Schuldnerberatung
"Rechnen mit einem Anstieg von 38 Prozent"

Von den 54.688 Personen, die im Jahr 2020 von einer staatlich anerkannten Schuldenberatung Unterstützung erhalten haben, waren 40 % Frauen. | Foto: Fotolia/Gina Sanders
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  • Von den 54.688 Personen, die im Jahr 2020 von einer staatlich anerkannten Schuldenberatung Unterstützung erhalten haben, waren 40 % Frauen.
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Die Schuldnerberatung schlägt Alarm: Das Coronajahr habe sich maßgeblich ausgewirkt, aktuell sei es "die Ruhe vor dem Sturm." Man rechne mit einem Anstieg von 38 Prozent auf die Schuldenberatungen. Hauptgrund seien gescheitere Selbständigkeit und Arbeitslosigkeit. Und: Knapp ein Viertel der Klienten ist maximal 30 Jahre alt.

ÖSTERREICH. Die Jungen habe die Coronakrise besonders getroffen, denn die Jobsuche ist in der Corona-Krise viel schwieriger geworden, Firmen seien weniger gewillt, neue Anstellungen zu tätigen. Auch sei das Finanzwissen bei den jungen Menschen schlechter, gefordert wird, dies in den Lehrplan aufzunehmen. Michael Lackenberger, Geschäftsführer der Schuldnerberatung Niederösterreich, erlebt die Auswirkungen von Corona in der täglichen Beratung: „Wir bemerken eine Verschiebung bei den Ratsuchenden. Durch Kurzarbeit und Jobverlust kommen nun auch zunehmend Menschen aus der Mitte der Gesellschaft zu uns. Das sind Personen, die sich nie hätten vorstellen können, einmal eine Schuldenberatung zu brauchen. Nun stehen sie vor dem Problem, ihre Leasingrate und die Miete nicht mehr bezahlen zu können."

Michael Lackenberger, Geschäftsführer der Schuldnerberatung Niederösterreich, erlebt die Auswirkungen von Corona in der täglichen Beratung: „Wir bemerken eine Verschiebung bei den Ratsuchenden. Durch Kurzarbeit und Jobverlust kommen nun auch zunehmend Menschen aus der Mitte der Gesellschaft zu uns. Das sind Personen, die sich nie hätten vorstellen können, einmal eine Schuldenberatung zu brauchen. Nun stehen sie vor dem Problem, ihre Leasingrate und die Miete nicht mehr bezahlen zu können."
  • Michael Lackenberger, Geschäftsführer der Schuldnerberatung Niederösterreich, erlebt die Auswirkungen von Corona in der täglichen Beratung: „Wir bemerken eine Verschiebung bei den Ratsuchenden. Durch Kurzarbeit und Jobverlust kommen nun auch zunehmend Menschen aus der Mitte der Gesellschaft zu uns. Das sind Personen, die sich nie hätten vorstellen können, einmal eine Schuldenberatung zu brauchen. Nun stehen sie vor dem Problem, ihre Leasingrate und die Miete nicht mehr bezahlen zu können."
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Jede Dritte lebt von weniger als 1.000 Euro

„Beinahe jede dritte Person, die eine Schuldenberatung aufsucht, hat monatlich höchstens 1.000 Euro zur Verfügung", sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in Österreich. „Ein Viertel unserer Klienten ist 30 Jahre oder jünger. Diese Gruppe ist besonders oft von Arbeitslosigkeit betroffen, 43 Prozent von ihnen waren 2020 arbeitslos." Die Personengruppe der jüngeren Klienten ist auch schlechter ausgebildet als die durchschnittliche Klientel. „Es wird dadurch klar ersichtlich, dass erwerbsarbeitslose und schlecht ausgebildete Menschen das größte Risiko haben, in Überschuldung und Armut zu geraten", fasst Clemens Mitterlehner zusammen.

„Beinahe jede dritte Person, die eine Schuldenberatung aufsucht, hat monatlich höchstens 1.000 Euro zur Verfügung", sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in Österreich.
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Arbeitslosigkeit

Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit lassen auch bisher gut ausbalancierte Haushaltsbudgets kippen. Genau jene Personengruppen, die von der Corona-Krise am stärksten betroffen sind, waren auch bisher überdurchschnittlich oft Klienten der Schuldenberatungen. Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensreduktion ist mit 33 % der mit Abstand häufigste Überschuldungsgrund. 38 % der Klienten sind arbeitslos. Diese Werte sind im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensreduktion ist mit 33 % der mit Abstand häufigste Überschuldungsgrund. 38 % der Klienten sind arbeitslos. Diese Werte sind im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. | Foto: Schuldnerberatung
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Selbständigkeit

Schulden aus ehemaliger Selbstständigkeit sind seit Jahren der am zweithäufigsten genannte Überschuldungsgrund bei Klienten der Schuldenberatungen. Gescheiterte Selbstständige stellen aufgrund ihrer hohen Schulden eine spezielle Gruppe dar. 

  • 29 % gründeten das Unternehmen aus einer Arbeitslosigkeit heraus. Dieser Wert ist seit 2008
  • konstant hoch.
  • Für 11 % war der „Ausweg aus der Arbeitslosigkeit“ sogar das Hauptmotiv der Unternehmensgründung.
  • Mittlerweile geben auch 41 % der Befragten an, dass sie nach Beendigung ihrer unternehmerischen Tätigkeit erneut arbeitslos sind. Dieser Wert ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen.
  • Bei den Befragten ist der Anteil der Personen über 50 Jahre deutlich angestiegen und lag zuletzt bei 47 %. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass ältere Arbeitnehmer zunehmend Schwierigkeiten bei der Jobsuche haben und deshalb den Sprung in die
  • Selbstständigkeit wagen.

Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverschlechterung ist bei beiden Geschlechtern der am häufigsten genannte Grund für Überschuldung (bei Frauen 34 %). Bei der Reihung der weiteren Überschuldungsgründe werden die Unterschiede deutlich: An zweiter Stelle steht mit 20 % bei Frauen der Umgang mit Geld, gefolgt von Scheidung/Trennung mit 17 % und gescheiterter Selbstständigkeit mit 15 %. Bei Männern liegt hingegen gescheiterte Selbstständigkeit am zweiten und Umgang mit Geld am dritten Platz der häufigsten Überschuldungsgründe. | Foto: Schuldnerberatung
  • Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverschlechterung ist bei beiden Geschlechtern der am häufigsten genannte Grund für Überschuldung (bei Frauen 34 %). Bei der Reihung der weiteren Überschuldungsgründe werden die Unterschiede deutlich: An zweiter Stelle steht mit 20 % bei Frauen der Umgang mit Geld, gefolgt von Scheidung/Trennung mit 17 % und gescheiterter Selbstständigkeit mit 15 %. Bei Männern liegt hingegen gescheiterte Selbstständigkeit am zweiten und Umgang mit Geld am dritten Platz der häufigsten Überschuldungsgründe.
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Überschuldung von Frauen

Von den 54.688 Personen, die im Jahr 2020 von einer staatlich anerkannten Schuldenberatung Unterstützung erhalten haben, waren 40 % Frauen. Die Klientinnen hatten bei der Erstberatung durchschnittlich rund 48.000 Euro Schulden (Männer: 68.000 Euro; gesamt: 60.000 Euro). Von den 7.296 im Jahr 2020 in Österreich eröffneten Privatkonkursen entfielen 38 % auf Frauen. Auffallend ist, dass sich weniger Frauen als Männer aufgrund von gescheiterter Selbstständigkeit überschulden.

  • Mehr als viermal so viele Frauen wie Männer haben hingegen Bürgschaften unterschrieben, mit denen sie oft für gescheiterte Unternehmen mithaften. Dies zeigt die Notwendigkeit, dass der Gesetzgeber nicht zwischen Schulden aus gescheiterter Selbstständigkeit und anderen Schulden unterscheidet.
  • Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverschlechterung ist bei beiden Geschlechtern der am häufigsten genannte Grund für Überschuldung (bei Frauen 34 %).
  • Bei der Reihung der weiteren Überschuldungsgründe werden die Unterschiede deutlich: An zweiter Stelle steht mit 20 % bei Frauen der Umgang mit Geld, gefolgt von Scheidung/Trennung mit 17 % und gescheiterter Selbstständigkeit mit 15 %.
  • Bei Männern liegt hingegen gescheiterte Selbstständigkeit am zweiten und Umgang mit Geld am dritten Platz der häufigsten Überschuldungsgründe.


Schuldenfalle Bürgschaften

Bürgschaften/Mithaftungen werden von Frauen mit gut 9 % deutlich häufiger als Grund für Überschuldung genannt wie von Männern. Zur Absicherung von Krediten des Mannes/Lebensgefährten fungiert oft die Partnerin als Bürgin. Übernommene Bürgschaften bleiben aber auch über ein mögliches Beziehungsende hinaus bestehen. Nicht selten liegt ein Missverhältnis
zwischen übernommener Haftung und finanzieller Leistungsfähigkeit vor.

Klientinnen der Schuldenberatungen

Arbeit: 35 % der erstberatenen Frauen in den Schuldenberatungen sind arbeitslos (40 % Männer), 36 % sind erwerbstätig (43 % Männer) und 29 % Hausfrauen, Studierende o.ä. (17 % Männer in vergleichbarer Position).
Einkommen: Frauen haben häufiger nicht mehr als das Existenzminimum von 966 Euro zur Verfügung (Frauen 31 %, Männer 23 %).
Ausbildung: Frauen haben häufiger nur eine Pflichtschule als höchste abgeschlossene Ausbildung
(Frauen 46 %, Männer 39 %).

Erhebung einer Überschuldungsquote  gefordert

Wie viele überschuldete Menschen es in der Gesamtbevölkerung gibt, wird seit 2008 in Österreich nicht mehr erhoben. Genau diese Zahl zu kennen wäre aber wichtig, um mit sozial- und rechtspolitischen Maßnahmen rechtzeitig und richtig reagieren zu können. „In aktuellen Gesetzesnovellen und im Regierungsprogramm ist von der Evaluierung des Insolvenzrechts die Rede. Gleichzeitig haben wir aber kein brauchbares Datenmaterial, um so eine Evaluierung sinnvoll durchzuführen. Das heißt, der Gesetzgeber ist im Blindflug und mit Bauchgefühl unterwegs", führt Clemens Mitterlehner aus. Mit der Erhebung einer Überschuldungsquote könnte eine gute Basis für faktenbasierte Entscheidungen geschaffen werden.

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Quellen: Schuldnerberatung

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