornografie bedient sich zudem sexistischer Frauen- und Männerbilder, wertet Menschen ab und reduziert die Vielfalt der Sexualität auf roboterhafte Mechanik und Hydraulik.
Andererseits finden viele Konsument*innen genau Letzteres, also sexistische Phantasien, Sex ohne Liebe, das Verbotene, Tabus etc. als Phantasie anregend, reizvoll und lustvoll. Unsere Sexualität und Phantasie sind eben nicht politisch korrekt und Sex besteht auch nicht nur aus Liebe, Blümchen und Bienen, sondern hat auch dunkle und verbotene Seiten. Gerade das Tabu kann dann zum starken Reiz werden.
Solange ich mir also vor Augen halte, dass Pornos keine Dokumentationen, sondern Fantasyfilme sind, und ich zwischen Fantasie, Pornografie und Realität unterscheiden kann, ist alles gut und mein Pornokonsum wird sich nicht negativ auf meine Psyche und Sexualität auswirken.
Fazit:
Unter Internetsucht und/oder Pornosucht versteht man einen suchtartigen Missbrauch des Internets, welcher die psychosoziale Gesundheit der Betroffenen gefährdet.
Die Betroffenen fühlen sich dieser Sucht hilflos ausgeliefert, das Verlangen ist triebhaft, wie ein innerer Zwang, und sie können dieses Verhalten nicht kontrollieren. Es kommt zu Entzugssymptomen, wenn das Verhalten nicht befriedigt wird und das Verhalten wird zunehmend mehr.
Die Betroffenen vernachlässigen ihren Beruf, ihre Hobbys, ihre Familien, ihre Kinder, ihre Partner*innen und ihre Freundschaften zugunsten der Online-Sucht und/oder Pornosucht. Die Sucht wird dabei immer mehr zum Mittelpunkt des Alltags und des Lebens.
Online-Sucht und Pornosucht sind eher selten, und diesbezüglich neigen viele Menschen oder deren Angehörige vorschnell zur Selbst- bzw. Fremdpathologisierung. Internetsucht oder Pornosucht ist oft eine Kompensation für andere Mängel im Leben, etwa für einen unerfüllten Alltag oder innere Langeweile, unterdrückte Emotionen, Bedürfnisse, unausgesprochene zwischenmenschliche Konflikte und innere Leere.
Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision
(Logotherapie und Existenzanalyse)
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