"Bleamerl und Moore hegen ist nicht genug"
Das kommt heraus, wenn ein gstandener Touristiker einen Naturpark aufräumt: Andreas Steininger erklärts.
Schutz, Erholung, Bildung und Regionalentwicklung. Das sind die vier Säulen, auf die sich ein österreichischer Naturpark zu stützen hat, das gilt auch für den Naturpark Mürzer Oberland. Seit Juni ist Andreas Steininger neuer Geschäftsführer im Naturpark Mürzer Oberland in der Großgemeinde Neuberg an der Mürz. Zuvor hat der Tourismusexperte und Bergführer Andreas Steininger die Tourismusverbände Joglland-Waldheimat und Bruck an der Mur hochgebracht.
Was ist anders als in Bruck?
ANDREAS STEININGER: Die einzigartige Naturlandschaft. (Anm.: Wir sitzen auf der Michlbauerhütte auf der Schneealm und werden von den Wirtsleuten Judy und Tom mit kulinarischen Schmankerln verwöhnt). Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man einen Städtetourismus zu managen hat oder einen Naturpark. Aber als Bergsteiger und als Mitglied der Mürzer Bergrettung bin ich hier ja kein Unbekannter.
Was muss aus Deiner Sicht ein Naturpark können?
Er muss sehr viel können: In erster Linie muss er der einheimischen Bevölkerung Perspektiven bieten. Die Leute fragen sich zurecht "Was habe ich vom Naturpark?" und "Was hilft mir der Naturpark, wenn laufend Infrastruktur flöten geht?". Die Regionalentwicklung kommt deutlich vor der touristischen Komponente. Die Leute brauchen etwas Handfestes. Nur Bleamerl schauen und Moose hegen wird nicht reichen.
Was kann der Naturpark Mürzer Oberland jetzt schon?
Die Basis ist da, es wurde gute Vorarbeit geleistet. Nun geht es darum, die Strukturen auf Schiene zu bringen und ganz wichtig: den Naturpark nach innen und nach außen zu positionieren. Der Gast muss schon beim Durchfahren den Naturpark spüren.
Du willst auch mit dem Naturpark-Büro sichtbarer werden?
Ja, der jetzige Standort ist unbrauchbar, da muss eine Verbesserung her.
Was sind kurzfristig Deine ersten Handlungen?
Es gilt, eine Fülle von Angeboten und Privatinitiativen zu sichten und zu koordinieren, und mittelfristig in eine gescheite Strategie zu bündeln. Meine Aufgabe ist es, aus einem nicht fertigen Mosaik ein schönes Bild zu fertigen.
Du bist aber jetzt kein Bildermacher?
Nein, gemessen werde ich sicherlich am Geld, das ich in eine strukturschwache Region zu bringen habe. Eine Hauptaufgabe wird es sein, Fördertöpfe zusätzlich zu den gängigen Förderstellen wie Leader anzuzapfen.
Der Naturpark und der Tourismusverband sind zwei verschiedene Gefäße. Wird man jetzt beginnen, diese Gefäße zu durchmischen?
Nein, aber näher zusammenzubringen. Das sehe ich schon auch als meine Aufgabe. Ich bin ein Netzwerker, wir werden sicherlich zusammenarbeiten, aber ein Naturpark hat schon andere Aufgaben, als nur Gästebetten zu füllen.
Du bist auch sehr an der Kultur interessiert. Neuberg ist eine Stätte der Hochkultur? Siehst Du da Anknüpfungspunkte?
Unbedingt. Kultur, Stift, Natur – wir brauchen nicht mehr zu tun, als diese Themen zu transportieren. Wir müssen dabei authentisch bleiben, wir dürfen trotz der Kultur nicht künstlich werden. Aber bei diesem homogenen Angebot und bei dieser grandiosen Landschaft sehe ich diese Gefahr des Künstlichen und der Verkitschung nicht.
Kommentar:
Authentizität. Wer oder was ist authentisch? Hier eine Worterklärung: Echtes und natürliches Auftreten bzw. Erscheinen. Eine authentische Person wird als „echt“ und „integer“ wahrgenommen. Sie vermittelt dadurch Klarheit, Stabilität und Selbstvertrauen, kann aber auch von Personen, welche andere Werte vertreten, als störend und unnachgiebig gelten.
Jetzt hat Andreas Steininger als neuer Geschäftsführer des Naturparks Mürzer Oberland mehrmals den Begriff "authentisch bleiben" in den Mund genommen. Legt man jetzt die beiden Begriffe Mürzer Oberland und Authentizität übereinander, dann passt das wie die Faust aufs Auge. Viel echter und natürlicher, unnachgiebiger und sturer kann man kaum sein. Das passt für die Leut', für die Landschaft, für die ganze Region.
Jetzt liegt es an der neuen Führung des Naturparks, diesen nicht einfachen Begriff in ein passendes Vermarktungskonzept zu gießen. Weil überall dort, wo der Tourismus floriert, da ist die Authentizität auf der Strecke geblieben. Also keine leichte Aufgabe für den "Zuagroasten".
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