Haushaltsabgabe ersetzt GIS-Gebühr
Neues ORF-Gesetz ist beschlossen
Kurz vor der Sommerpause des Nationalrats wurde am Mittwoch das neue ORF-Gesetz beschlossen. Anstatt der gegenwärtigen gerätegekoppelten GIS-Gebühr (18,59 Euro) wird künftig jeder Haushalt sowie Unternehmen die neue ORF-Gebühr in Höhe von 15,30 Euro zahlen müssen. Zudem erhält der ORF mehr digitale Möglichkeiten, der Onlineauftritt orf.at wird hingegen beschränkt. Kritik kam von den privaten Medienunternehmen sowie der Opposition.
ÖSTERREICH. Knapp 40 Beschlüsse arbeitet der Nationalrat bis zum Wochenende ab, darunter befand sich neben dem Raserpaket und der Ausweitung der Primärversorgungseinrichtungen auch das schon lange angekündigte ORF-Gesetz. "Wir sorgen für faire Finanzierung, für neue digitale Möglichkeiten, unabhängige Information online und auch mehr Kultur, Sport und Bildung", so die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer. Die Bundesregierung bringe den ORF damit "in das 21. Jahrhundert", um alle Generationen zu erreichen.
ORF-Gebühren sinken, auch Firmen müssen zahlen
Rund 525.000 zusätzliche Haushalte müssen künftig den ORF-Beitrag in Höhe von 15,30 Euro pro Monat zu bezahlen. Hinzu kommen in den meisten Bundesländern noch Landesabgaben, die wohl zwischen 3,26 Euro (Tirol) und 5,20 Euro (Burgenland) betragen. Wird die GIS aktuell über das Konto eingezogen, wird ab 2024 automatisch der verringerte Betrag verrechnet werden. Die übrigen Haushalte bekommen Erlagscheine mit den geringeren Gebühren zugeschickt.
War man bisher von den GIS-Gebühren befreit, muss man auch künftig keinen Beitrag zahlen. Auch Nebenwohnsitze sind von den neuen Regelungen ausgenommen. Zudem müssen rund 100.000 Firmen die neue Gebühr zahlen, die sich abhängig von der Unternehmensgröße erhöht.
Digitales Angebot wird erweitert, orf.at beschränkt
Um den ORF "konkurrenzfähig zu halten", wie es in der Erläuterung zum neuen Gesetz heißt, soll das Online-Angebot erweitert werden. So ist es dem ORF künftig gestattet, Videos und Audiobeiträge in bestimmtem Umfang ausschließlich für das Onlineangebot zu produzieren ("online only") und Sendungen schon vor der Ausstrahlung online zur Verfügung zu stellen ("online first").
Im Gegenzug dazu wird der Textanteil auf orf.at drastisch beschränkt. Künftig dürfen auf der "Blauen Seite" nur noch 350 Textbeiträge pro Woche erscheinen. So soll es künftig 70 Prozent Bewegtbild und 30 Prozent Text geben.
TVthek-Inhalte länger verfügbar
Weitere Neuerungen:
- Die gegenwärtige Siebentagebeschränkung für Abrufe in der TVthek wird je nach Inhalt auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt.
- Der ORF darf künftig einen Onlinekinderkanal anbieten und ORF Sport + als digitalen Kanal führen.
- Bis 2026 bleibt der Sportspartenkanal in linearer Form erhalten.
- Das ORF-Radio-Symphonieorchesters (RSO) bleibt nun doch bestehen, und zwar mit finanzieller Unterstützung des Bundes, vorerst allerdings nur bis 2026.
Sparmaßnahmen und Werbebeschränkungen
Die Bundesregierung erlegt dem ORF zudem strenge Sparmaßnahmen auf, diese betreffen die "operativen Personalkosten" sowie Sachkosten. So werden etwa Spezialzulagen gestrichen, Abfertigungen eingegrenzt und Sonderpensionen gekürzt. Zudem muss der ORF jährlich einen Transparenzbericht vorlegen, in dem beispielsweise Sponsoringeinnahmen, Reichweiten und Löhne aufgeschlüsselt sind. Vorgesehen sind weiters Werbebeschränkungen für den Online- und Radio-Bereich.
Private wollen Beschwerde bei der EU einlegen
Bereits im Juni kündigten der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und Verband der Privatsender (VÖP) an, Beschwerde gegen das neue Gesetz bei der EU-Wettbewerbskommission einzulegen. Während dem VÖZ die Kürzung der "Blauen Seiten" nicht weit genug gehen und orf.at weiterhin als zu "Zeitungsähnlich" kritisiert wird, sprach sich der VÖP für eine Maximalanzahl der Audio- und Videobeiträge von 300 bis 350 pro Woche aus. Zudem wurden Bedenken bezüglich der neuen Haushaltsabgabe geäußert, durch die der ORF schlussendlich mehr Einnahmen generieren könne.
Kickl: "Eine Schande, beschämend, ein Skandal"
Auch die Opposition stellte sich gegen das neue ORF-Gesetz. SPÖ-Mediensprecherin Muna Duzar sieht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als "Garant für unsere Mediendemokratie". Jörg Leichtfried, SPÖ-Verfassungssprecher, bezeichnete es jedoch als ungerecht, dass "der Millionenerbe in der Seevilla gleich viel bezahlt wie die Supermarktbeschäftigte". Neben einer sozial gestaffelten Finanzierung fehle es auch an einer Stärkung der Unabhängigkeit des ORF.
FPÖ-Obmann Herbert Kickl bezeichnete das neue Gesetz als "eine Schande, beschämend, ein Skandal". Die Haushaltsabgabe bezeichnete er als eine 100-Millionen-Euro schwere Zwangssteuer, für Inhalte, die die Bevölkerung nicht konsumiere. Kickl kündigte an, dass er die Gebühr abschaffen wolle, sobald er die Regierung als Kanzler anführe.
Henrike Brandstötter, NEOS-Mediensprecherin, bezeichnete es als "verantwortungslos", dass "die Bundesregierung den Menschen mit der Haushaltsabgabe trotz der von ihr verschuldeten hohen Inflation noch mehr Geld aus der Tasche zieht, ohne den ORF in seinen Strukturen zu reformieren". Zudem kritisierte sie die Beibehaltung der Landesabgabe, die sie als "Körberlgeld der Landeshauptleute" bezeichnete, und forderte eine Entpolitisierung des ORF.
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