Alltagsschwächen & strukturiertes Vorgehen
So ticken Österreichs Einbrecher

- Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) hat inhaftierte Einbrecher in sieben österreichischen Justizanstalten befragt. Sie sollten als „Experten“ helfen, Maßnahmen gegen Einbruchsdiebstähle zu finden. (Symbolbild)
- Foto: Marco2811/Fotolia
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Für ihre Täterstudie befragten das KFV und das IKF in sieben Justizanstalten inhaftierte Einbrecher. Auf Basis der Erkenntnisse konnten zielgenaue Präventionstipps entwickelt werden, die am Dienstag präsentiert wurden.
ÖSTERREICH. Im Vorjahr wurden in Österreich mehr als 64.000 Einbrüche gemeldet, rund 7.000 davon in Wohnräumen. Durchschnittlich werden pro Tag also 176 Einbrüche verübt, 19 davon in Wohnräumen. „Einbrecher suchen in der Regel keine bestimmten Personen als Opfer aus – sie suchen nach Schwachstellen und Gelegenheiten. Wer sein Zuhause gut sichert, hat daher auch gute Chancen, dass er erst gar nicht ins Visier gerät“, betont KFV-Chefjurist Dr. Armin Kaltenegger.
35 Interviews mit Einbrechern
Um sich in die Denkweise der Täter hineinzuversetzen, führte das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KVF) gemeinsam mit dem Institut für Konfliktforschung (IKF) eine Täterstudie durch. Dafür wurden von November 2024 bis Jänner 2025 in sieben österreichischen Justizanstalten insgesamt 35 Einbrecherinnen und Einbrecher interviewt. Ergänzend dazu wurden Gerichtsakten analysiert und Kriminalisten befragt.
Dr. Günter Stummvoll, Kriminalsoziologe und Projektleiter am Institut für Konfliktforschung erklärt: „Zu den zahlreichen Herausforderungen einer solchen Mission gehört es, einerseits Zugang zu den Tätern zu bekommen und andererseits muss man diese auch dazu bringen, möglichst viele Details von ihren Strategien und Taten zu erzählen.“ Alle befragten Straftäter haben freiwillig teilgenommen und sämtliche Fälle wurden anonymisiert. „Um tiefere Einblicke in die Denkweise der Täter zu erhalten, wurde bewusst auf standardisierte Fragen verzichtet und individuelle Gespräche geführt“, so Dr. Stummvoll weiter.
Drei Tätergruppen
Drei Tätergruppen kristallisierten sich bei den Befragungen heraus: Professionelle Täter, Gelegenheitstäter, die sich in finanzieller Notlage befinden, und Milieutäter. Jedoch eint die Gruppen ein wesentlicher Punkt: Die meisten bevorzugen Gebäude mit geringem mechanischem Widerstand. Prachtvolle Häuser und Neubauten seien oft auch besser geschützt, weshalb Tätern Altbauhäuser mit veralteten Schließsystemen, doppelflügeligen Türen und ungesicherten Fenstern besonders attraktiv erscheinen.

- Um Schlösser zu knacken nutzen die Einbrecher und Einbrecherinnen YouTube Tutorials.
- Foto: Pixabay
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So verlaufen die Einbrüche
Aktiv werden die Einbrecher überwiegend am Vormittag, wenn viele Wohnungen leer stehen. Das prüfen sie oft durch einfaches Klingeln oder Klopfen. Klassische Markierungssysteme wie die sogenannten Gaunerzinken spielen heute kaum noch eine Rolle, stattdessen werden Informationen über geeignete Objekte mittlerweile digital – etwa über Smartphones – innerhalb der Tätergruppen geteilt.
Zu den Taktiken gehören unter anderem die Beobachtung der Zielobjekte über Tage hinweg, das Testen von Alarmanlagen durch Fake-Versuche und auch die Spurvermeidung mit Frischhaltefolie oder Reinigungssprays. Zum Schlösserknacken schauen sie sich YouTube-Tutorials an. Die bevorzugte Beute sind Bargeld, Schmuck und kleine Elektronikgeräte, also Dinge, die sich leicht transportieren und schnell weiterverkaufen lassen. Wertvolle Objekte werden hingegen oft zurückgelassen, wenn sie schwer verwertbar sind oder ein zu hohes Entdeckungsrisiko bergen.
Das sind die Lektionen
Aus den Interviews leitete das KFV folgende Lektionen ab: Fenster und Türen sollten beim Verlassen der Wohnung immer geschlossen, Türen zudem doppelt versperrt werden. Kellerabteile sollten versperrt und blickdicht gehalten werden. Zudem nutzen Einbrecher oft Alltagsschwächen aus, weshalb man Kellerabteile blickdicht und versperrt halten und Werkzeuge und Leitern nie im Freien stehen lassen sollte. Sozialer Zusammenhalt wirkt abschreckend, auffällige Personen sollte man direkt ansprechen.

- Eine der Lektionen: Die Haustür immer zweimal absperren – auch bei kurzen Besorgungen.
- Foto: Sephelonor/Pixabay
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Manche Täter betreten auch bewohnte Häuser. Daher sollte man nicht unbedacht Türen öffnen und Alarmanlagen aktivieren, wenn man zu Hause ist. Wenn ein Einbrecher im Haus oder der Wohnung ist, empfehlen die Experten, sie nicht zu attackieren. Einbrecher würden nur selten gewalttätig werden, außer sie fühlen sich bedroht. Auch bei Insiderwissen und Gewohnheiten ist Vorsicht geboten: Über längere Abwesenheiten sollte man nur Vertraute informieren und Schlüssel nicht in einem Blumentopf oder ähnlichem verstecken.
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