Bestellerprinzip
Gemischte Reaktionen auf Reform der Maklerprovision

Mit der Einführung des Bestellerprinzips gilt: Wer eine Maklerin oder einen Makler beauftragt, muss diesen auch bezahlen. | Foto: (c) Bigstockphoto.com/255105/karenroach
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  • Mit der Einführung des Bestellerprinzips gilt: Wer eine Maklerin oder einen Makler beauftragt, muss diesen auch bezahlen.
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Ab 1. Juli 2023 gilt bei Wohnungsvermietungen das sogenannte Bestellerprinzip – d. h., wer eine Maklerin oder einen Makler beauftragt, muss diesen auch bezahlen. Während die Arbeiterkammer (AK) die neue Regelung grundsätzlich begrüßt, übt die Immobilienwirtschaft heftige Kritik. Kritisch fielen auch die Reaktionen der Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ aus. 

ÖSTERREICH. Nach zähem Ringen einigte sich die Bundesregierung schließlich doch noch auf das sogenannte Bestellerprinzip bei der Wohnungsvermietung. Das gefällt nicht allen. Vertreter der Immobilienbranche übten heftige Kritik an der neuen Regelung und prophezeien Nachteile sowohl für Mieter*innen als auch für Immobilienmakler*innen. Andere wiederum begrüßen die Reform, warnen allerdings vor Lücken und daraus resultierenden Umgehungsmöglichkeiten. 

Gesetzesänderung mit 1. Juli 2023

Bisher wurde die Maklerprovision in den meisten Fällen von den Mieterinnen und Mietern bezahlt. Mit 1. Juli 2023 ändert sich das, denn ab dann gilt: "Wer eine:n Makler:in bestellt, bezahlt auch dafür", ließ Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Sonntag via Twitter wissen und ergänzte: "Wir räumen mit einer jahrzehntelangen Ungerechtigkeit auf." Laut der Bundesregierung sollen sich Mieterinnen und Mieter dadurch künftig rund 55 Millionen Euro im Jahr sparen. 

Umgehungsmöglichkeiten 

Die Arbeiterkammer begrüßt die Reform der Maklerprovision, warnt jedoch gleichzeitig vor etwaigen Umgehungsmöglichkeiten. Im letzten Gesetzesentwurf vom April 2022 waren solche laut AK noch gegeben, weshalb die Interessenvertretung in ihrer damaligen Begutachtung mehrere Verbesserungsvorschläge einbrachte.

Geht es nach der AK, soll etwa geregelt werden, dass Maklerinnen und Makler von Wohnungssuchenden prinzipiell keine Provision fordern, sich versprechen lassen oder annehmen dürfen (Provisionsverbot). Die einzige Ausnahme: Künftige Mieter*innen erteilen einen Suchauftrag und die Makler*innen finden die betreffende Wohnung erst danach. Dass sie die Wohnung erst nach dem Erteilen des Suchauftrags gefunden haben, sollen sie zudem beweisen können.

Zudem fordert die AK, dass das Bestellerprinzip künftig auch für die Vermittlung von Kaufverträgen über Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser gelten soll.

"Wirft Immobilienmarkt um Jahrzehnte zurück"

Mit heftiger Kritik reagierte hingegen die Immobilienbranche auf die anstehende Gesetzesänderung. Sie warnt vor "weitreichenden negativen Konsequenzen" für alle Beteiligten. "Da haben die Regierungsparteien den zukünftigen Mieterinnen und Mietern gar kein schönes Weihnachtsgeschenk gemacht“, ist sich Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), sicher.

Der Fachverbandsobmann-Stellvertreter Michael Pisecky rechnet mit "unangenehmen und unerwarteten Veränderungen" am Immobilienmarkt. Das Bestellerprinzip werde den Markt verändern, "aber leider nicht zum Positiven", so Pisecky.

Deutschland als Vorbild

Für die Maklerprovision-Reform hat sich die Regierung Deutschland als Vorbild genommen. Dort wurde das Bestellerprinzip bereits vor sieben Jahren eingeführt. Laut Gollenz sehe man aber gerade in Deutschland, dass sich der Markt durch das Bestellerprinzip zum Schlechteren entwickelt habe. "Er wird unübersichtlicher, das Angebot geringer und Wohnen wird durch das Bestellerprinzip für Mieter auch nicht billiger", so der Branchenvertreter. In anderen Worten: "In Deutschland ersparen sich die Mieterinnen und Mieter zwar die Provision, finden aber immer schwerer Wohnungen", so die Kritik der Vertreter der Immobilienbranche.

Kritik auch von SPÖ und FPÖ

Die SPÖ bezeichnete die Reform am Montag in einer Aussendung als "Mogelpackung" und einen "grünen Umfaller ersten Ranges". Aus einem durchgesickerten Gesetzesentwurf gehe hervor, "dass den im Erstentwurf enthaltenen Umgehungsmöglichkeiten […] in keiner Weise die Giftzähne gezogen wurden", so SPÖ-Wohnbausprecherin Ruth Becher.

Die von der Regierung angegebene Ersparnis für Mieterinnen und Mieter von 55 Mio. Euro pro Jahr wird es nach Ansicht von Becher folglich nicht geben. Zur Position der SPÖ hält Becher fest: "Einem Bestellerprinzip nach deutschen Vorbild können wir zustimmen, einer türkis-grünen Mogelpackung in der vorliegenden Form nicht."

"Wir erleben einen Höhepunkt wohnpolitischer Verantwortungslosigkeit: Während das Bestellerprinzip gefeiert wird, sieht diese Bundesregierung zu, wie der gemeinnützige Wohnbau an Immobilienspekulanten fällt", kritisierte indes der FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl. "Superreiche erhalten Genossenschaftswohnungen – und die Menschen sparen sich die Maklerprovision? Das ist ein Hohn für alle Betroffenen und an Zynismus kaum zu überbieten", erklärte Schrangl und kündigte Initiativen im Nationalrat an.

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