Corona-Virus in Österreich

Tagebuch einer Corona-Infizierten: "Habe mich bei Zusteller an Haustüre infiziert"

Das Corona-Virus verbreitet sich rasant, die Pandemie schränkt uns in allen Bereichen ein, ständig werden Auswirkungen und Konsequenzen in Wirtschaft, Bildung und sozialen Bereichen diskutiert, doch nur wenig Einsicht gibt es dazu, wie eine Infektion mit dem Corona-Virus tatsächlich verlaufen  kann. Die 50-jährige Wienerin Claudia Jahns (Blutgruppe 0) hat ihre Infektion öffentlich gemacht und berichtet täglich über ihren Gesundheitszustand.

ÖSTERREICH. Claudia Jahns ist mit ihrem "Verschönerungsverein" eigentlich ausgebucht. Ihre Stammkunden lieben sie. Im Corona-Lockdown arbeitete die selbständige Friseurmeisterin gar nicht, danach unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen, Maskenpflicht, Abstand und Desinfektion sowie ständiges gutes Lüften. Dennoch hat das Corona-Virus sie nun erwischt. Via Facebook teilt sie ihre Gefühle und ihren Gesundheitszustand. Ein Corona-Tagebuch.

Tagebucheintrag vom 9. Oktober

"Liebe Leute", beginnt Claudia ihr Corona-Tagebuch:

"Mein Covid-19 Testergebnis ist leider positiv, ich bin bereits seit Mittwoch in der empfohlenen Absonderung und hatte auch nur einen Kontakt zwischen Ansteckung und Contact-Tracing. Die Kundin wurde negativ getestet."

"Coronavirus hat an der Tür geklingelt"

Angesteckt hat sich Frau Jahns bei einem Zusteller: Hier erzählt sie die Geschichte der Corona-Infektion:

"Der Zusteller, der mich angesteckt hat, trug keine Maske. Ich aber schon. Ich habe die Ware entgegengenommen, abgewischt und meine Hände gewaschen, aber Trinkgeld gegeben und den Empfang unterschrieben... das dürfte gereicht haben um mich anzustecken.!"

Tagebucheintrag vom 11. Oktober

"Kopfweh, sehr sehr müde, kein Geschmack, Wasser immer noch süß, rieche nichts, es ist Tag 5, hab aber nicht das Gefühl, dass es besser ist als gestern, aber kein Fieber. 37,2... mir ist weder heiß, noch kalt... Medikation ist mehr wie hilft 's nicht, schadet 's nicht...Konzentration ist immer noch schwer. Will das Fenster öffnen, schau aber in den Eiskasten wo mich arger Ekel überkommt. Ich will echt nichts zum Essen... ich... das ist schwer zu fassen, selbst wenn ich es live erlebe, steh ich voll neben mir, arg.."

Tagebucheintrag vom 12. Oktober

"Also... 36,8 Temperatur...der Hals ist definitiv besser, nach wie vor rieche und schmecke ich Null, kann mich nicht konzentrieren, also auch wenn ich ins Bad will, steh ich plötzlich in der Küche und denk nach, was ich wollte... mir graust vorm Essen und die Kopfschmerzen gehen nicht weg. Habe 3 verschiedene Schmerzstiller versucht, nix wirkt. es wird aber besser, wenn ich mein Flugnackenpolsterl verwende. Atmen kann ich gut, aber machen kann ich nix. Habe heute die Couch Überzüge getauscht und es war ein 4 stunden Projekt. Wenn ich schlafe, bin ich ausgeknipst. Ich höre kein Telefon, muss nicht Pipi und wenn ich wach werde, muss ich mich orientieren..."

Tagebucheintrag vom 15. Oktober

"Noch immer kein Geruchssinn und kein Geschmackssinn: Claudia Jahns hat hohes Fieber.
38,9 fieber.
mir ist kalt, ich schlafe wieder mehr, keine kopfschmerzen (das ist so super) kein geruch- und geschmackssinn (das is so NICHT super)
konzentration immer noch beeinträchtigt (teste das immer wieder mit dem kreuzworträtsel ), aber ich bin nicht mehr so verwirrt... aber auch nicht multitasking fähig zur zeit.
atmen im ruhezustand nach wie vor ok, vielleicht ein wenig besser bei anstrengung...
vor essen graust mir auch nach wie vor.
weil mir mehrere leute geschrieben haben, dass ich so elend und schmal aussehe und mir ja so vorm essen ekelt, hab ich mal ein 18 euro probepaket "essen" bestellt. ich kann euch leider nicht sagen wie es schmeckt, aber es ist glaube ich im moment für mich eine gute lösung. trinken geht nämlich gut."

Abends: "Müde, müde, müde ohne Ende. Heute habe ich 18 stunden geschlafen", schreibt Claudia Jahns:

"38,5 temperatur,
96 sauerstoffsättigung 💪
müde, müde, müde ohne ende. heute habe ich 18 stunden geschlafen.
alles andere ist wie es am morgen war, ich war heute auch gar nicht produktiv.
eine mahlzeit habe ich getrunken und ein bisschen miss fisher's geschaut, aber das flimmern nervt, somit ist es mehr ein fernhören 🤔😀
mit den diversesten duftlichtern warte ich auf meine sinne 🙄
schönen abend noch und eine gute nacht 🌺"

Tagebucheintrag vom 16 Oktober

"Heute ist es eine woche seit dem testergebnis...
38,2 temperatur
ich bin sehr oft aufgewacht heute nacht und bin aufgewühlt, ohne ersichtlichen grund. ich bin immer wieder gut eingeschlafen, aber ich hatte ständig das gefühl des fallens beim einschlafen, so ein zucken. ich konnte aber trotzdem immer wieder gut schlafen.
verwirrt bin ich weniger, aber den fokus zu halten geht echt grade sehr schwer. ich brauche für alles ewig. fast als wäre ich auf "slow motion" geschaltet..
das und weder zu riechen oder zu schmecken zu können, sind die gruseligen symptome.
fieber kennt man, aber dieser essensekel und dieses gefühl nicht herr seiner sinne zu sein, sind sehr unangenehme erfahrungen und diese müdigkeit, die einen richtiggehend das licht ausknippst, ist ebenso äußerst unangenehm. ich würde mich nicht trauen auto zu fahren. bis auf das, dass die orientierungslosigkeit und die hals- und kopfschmerzen weg sind, empfinde ich leider heute keine verbesserung...
aber geduld war ja noch nie meine stärke...
ich wünsche euch allen erstmal einen schönen freitag und geh wieder ins bett 🌼"

Tagebucheintrag vom 18. Oktober

"37, 4 temperatur. ist das schon normal, oder noch fieber?
der körperliche zustand wird besser, schon noch sehr müde, aber anders, nicht mehr so, als würde ich gleich bewusstlos werden... die sinne fehlen mir noch zur gänze und das denken fällt mir sehr schwer... man merkt schon, dass covid-19 eine erkrankung der atemwege ist, weil die atmung ist definitiv auch betroffen, aber schön langsam glaube ich meinem arzt, der ja immer von einem leichten verlauf sprach... ich möchte gar nicht wissen, wie ein schwerer gewesen wäre, denn soooo gut geht's mir auch (immer noch) nicht...
erinnert ihr euch an die familie aus meinem kundenkreis, wo sich alle im urlaub angesteckt haben? der vater war ende juli/anfang august symptomlos und liegt seit gestern im spital mit einer gefäßentzündung... man kann nicht ausschließen das es sich nicht um eine spätfolge handelt... na bravo, das virus lehrt uns grad so einiges...
das mir immer unglaubliche dinge widerfahren, habe ich heute wieder mal gesehen...
um halb vier nachmittags hat es so an die tür geklopft, dass ich dachte, ich habe eine quarantäne kontrolle... maske auf, türe auf und draußen stand ein katzenbaby, mit vollausstattung und begleitschreiben...
er heiße cookie und wenn ich mich freue, werde ich schneller gesund.
geistig und emotional hat mich das gerade total überfordert.
ich finde ihn herzallerliebst, er ist nicht ängstlich und geht mir auf schritt und tritt nach..
frisst, ist stubenrein und schnurrt außer wenn er schläft.ich freue mich.
ich melde mich deswegen heute so spät, weil ich nach der aufregung, während ich diese nachricht zu tippen begann, mit dem telefon in der hand eingeschlafen bin...
wenn ich eines sagen kann von meinem leben, dann:"die einzige konstante, ist die veränderung."
gute nacht ihr lieben ❤️"

Tagebucheintrag vom 21. Oktober

Tagebucheintrag: "Guten Morgen,
ICH HABE KEIN FIEBER MEHR ❤️
die körperlichen Symptome verschwinden... die schwäche auch, wenn ich wach bin... dennoch übermannt mich noch diese Müdigkeit... mein Hausarzt hat aber gesagt, dass ich mich mit 50 wirklich gut halte und alles gut verläuft... er hat a Freud mit mir 😊
ich fühle mich auch klarer im kopf...ob das stimmt, wird sich im laufe des Tages zeigen...
noch kein Geruchsinn und Geschmacksinn... was nervt... aber ich glaube, dass es gut ist, mich zum essen zu überwinden...
es gibt wirklich lustige Konzistenzen 😊
haltet mir die Daumen, dass heute mein corona "Knackpunkt" erreicht ist."

Wie geht's Claudia heute?

"Körperlich bin ich wesentlich kräftiger, es ist der 4.Tag ohne Fieber und ich hab mich zum Essen gezwungen... heute aber ein kleiner Rückschritt, weil ich wieder kurzatmiger bin", erzählt sie RMA- Redakteurin Anna Richter-Trummer. Fit fühlt sie sich noch lange nicht, aber meint auf die Frage, ob sie über den Berg sei, nur sarkastisch: "Sterben muss ich nicht" Ab wann darfst Claudia  wieder arbeiten?  "Der 23. Oktober war der letzte Tag der offiziellen Quarantäne, aber ich könnte morgen noch nicht arbeiten. Ich wäre viel zu schnell erschöpft. Ich darf aber ab morgen wieder raus, weil ich niemanden mehr anstecken kann."

Kein Verständnis für Maskenmuffel

Was rät sie allen Österreicher in Zeiten der Corona-Pandemie? "Für Corona-Leugner und Maskenmuffel habe ich kein Verständnis. Ich verstehe diese unnötigen Kritiken nicht. Anstatt froh zu sein, dass man nicht soviele Todesopfer zu beklagen hat, ist es die Ausrede der "Rebellen" sich ihrer Ignoranz hinzugeben. Dass genau diese Menschen diese Maßnahmenverschärfungen mit verantworten zu haben, ist denen nicht mal bewußt. Maskenmuffel, wegen Parties und dergleichen den Anstieg hinzunehmen ist einfach nur asozial. Die Klug**** können wahrscheinlich nicht mal einen Kindergarten-Geburtstag organisieren, aber wissen es für den Staat besser. Youtube ist keine Uni". schleudert sie allen Leugnern entgegen.

"Werde Plasma spenden"

Und weiter: "Ich werde es weiter ernst nehmen und gehe hundertprozentig Plasma spenden, um dieser unnötigen Erfahrung einen Sinn zu geben." Heut geht es Claudia Jahns Gottseidank weiterhin gut. Sie hat die Corona-Infektion hinter sich, aber sie warnt. "Mir ging es echt schlecht. Ich hatte Glück, dass ich nicht ins Spital musste und dass ich heute noch lebe. Bitte, unterschätzt das Corona.Virus nicht und passt auf euch auf."  Claudia Jahns engagiert sich auch im sozialen Bereich. Sie leistet Entwicklungshilfe in Sri Lanka und versorgt Kinder mit Nahrungspaketen und Ausbildungsmöglichkeiten. Weitere Infos dazu gibt's hier.