Die unbezahlbare Sozialhilfe
Die Bürgermeister im Bezirk schreien Alarm: Kosten für Pflege und Soziales bremsen Handlungsspielraum der Gemeinden ein.
Die Bürgermeister im Bezirk stöhnen unter der finanziellen Last der Sozialhilfeumlage. Der Kapfenberger Bürgermeister Manfred Wegscheider (SPÖ) fordert schon seit dem Vorjahr einen radikalen Kostenschnitt und eine Umstrukturierung im System der Sozialhilfeverbände: "Im ersten Schritt muss schnellstens eine Kostenbremse her. Die jährlichen Steigerungsraten bei der Sozialhilfeumlage sind exorbitant hoch und stehen zu keiner Relation zur Einnahmensituation der Gemeinden. Sprich die Gemeinden sind gezwungen, Geld für die Sozialhilfeumlage aufzutreiben, andere Aufgaben und Projekte der Gemeinde bleiben dafür auf der Strecke."
Bürgermeister Alexander Lehofer (ÖVP) aus der Breitenau schildert die Situation in seiner Gemeinde: "Ich muss die Bedarfszuweisungen des Landes zur Abdeckung der Sozialhilfeumlage heranziehen, die Bedarfszuweisungen bräuchten wir aber dringend zur Erhaltung der gemeindeeigenen Infrastruktureinrichtungen wie Straße, Kanal und Wasser.
Pflegeversicherung muss her
Nicht viel rosiger stellt sich die Situation in Thörl dar. Bürgermeister Günther Wagner (SPÖ): "Die Kosten im Sozialhilfeverband nehmen überhand. Es braucht eine Entlastung für die Gemeinden.
Manfred Wegscheider kommt mit einem Rechenbeispiel aus Kapfenberg: "In den vergangenen zwei Jahren ist die Sozialhilfeumlage allein für die Stadt Kapfenberg um 1,8 Millionen Euro angestiegen." Lösungsvorschläge hätte Wegscheider auch parat: "Die Struktur der SHV ist nicht mehr zeitgemäß. Neue Strukturen müssen her. Speziell im Sozialhilfeverband Bruck-Mürzzuschlag muss man auch darüber diskutieren, ob wir die Heime nicht in eine eigenständige Gesellschaft ausgliedern sollten. Und bundesweit muss über eine Pflegeversicherung diskutiert werden."
Der Aufschrei aus Kapfenberg wurde bis Graz gehört. Erste Gespräche zwischen Bürgermeister Wegscheider und Sozial-Landesrätin Doris Kampus haben bereits stattgefunden.
"Nicht viel Einsparungspotenzial"
Der Kindberger Bürgermeister Christian Sander (SPÖ) betont die Wichtigkeit von Pflegeheimen, Betreutem Wohnen, Jugendzentren und neuen Pflegeheimen. "Ideell und praktisch sehe ich nicht viel Einsparungspotenzial. Man müsste generell die Pflege anders absichern, aber das ist eine österreichweite Thematik. Vorstellbar wäre etwa eine Pflegeversicherung", sagt Sander. Die Belastung für die Gemeinden würde sonst zu viel werden.
St. Barbaras Bürgermeister und zugleich neuer Obmann des Sozialhilfeverbandes Bruck-Mürzzuschlag, Jochen Jance (SPÖ), schildert die Situation so: "98 Prozent der SHV-Ausgaben basieren auf Gesetzen. Spielraum hat man nur bei freiwilligen Zuwendungen wie beispielsweise der Schulsozialarbeit, Seniorenurlaubsaktionen oder Subventionen für Streetworker. Es ist aber wichtig, dass diese Zuwendungen so aufrechterhalten werden können." Auf Landesebene würden bereits Arbeitsgruppen das System genau unter die Lupe nehmen. "Wichtig ist zu wissen, dass 60 Prozent der Ausgaben des Sozialhilfeverbandes das Land Steiermark bezahlt. Die 40 Prozent entfallen als Sozialhilfeverbandsumlage auf die Gemeinden", so Jance.
"So kann es nicht weitergehen"
Rudolf Hofbauer (ÖVP), Bürgermeister von Langenwang: "Wir haben das Ziel, die Decke schon erreicht und stehen an. So kann es nicht weitergehen. Die Steigerung in den letzten Jahren, ca. 30 Prozent Erhöhung, ist für die Gemeinden und so auch für Langenwang nicht mehr finanzierbar. Ich halte aber fest, die Arbeit in den Heimen ist wichtig und gut und wird auch bestens geführt", erklärt er. Einsparungspotenzial sieht Hofbauer beim Personal des neuen Sozialhilfeverbands Bruck-Mürzzuschlag: "Eine neue Geschäftsstelle, Miete über 70.000 Euro, mit 17 bestens bezahlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sogenannten Referenten, der Personalaufwand beträgt über 900.000 Euro, das ist ja ein Wahnsinn!"
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