"Refugee-Card"
Debatte über Bezahlkarte für Asylsuchende
Die ÖVP möchte ein Kartensystem für Asylwerber einführen. Laut der Volkspartei soll die Maßnahme die Migration nach Österreich verringern und zudem verhindern, dass Flüchtlinge Geld ins Ausland an ihre Familie oder Freunde überweisen können. Asylexperten und Hilfsorganisationen lehnen eine "Refugee-Card" jedoch ab. Sie orten darin eine Scheindebatte und bezweifeln etwaige positive Effekte.
ÖSTERREICH. Geht es nach der Volkspartei erhalten Menschen, die sich in einem Asylverfahren befinden, künftig kein Bargeld mehr vom Staat. Stattdessen soll über eine Bezahlkarte gänzlich auf Sachleistungen umgestellt werden. Die ÖVP argumentiert den Vorstoß mit geringeren Migrations-Anreizen nach Österreich und weniger Geldabflüssen ins Ausland. Migrationsforscher und Asylexperten bezweifeln hingegen einen solchen Effekt. Das bestätigt sich etwa in Frankreich, wo bereits seit 2016 auf eine "Refugee-Card" umgestellt wurde. Dort sind die Asylansuchen seither nicht rückläufig, sondern ganz im Gegenteil angestiegen.
ÖVP orientiert sich an Deutschland
Die ÖVP blickt bei ihrem Vorstoß in Richtung Deutschland. Dort wird nun ebenfalls auf die umstrittene Bezahlkarte umgestellt. Alleine die Ankündigung habe dort dazu geführt, "dass ein guter Teil ausgereist ist", beteuerte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker am Mittwochabend in der "ZIB 2". Er sieht in der Umstellung auf ein Kartensystem außerdem eine Vereinfachung in der Administration. Wie sich die Volkspartei das neue System konkret vorstellt? Ein kleiner Anteil von 40 Euro soll weiterhin als Bargeld ausgezahlt werden können, alles darüber hinaus soll über die Karte als Sachleistung bezogen werden, erklärte Stocker.
Asylexperte ortet Scheindebatte
Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordiantion Österreich ortet in dem Vorstoß der Volkspartei eine Scheindebatte. Man diskutiere hier über ein Thema, "wo Lösungen gesucht werden, es aber eigentlich kein Problem gibt", betonte er ebenfalls in der "ZIB 2". Man rede hier "im Endeffekt darüber, ob 20.000 Menschen die 235 Euro im Monat, mit denen sie alles bezahlen müssen, bar, überwiesen oder auf eine Bezahlkarte bekommen."
Die Argumentation, dass ausbezahltes Geld oft zurück in die Heimat geschickt werde, lässt der Asylexperte jedenfalls nicht gelten. Hier fehle die Evidenz, so Gahleitner-Gertz. Darüber hinaus sei Geld wichtig, damit die betroffenen Menschen auch alltägliche Geschäfte tätigen könnten.
Abhängigkeit statt Eigenständigkeit
Letztlich würde die Bezahlkarte auch Extrakosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verursachen, ergänzte der Vertreter der Asyl-NGO. Laut ihm wäre es viel eher notwendig, "die betroffenen Menschen in eine Eigenständigkeit bringen und nicht eine größere Abhängigkeit von Bezahlsystemen, die mehr kosten als sie bringen."
Ähnliches kam zuletzt auch von der Volkshilfe: "Anstatt Menschen mit Bezahlkarten zu schikanieren, sollte die Republik Österreich gerade Schutzsuchende ermächtigen, Teil der Gesellschaft zu werden", hieß es vergangene Woche in einem Statement.
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