Martin Polaschek
Mangel an Lehrern – der Minister sieht´s gelassen

Bildungsminister Martin Polaschek: Der Bedarf an zusätzlichen Lehrkräften ist nicht so stark, wie er dargestellt wird, aber natürlich gibt es regionale Unterschiede und in einzelnen Unterrichtsfächern einen besonderen Bedarf. | Foto: Markus Spitzauer
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  • Bildungsminister Martin Polaschek: Der Bedarf an zusätzlichen Lehrkräften ist nicht so stark, wie er dargestellt wird, aber natürlich gibt es regionale Unterschiede und in einzelnen Unterrichtsfächern einen besonderen Bedarf.
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Corona-Regeln, Lehrermangel, neues Dienstrecht, Schule der Zukunft: Bildungsminister Martin Polaschek gibt den RegionalMedien Austria zum Schulstart Einblick in seine Pläne für die Schule der Zukunft und rechtfertigt die teuren Dienstautos für Ministerinnen und Minister.

ÖSTERREICH. Den Mangel an Lehrkräften sieht Bildungsminister Polaschek "nicht so stark, wie er dargestellt wird". Fehlende Lehrstellen werde man teils mit Personal, das über Teilzeit hinaus arbeitet, teils mit Lehramtsstudentinnen und -studenten im fortgeschrittenen Semester füllen. Bei dem bereits existierenden Modell der Quereinsteiger werden künftig Vordienstzeiten angerechnet, und generell soll das Lehrerbild über eine Kampagne verbessert werden. Zudem habe man die Zahl der Sozialarbeiter an Schulen auf 240 verdoppelt, die Zahl der administrativen Unterstützungskräfte von 400 auf 700 aufgestockt, um das Lehrpersonal zu entlasten. Die Gehälter werde man jedenfalls vorläufig nicht weiter verändern, so Polaschek mit Hinweis auf das erst vor wenigen Jahren angepasste Gehaltsschema. 

RegionalMedien Austria: In Österreich fehlen tausende LehrerInnen, auch in Wien. Bis 2030 geht die Hälfte aller Lehrer in Pension. Sie haben dagegen ein Konzept für QuereinsteigerInnen angekündigt. Wie sieht das aus?
Martin Polaschek: Der Bedarf an zusätzlichen Lehrkräften ist nicht so stark, wie er dargestellt wird, aber natürlich gibt es regionale Unterschiede und in einzelnen Unterrichtsfächern einen besonderen Bedarf. Ich hatte vor Schulstart mit allen Bildungsdirektoren und Bildungsdirektorinnen eine Diskussionsrunde. Im Großen und Ganzen können die Stellen besetzt werden. Zum Teil mit Personen, die über die Teilzeit hinaus arbeiten, zum Teil auch mit Lehramtsstudierenden im fortgeschrittenen Semester. Verschiedene Maßnahmen sollen dem entgegenwirken: Das seit längerer Zeit existierende Modell der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger habe ich auf neue Beine gestellt. Der Nationalrat hat im Sommer eine Dienstrechtsnovelle beschlossen, die es quereinsteigenden Personen in der Sekundarstufe erleichtert, ohne Sondervertrag in den Lehrerberuf zu gehen, mit entsprechender Anrechnung von Vordienstzeiten. Und: Wir arbeiten intensiv an einem modernen Lehrerinnen- und Lehrerbild der Zukunft. Wir wollen zeigen, wie attraktiv dieser Beruf ist. Das geschieht den Unis und den Pädagogischen Hochschulen zusammen, um zu überprüfen, wie weit wir beim Studienangebot Anpassungs- und Änderungsbedarf haben. Es gab eine Evaluierung der Lehramtsstudien und auch eine Evaluierung der Situation der Junglehrerinnen und Junglehrer. Gemeinsam mit den Bildungseinrichtungen für die Lehrkräfte der Zukunft, also den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen, werden wir daran arbeiten, um auch mittel- und langfristig mehr Personen ins Lehramtsstudium zu bekommen und dadurch mehr Output zu kriegen. 

Wäre nicht auch ein besseres Gehalt ein Anreiz?
Nein, ein neues Gehaltsschema mit höheren Einstiegsgehältern wurde ja erst vor einigen Jahren eingeführt. Es zeigt sich, dass weniger das Gehalt das Thema ist, sondern mehr die Arbeitsbedingungen. Nicht zuletzt auch das öffentliche Image, weil wer arbeitet gerne in einem Beruf, wo er ständig aus den Medien erfährt, dass es eigentlich kein guter Beruf ist. 

Viele klagen ja auch darüber, dass sie kaum zum Unterrichten kommen, weil sie so viele Verwaltungsaufgaben machen müssen...
Ich habe im Frühjahr die Bildungsdirektionen und die Standesvertretungen ausdrücklich um Verbesserungsvorschläge gebeten. 

Gibt es da schon Maßnahmen?
Da gibt es auf Länderebene verschiedenen Initiativen. Auf Bundesebene wollen wir mehr Menschen motivieren, in solche Ausbildungen zu gehen. Prinzipiell gibt es an den berufsbildenden höheren Schulen für Elementarpädagogik nicht wenige Absolventinnen und Absolventen. Einige von ihnen gehen in andere Berufe oder hängen ein Studium an. Das heißt, wir hätten durchaus Personen, die entsprechende schulische Qualifikationen haben, aber sich dann für einen anderen Beruf entscheiden. Hier sind die Gemeinden und Länder gefordert. Ergänzend versuchen wir, dort, wo es Sinn macht, und möglich ist, zusätzliche Kollegplätze anzubieten und arbeiten auch hier gerade an einem Modell für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. 

In einigen Bezirken müssen Kindergärten zusperren, auch, weil es einfach zu wenig Pädagoginnen gibt. Was wird dagegen gemacht?
Da gibt es auf Länderebene verschiedenen Initiativen. Auf Bundesebene wollen wir mehr Menschen motivieren, in solche Ausbildungen zu gehen. Prinzipiell gibt es an den berufsbildenden höheren Schulen für Elementarpädagogik nicht wenige Absolventinnen und Absolventen. Einige von ihnen gehen in andere Berufe oder hängen ein Studium an. Das heißt, wir hätten durchaus Personen, die entsprechende schulische Qualifikationen oder schulische Ausbildungen haben, aber sich dann für einen anderen Beruf entscheiden. Hier sind die Gemeinden und Länder gefordert. Ergänzend versuchen wir, dort, wo es Sinn macht, und möglich ist, Kollegplätze anzubieten und arbeiten auch hier gerade an einem Modell für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger.

Themenwechsel. Kritik gab es vor Schulstart, weil infizierte Lehrkräfte und SchülerInnen mit Maske zur Schule gehen dürfen. In einer Klasse sitzen bis zu 30 Menschen auf engem Raum. Kritik gab es auch, dass Infizierte sich in einem Raum zurückziehen sollen, wo sie die Maske herunternehmen können. Manche Schulen verfügen nicht über einen solchen Raum. Wird es da noch Nachbesserungen geben? 
Diese gesundheitspolitische Entscheidung wurde im Gesundheitsressort von den dortigen Expertinnen und Experten erarbeitet. Da wurden natürlich die verschiedenen Vor- und Nachteile intensiv diskutiert. Ich unterstütze diese Verordnung des Gesundheitsministers. Es gibt eigene Pausenräume in denen man die Maske abnehmen kann. Und in der Primarstufe dürfen Covid-infizierte Kinder ohne Symptome ohnehin nicht in die Schule gehen. Die Lehrerinnen und Lehrer sehr wohl, diese haben aber nicht den ganzen Tag durchgehend Unterricht. In Großraumbüros gibt es das Problem genauso wenig. Ich denke, wir haben nun die Möglichkeit, das zu tun, was immer wieder gefordert worden ist, nämlich, dass es keine Sonderregelungen für die Schule gibt, sondern, dass die Schulen in die allgemeinen Regeln eingebettet sind.

Gibt es schon einen Maßnahmenplan für die Maturanten, die nächstes Jahr maturieren?
Wir sind auf einem Weg zurück zur Normalität. Wir sind in intensiven Gesprächen, jetzt auch mit Lehrerinnen und Lehrern, um zu evaluieren, wie die Matura heuer gelaufen ist und werden dann entsprechend daraus die Entscheidungen für das nächste Jahr treffen. 

Martin Polaschek über die Pläne der Schule der Zukunft. | Foto: Markus Spitzauer

Stichwort Energiekrise: Welche Maßnahmen sollen Schulen ergreifen, um zu sparen?
Eines vorweg: Es werden weder die Kinder noch die Lehrerinnen und Lehrer in Schulen frieren müssen. Wir werden die Heizung nicht runterdrehen. Wir haben bereits ein Maßnahmenpaket zur Energieeinsparung präsentiert. Mein Ziel ist es den Energieeffizienz- und Nachhaltigkeitsgedanken im gesamten Bildungsbereich damit noch stärker zu verankern. Das tun wir einerseits in dem wir im Zuge des ‚energie:bewusst‘ Monats Oktober zahlreiche Initiativen zur Sensibilisierung für mehr Nachhaltigkeit und Energieeffizienz ins Leben rufen. Andererseits indem wir auch an den Schulen prüfen, wo wir noch energieeffizienter und nachhaltiger arbeiten können. 

Der Schulstart ist für Eltern heuer wegen der Teuerung eine immense zusätzliche finanzielle Belastung. Reicht da das Schulstartgeld in Höhe von 100 Euro Ihrer Meinung nach aus?  
Man darf nicht vergessen, dass die Teuerung alle Bereiche des Lebens betrifft. Es gibt durch das Antiteuerungspaket der Bundesregierung Förderungen auf den verschiedensten Ebenen: eine deutliche Erhöhung der Familienbeihilfe, deutliche persönliche Zusatzzahlungen, Klimabonus, etc., und ein eigenes Schulstartpaket des Sozialministers für einkommensschwache Familien. 

Ist es gerade im Hinblick der Teuerung angemessen, wenn Ministerinnen und Minister teure Dienstautos fahren?
Die Dienstfahrzeuge werden durch die Bundesbeschaffungsgesellschaft angeschafft und vom Bund geleast und nach bestimmter Zeit wieder an den Verkäufer zurückgegeben. Wir haben hier Vorgaben, dass wir die Dienstfahrzeuge nach einer gewissen Zeit austauschen müssen. Genau das ist wie üblich geschehen. Es ist ärgerlich, weil hier unterstellt wird, dass willkürlich Steuergeld ausgegeben wird. Das stimmt nicht. 

Wie ist der Stand der gratis Laptops für alle SchülerInnen ab der 5. Schulstufe, bei denen es Probleme gab? 
Der Anbieter hatte die Anforderungen nicht erfüllt und liefert nun schlussendlich als Kompensation deutlich bessere Endgeräte noch im September aus. Die Bestellungen für dieses Schuljahr sind eingelangt und diese Geräte werden heuer nach derzeitigem Stand rechtzeitig ausgeliefert. 

Bis wann?
In den nächsten Wochen. 

Seit heuer gibt es das Pflichtfach “Digitale Grundbildung”. Das Fach gab es schon als verbindliche Übung auf dem Lehrplan, aber ohne Benotung. Glauben Sie ist Benotung wichtig, damit die SchülerInnen etwas mitnehmen? 
Das Neue ist, dass es flächendeckend mit mindestens vier Unterrichtsstunden unterrichtet wird - pro Schulstufe eine Stunde. Diese Stunden kommen oben drauf. Das heißt, es wird keine Stunde dafür gekürzt. Bislang - im Rahmen der Verbindlichen Übung - konnte die Standorte selbst festlegen, ob es in eigenen Stunden oder fächerintregrativ unterrichtet wird. Wir wollen damit mehr Menschen ausbilden, die digitale Kompetenzen haben, auch im Hinblick auf den Arbeitsmarkt. Da leisten wir jetzt einen Beitrag dazu, dass die jungen Menschen auch in dieser Hinsicht besser ausgebildet ins Berufsleben einsteigen können. 

Gibt es im heurigen Schuljahr eigentlich auch neue Modelle für die Integration nicht-deutschsprachiger Kinder? Halten Sie dann an dem Deutschförderklassenkonzept weiter fest?

Die Deutschförderklassen werden gerade evaluiert. Die Evaluierung wird im Winter abgeschlossen und wir werden dann die Ergebnisse dieser Studie mit Expertinnen und Experten und Bildungsmangerinnen und -managern besprechen und die entsprechenden Ableitungen treffen, wie es dann damit weitergeht. 

Bei den kommunalen Sommergesprächen wurde angeregt, dass im neuen Lehrplan beim Fach Geographie und Wirtschaftskunde der Schwerpunkt viel stärker auf Wirtschaftskunde gestellt werden soll. Wäre das eine Anregung, die auch in Ihrem Sinne ist? 

Die neuen Lehrpläne für die Primarstufe und für die Sekundarstufe sind gerade in Begutachtung und beinhalten unter anderem auch eine Neuaufstellung des Fachs Geographie, wo es auch mehr um Wirtschaftsbildung geht. Die Wirtschaftsbildung passt aber mehr in den fächerübergreifenden Unterricht und sollte nicht auf ein Fach reduziert werden. Wir müssen auf verschiedenen Ebenen Maßnahmen setzen, um den Kindern die entsprechenden Kompetenzen zu geben, auch im wirtschaftlichen Bereich. Das beginnt schon in der Volksschule. Im Energiespar-Bereich setzen wir etwa Maßnahmen, damit Kinder mehr darüber nachdenken, was Nachhaltigkeit und Sparsamkeit heißt. Mit den neuen Lehrplänen wollen wir generell verschiedene neue Kompetenzen vermitteln, auch ökologische Fragen, politische Bildung und zahlreiche andere Themenbereiche. Aber das, was wir generell brauchen, ist eine grundsätzliche Diskussion darüber, was Schule im 21. Jahrhundert leisten kann, aber auch nicht leisten kann. Wir brauchen eine Festlegung dessen, was die Kinder in der Schule vermittelt bekommen an Bildung und Bildung bedeutet für mich nicht nur Unterrichtsinhalte in Unterrichtsfächern, sondern auch zusätzliche Kompetenzen. Und dazu müssen wir das System neu aufsetzen. Dazu müssen wir von vorne beginnen, und nicht Löcher stopfen, das greift dann zu kurz. Das heißt, wir brauchen eine generelle Neudefinition, was wollen wir an Demokratiebildung, was wollen wir an Nachhaltigkeit und Umweltbildung haben und wie bringen wir das in die Schule? Und da wir es notwendig sein, eine grundsätzliche Diskussion darüber zu führen, die wir im nächsten Jahr führen werden, weil wir heuer mit der Pandemie, mit der Ukraine und der Teuerung noch viele akute Herausforderungen zu bewältigen haben.

Was hältst du von den neuen Corona-Regeln für die Schule?

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