Gewessler fordert mehr Tempo
Ausstieg aus russischem Gas schleppend
Die österreichischen Gasspeicher sind nach der letzten Heizsaison bereits jetzt wieder zu 80 Prozent befüllt. Für den kommenden Winter sei man dementsprechend gerüstet, versicherte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Montag. Handlungsbedarf sieht die Ministerin allerdings beim Ausstieg aus russischem Gas. Denn noch immer bezieht Österreich rund 60 Prozent seines Gases aus Russland.
ÖSTERREICH. Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine vor über einem Jahr versucht die österreichische Bundesregierung aus dem billigen russischen Gas auszusteigen. Doch das geht nur äußerst schleppend voran. 60 Prozent des importierten Gases kommen derzeit noch immer aus Russland – im April waren es 64 Prozent, im Jänner sogar noch 81 Prozent. Der Rest fließt beispielsweise über Deutschland und Italien nach Österreich, erklärte Carola Millgramm von der Regulierungsbehörde E-Control im Ö1-"Morgenjournal". Von wo diese Länder ihr Gas beziehen, werde nicht kontrolliert. Es könne aber sein, dass auch dieses Gas aus Russland kommt, so Millgramm.
Gewessler fordert "letzten Schritt"
Die Energieversorger müssen weiter daran arbeiten, sich von Russland unabhängig zu machen, so Gewessler nach einem Treffen mit heimischen Energieunternehmen am Montagvormittag. "Es geht darum, den letzten Schritt zu machen", erklärte die Ministerin. Sie sehe zwar Fortschritte auf dem Weg zum Ausstieg, man sei bei den Maßnahmen allerdings "noch nicht weit genug und nicht schnell genug".
Auf der positiven Seite verbuchte Gewessler, dass einige Unternehmen ein großes Interesse an der europäischen Gas-Einkaufsplattform kommuniziert hätten. Über die Plattform seien bereits 13 Terawattstunden Gas zum Bezug angemeldet worden. Das entspreche mehr als 10 Prozent der jährlichen Versorgung.
Lieferstopp könnte Preise wieder steigen lassen
Nach den massiven Preissprüngen der vergangenen Monate haben sich die Gaskosten im Großhandel zuletzt wieder deutlich erholt. Der ehemalige E-Control-Chef Walter Boltz warnte jedoch vor einer "falschen Sicherheit". Denn ein plötzlicher Lieferstopp könne rasch zu einer erneuten Mangellage mit Preissteigerungen führen.
Die Stromversorgung sieht der Energieexperte indes gesichert. Weitere Investitionen ins Stromnetz seien dennoch notwendig, um für eine etwaige Verknappung oder einen Ausfall von Lieferungen aus dem Ausland vorbereitet zu sein.
Fehlende Weitsicht
Die Industriellenvereinigung (IV) appellierte in einer Reaktion an die Regierung, weitere Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung zu treffen. Aus Sicht des Fachverbands Gas Wärme (FGW) ist ein Ausbau der Gasinfrastruktur gefragt, vor allem aus Richtung Deutschland und Slowenien.
Kritik an Gewessler kam vom Energieanalysten Johannes Benigni. Er vermisst Weitblick bei der Energieversorgung. "Im Fall eines Ausfalles russischer Gaslieferungen fehlt für die Bereitstellung von Alternativen der Plan, die Finanzierung und vor allem der Wille", so Bengini via Aussendung.
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