Ein Jahr Pflege-Milliarde
Von "Mogelpackungen" und "Rohrkrepierern"

Fast ein Jahr nach der angekündigten Pflegemilliarde hat sich kaum etwas geändert, mahnen die AK und der ÖGB. | Foto: pixabay
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Ein Jahr nach der groß angekündigten Pflegereform macht sich Enttäuschung breit. Der Pflegebonus entpuppe sich als "Rohrkrepierer" und die angekündigte Entlastung für das Pflegepersonal gebe es bis heute nicht, so die ArbeitnehmerInnenvertreter. Darum wandten sich die Arbeiterkammer (AK) und der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) am Freitag an die Politik und forderten  den "besten Sozialstaat der Welt für alle, die hier leben".

ÖSTERREICH. "Geändert – muss man ehrlich sagen – wurde in letzter Zeit wenig", bringt es AK-Präsidentin Renate Anderl auf den Punkt. Das Personal leide und sei am Limit, aber das "ist auch zum Leidwesen der Patientinnen und Patienten". Insbesondere Frauen würden leiden, da sie den Großteil der Pflegerinnen und pflegenden Angehörigen ausmachen. 

"Rohrkrepierer der Sonderklasse"

Am 12. Mai 2022 hatte die Regierung mit der Milliarde für die Pflege angekündigt, dass man damit meilenweit kommen werde. Knapp ein Jahr später macht sich Ernüchterung breit, denn  "Meilen sind damit definitiv keine passiert", so Anderl. Versprochen wurde unter anderem die Entlastungswoche ab dem 43. Lebensjahr für alle. Das stellte sich jedoch als Mogelpackung heraus, so die AK-Präsidentin, da lediglich Urlaubstage angerechnet wurden, aber keine wirkliche Entlastung bringen. Als Entlastungsmaßnahme sprach man Pflegeassistenzkräften mehr Zuständigkeiten zugestand. allerdings erhielten diese keine entsprechende Zusatzausbildung oder mehr Lohn, merkt Anderl an. 

Im mobilen Pflegedienst hat sich ebenfalls wenig bis nichts getan. Die Verantwortung liegt überwiegend immer noch bei den pflegenden Angehörigen, die oft auf sich allein gestellt sind. Der Pflegebonus wurde zwar umgesetzt, allerdings wurden die Bedingungen so eng gefasst, dass er für viele unzugänglich bleibt, kritisiert Anderl. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bezeichnete den Pflegebonus gar als "Rohrkrepierer der Sonderklasse". 

75.000 Pflegekräfte bis 2030 gebraucht

Hinzu kommt, dass Österreich bis 2030 75.000 weitere Pflegekräfte brauchen wird. Von den bestehenden 127.000, die derzeit in Österreich tätig sind, wird ein beträchtlicher Anteil in den kommenden fünf Jahren in Pension gehen. Zudem dürfe man ihren Beruf "nicht einfach als irgendeinen Job betrachten", da sie Leidenschaft und Herzblut hineinstecken, so Katzian. Unter anderem deshalb würden sie überhaupt noch in der Pflege arbeiten, obwohl sie längst am Limit sind.

Beim Nachwuchs ist die Schwierigkeit, dass sie zwar einen Ausbildungsbonus bekommen, dieser aber gerade bei jenen am zweiten Bildungsweg nicht existenzsichernd sei, so Katzian.
Die AK und der ÖGB sind sich einig bei ihren Forderungen: Sie wollen den "besten Sozialstaat der Welt für alle, die hier leben". Dieser müsse sicher und nachhaltig finanziert werden, wozu "die Reichen mehr beitragen müssen". Stabile Dienstpläne müssen her, um die Rahmenbedingungen zu verbessern und zu verhindern, dass man alle zwei Wochen wegen Ausfällen einspringen müsse. Ebenso müsse man die Kapazitäten der Tages-, Langzeitpflege und mobile Betreuung ausbauen. Die Unterstützung pflegender Angehöriger "ist keine Hexerei. Es ist keine Raketenwissenschaft. (...) Es liegt an einer einzigen Sache: Am politischen Willen". 

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