Serie von Femiziden
Darum werden immer mehr Frauen Opfer von Morden

Da waren es "erst" neun Opfer. Immer mehr weibliche Opfer im heurigen Jahr. | Foto: RMA
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Die Gewalttaten gegen Frauen in Österreich häufen sich. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht eine Meldung über einen Mord an einer Frau durch die Medien geht – der jüngste Fall ereignete sich am Mittwoch in der Früh in Wien. Motivforscherin Sophie Karmasin über mögliche Motivationen der vermehrten Verbrechen. Plus: Die wichtigsten Hilfsstellen und Projekte für Frauen, die sich bedroht fühlen oder vorbeugen wollen.

ÖSTERREICH. In Wien-Simmering ist heute früh eine 36-jährige Frau tot aufgefunden worden, mit schweren Verletzungen im Halsbereich. Ihr 44-jähriger Ehemann ist laut Polizei als Tatverdächtiger vorläufig festgenommen worden – mehr zum jüngsten Mord.

Die Corona-Pandemie mit Isolation und Leben teils auf engem Raum mit Angehörigen ist für viele Menschen eine schwere Belastungsprobe, die bei manchen in eine tiefsitzenden Frustration mündet. Doch daraus kann leicht Aggression entstehen. Beziehungen werden auf eine harte Probe gestellt.

Lockdown als Motor für Gewalt

Motivforscherin Sophie Karmasin vom Institut Karmasin Research&identity gegenüber den Regionalmedien Austria (RMA): "Der Nährboden für Gewalt an Frauen sind traditionelle Männerbilder, in denen Gewalt und Abwertung dazugehören, leider aber auch von Frauen zu oft entschuldigt und akzeptiert werden. Aktuell sind die psychischen Belastungssituationen und das Zusammenleben auf engem Raum während der Corona Zeit wahrscheinlich Ursachen für steigende Gewalt an Frauen. Die langen Lockdowns bieten zusätzlich wenig Möglichkeit, Stress und Frustration abzubauen, was man normalerweise bei Sport, am Stammtisch, Veranstaltungen tun würde."

Konkrete Forderungen der Landesräte

Landesräte mehrerer Bundesländer wandten sich in einem Offenen Brief an die zuständigen Minister der Bundesregierung, um die Prävention und den Schutz von Frauen vor häuslicher Gewalt auszubauen. Neben einem regelmäßigen strukturell verankerter Austausch zwischen den Bundesländern und der Bundesregierung im Rahmen eines neu einzurichtenden Gewaltschutz-Dialogs soll gemeinsam mit Experten ein Schwerpunkt in die präventive Arbeit mit Schülern und Jugendlichen, besonders mit Burschen, gesetzt werden.

Auch Männer und Beschäftigte im Gesundheitsbereich sowie im Rahmen von opferschutzorientierter Täterarbeit sollen mit einbezogen werden. Die von der Regierung angekündigten Fallkonferenzen sollen in jedem Bundesland stattfinden, unter Einbeziehung von Vertretern von Frauenhäusern, Gewaltschutzzentren, Polizei und Justiz, um eine rasche, laufende Aufarbeitung von Vorfällen sowie bestmöglichen Schutz für und Begleitung von Gewaltopfern zu ermöglichen. Auch eine Erweiterung der finanziellen Mittel des Bundes, wie von der Bundesregierung bereits zugesagt, wurde explizit gefordert. 

"Neudefinition von männlichen Rollenbildern"

Auch Karmasin fordert einen schnelleren und effizienteren Austausch zu aktuellen und potentiellen Gewaltfällen. Und zwar "mit allen beteiligten Stellen und Einrichten ist das Gebot der Stunde, aber nur ein Anfang. Langfristig und präventiv muss viel mehr in die Präventionsarbeit bei Burschen und Mädchen, LehrerInnen, ÄrztInnen und Eltern investiert werden. Letztendlich geht es um das Öffnen und Neudefinieren von männlichen Rollenbildern, in denen Abwertung und Gewalt in welcher Form auch immer, keinen Platz hat", so die ehemalige Familienministerin.

Ein Überblick über die wichtigsten Hilfe-Stellen für Frauen:

Wichtige Kontakte für Opfer von Gewalt 

  • Frauen, die Gewalt ausgesetzt sind, finden Hilfe bei der Frauenhelpline: 0800/222 555 (kostenlos und rund um die Uhr)
, www.frauenhelpline.at
  • Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF): www.aoef.at
  • Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie: www.interventionsstelle-wien.at
  • Betroffene von Gewalttaten und Verbrechen können sich an die Opferschutzorganisation Weißer Ring wenden unter der Tel.: 0800/112-112, www.opfernotruf.at
  • Polizeinotruf unter 133 oder 112. Gehörlose und Hörbehinderte können per SMS an 0800/133 133 Hilfe rufen. 
  • gewalthilfe.at

Bei einem Gewaltschutzgipfel, der nach dem elften Femizid mit Vertretern von Opferschutzeinrichtungen im Bundeskanzleramt stattfand, kündigte Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) die "größte Gewaltschutzoffensive der Republik" mit 24,6 Millionen Euro Investition an. 

Die Sicherheitsexperten rund um die Sicherheitsfachakademie, Martin Hollunder-Hollunder und Rudolf Novotny, bereiten seit vielen Jahren Menschen auf schwierige Situationen vor. Während Hollunder-Hollunder als früherer Cheftrainer der Polizei tausende Polizisten ausbildete, vermittelte Novotny, Sicherheitsdiensten das Rüstzeug für ihre Einsätze. Beide kennen die Herausforderungen bei drohender Gewalt.

#Femizid: Es passiert derzeit zu viel

"Wir wissen, dass es nicht einfach ist, große Maßnahmen schnell umzusetzen. Dennoch gehen Gewalttaten uns alle an und wir müssen schnell handeln", sagt Hollunder-Hollunder. Deshalb startet die Sicherheitsfachakademie das Pilotprojekt gewalthilfe.at, das in regelmäßigen Abständen, gefährdeten Frauen, kostenlose Kurzseminare und Beratungen anbietet.

Viele Frauen müssen keine Opfer sein

Novotny, seines Zeichens Sicherheits- und Mentaltrainer, sieht die Chance in der rechtzeitigen Vorbereitung von potentiellen Opfern. Man kann die Wahrnehmung, Verhaltensweisen und die innere und äußere Haltung beeinflussen und dem Angreifer signalisieren, dass man kein Opfer ist. Viele Übergriffe könnten mit klaren Signalen verhindert werden. Angeboten werden kostenlose Kurzseminare zu den Themen Gesetze, richtiges Verhalten, Selbstschutz, Kontakt mit der Polizei und Beratung von betroffenen Frauen.

Mehr Infos: gewalthilfe.at

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