Zahlreiche Legenden ranken sich um seine Person
Richard Löwenherz

Richard Löwenherz war in Dürnstein gefangen, das ist belegt und stimmt auch. Richtig ist auch, dass er sich im Zuge des dritten Kreuzzuges mit dem österreichisch, babenbergischen Herzogs Leopold V. überworfen hatte. Dass es aber einen Sänger Blondel gab, der auf seinem Schimmel geritten kam und den König befreite, ist in das Reich der Märchen einzureihen. Löwenherz hatte Schiffbruch erlitten und versuchte als armer Reisender durch Österreich zu gelangen. Doch wurd er erkannt und festgenomen. Richtig ist auch, dass er an Hademar von Kuenring übergeben und nach Dürnstein gebracht wurde. Das war es dann aber auch schon. Er war von Dezeber 1192 bis März 1193 in Dürnstein und wurde dann an König Heinrich VI. übergeben und war dann noch bis Februar 1194 Gefangener auf der Feste Trifels. Die Gefangennahme eines unter dem Schutz der Kirche stehenden Kreuzfahrers galt jedoch als unwürdig und für Leopolds Ehre abträglich. Aber letztlich bekam der Herzog 50.000 Mark reinen Silbers nach Kölnscher Gewicht in seine Staatskasse. Damit konnte er die Landesgrenzen bei Enns und Hainburg befestigen,Wiener Neustadt und Friedberg erbauen sowie den Graben vor dem Doms zu Sankt Stephan planieren.
em Schiffbruch gezwungen, die Landroute über das römisch-deutsche Reich zu nehmen. Da er Vergeltung von seinem Intimfeind Herzog Leopold V. von Österreich befürchtete, reiste er verkleidet und mit nur wenigen Begleitern, darunter Balduin von Béthune, Philipp von Poitiers, Wilhelm de l’Etang und der Kaplan Anselm. Sein Ziel war Bayern, das Einflussgebiet Heinrichs des Löwen. Schon der Zwang zur Verkleidung war in einer nach Rang geordneten mittelalterlichen Gesellschaft, in der Ehre und Status öffentlich urteilt Richards Verkleidung beurteilen viele als „befremdliches und zugleich amateurhaftes Versteckspiel“. Es sei unklar, warum Richard nicht offen um freies Geleit als Kreuzfahrer nachsuchte.
Graf Meinhard von Görz wurde Anfang Dezember 1192 auf die Reisegruppe aufmerksam und erkannte den König, doch zunächst konnte dieser entkommen. Seine Flucht endete wenige Tage vor Weihnachten 1192 im Herrschaftsgebiet des Herzogs Leopold. Die widersprüchlichen Angaben der Quellen erhellen die konkreten Umstände der folgenden Gefangennahme nicht. Alle Quellen stimmen jedoch darin überein, dass es Leopolds Rache für die erlittene Ehrverletzung gewesen sei. Die ausführlichste Darstellung bietet die Chronik Ottos von Freising mit der Fortsetzung Ottos von St. Blasien. Sie ist voller Häme über die Ereignisse. Nach ihrer Schilderung war Richard als einfacher Pilger verkleidet und wurde von Leopold laut ausgelacht, als dieser ihn in Erdberg bei Wien beim nicht standesgemäßen Hühnerbraten in einer schäbigen Behausung gefangen nehmen konnte. Zum Verhängnis sei ihm sein Repräsentationsbedürfnis geworden. Als einfacher Knecht habe er ein Huhn gebraten, dabei aber vergessen, einen wertvollen Ring vom Finger zu ziehen. Die englischen Chronisten hingegen orientierten sich am Modell ritterlichen Handelns. Sie betonten, dass Richard sich selbst in dieser schwierigen Lage als König würdevoll verhalten habe. Er sei im Schlaf überrascht worden, habe sein Schwert nur dem Herzog übergeben wollen, habe sich von der Übermacht des Herzogs nicht einschüchtern lassen, oder er habe sich vom Herzog persönlich gefangen nehmen lassen. Viele Geistliche in Europa sahen die Gefangennahme eines Kreuzfahrers als schwere Sünde an. Für die dem österreichischen Herzog nahestehenden Chronisten war es die berechtigte Rache für die erlittene Ehrverletzung in Akkon.
Die hofnahe englische Überlieferung berichtet recht ausführlich über die Ereignisse zwischen Gefangenschaft und Freilassung, die deutschen Quellen hingegen schweigen nahezu vollständig. John Gillingham deutet das Schweigen als ein Zeichen dafür, dass die Gefangenschaft eines unter dem Schutz der Kirche stehenden Kreuzfahrers als unwürdig und für Leopolds Ehre abträglich betrachtet wurde. Nach Knut Görich liegt das Schweigen aber auch darin begründet, dass es keine hofnahen Geschichtsschreiber unter den deutschen Chronisten gab.
Richard wurde Hadmar II. von Kuenring, einem der mächtigsten Ministerialen des Babenbergerherzogs, übergeben und auf der Burg Dürnstein bei Krems an der Donau inhaftiert. Bereits am 28. Dezember 1192 informierte der Kaiser den französischen König Philipp II. über die Gefangennahme Richards. Er teilte ihm mit, dass er den „Feind unseres und den Unruhestifter deines Reiches“ (inimicus imperii nostri, et turbator regni tui) nun festgesetzt habe. Bei der päpstlichen Kurie sorgte Richards Gefangennahme für Entrüstung. Papst Coelestin III. forderte die Freilassung und drohte mit der Exkommunikation, da Richard als Kreuzfahrer unter dem Schutz der Kirche stehe und das Recht auf freie Rückreise habe. Leopold wurde von Papst Coelestin III. im Juni 1194 exkommuniziert.
Kaiser Heinrich VI. versuchte aus Richards Gefangenschaft politischen Nutzen zu ziehen. Er stand wegen der Ermordung des Lütticher Bischofs Albert von Löwen unter politischem Druck, denn ihm wurde die unterbliebene Bestrafung der Mörder zur Last gelegt. Richard hatte gute Verbindungen zur norddeutschen Fürstenopposition, die möglicherweise als Gegenleistung für seine Freilassung zur Mäßigung gegenüber Kaiser Heinrich bewegt werden konnte. Heinrich begann mit Leopold im Frühjahr 1193 Verhandlungen über die Auslieferung des englischen Königs. Am 6. Januar 1193 wurde Richard als Gefangener nach Regensburg überführt und dort dem Kaiser präsentiert. Eine Einigung zwischen Leopold und Heinrich VI. blieb jedoch aus, worauf der österreichische Herzog Richard wieder zurückbrachte.
Richard blieb trotz der Gefangenschaft eingeschränkt handlungsfähig. So konnten auch in diesem Zeitraum Rechtsdokumente ausgefertigt werden. Zunächst wurden lediglich Briefe und writs (königliche Verfügungen) verfasst. Nach erfolgreichen Freilassungsverhandlungen gehörte ab Sommer 1193 der Kanzler Wilhelm von Longchamp zu Richards persönlichem Gefolge. Spätestens seit diesem Zeitpunkt wurden auch wieder königliche Urkunden konzipiert. Aus seiner Gefangenschaft betrieb Richard die Wahl Hubert Walters zum Erzbischof von Canterbury. Als Justiciar stellte Walter während der Abwesenheit des Königs die Herrschaft sicher.
Als Johann Ohneland von der Gefangenschaft seines Bruders Richard erfuhr, suchte er in Paris umgehend die Unterstützung Philipps II. Im Januar 1193 begab er sich an dessen Hof. Auf diese Weise wollte er sich das Erbe sichern.
Vom französischen König wurde er mit der Normandie belehnt. Philipp unterstützte Johanns Ambitionen auf den englischen Thron, und dieser leistete ihm einen Lehenseid. Außerdem bot Philipp unzufriedenen Adligen in den englischen Festlandsbesitzungen seinen Schutz an.
Heinrich und Leopold besiegelten in Würzburg eine Einigung über die Freilassungsbedingungen. Im Würzburger Vertrag vom 14. Februar 1193 wurden 100.000 Mark Reinsilber als Lösegeld festgelegt, je zur Hälfte an Leopold und Heinrich VI. Außerdem sollte Richard sich zur Unterstützung des nächsten Sizilienfeldzuges des Kaisers verpflichten. Im März 1193 warf Heinrich auf dem Hoftag in Speyer vor den Reichsfürsten dem englischen König zahlreiche Verbrechen vor, darunter der Mord an Konrad von Montferrat, einem Lehnsmann des Reiches, den er veranlasst habe. Richard habe mit Isaak von Zypern einen Verwandten des Kaisers inhaftiert und dessen Land veräußert. Er habe die Fahne von Heinrichs Verwandten Herzog Leopold geschmäht. Außerdem habe er mit der Unterstützung König Tankreds dem Kaiser das sizilische Königreich, das Erbe seiner Gemahlin Konstanze, vorenthalten wollen. Er habe auch seine Lehnspflichten gegenüber König Philipp missachtet. Mit Saladin habe er einen schändlichen Frieden geschlossen. Die Klagepunkte sollten zeigen, dass Heinrich den englischen König nicht willkürlich und ohne triftigen Grund in Gefangenschaft hielt.
Richard erhielt Gelegenheit, in freier Rede vor dem Fürstengericht die einzelnen Vorwürfe zu entkräften. Er bot außerdem einen gerichtlichen Zweikampf an, den aber keiner der Anwesenden gegen den Herrscher durchführen wollte. Nachhaltigen Eindruck hinterließ Richard in der Reichsversammlung mit dem Eingeständnis, er habe Fehler begangen, und mit seiner demonstrativen Geste, sich vor dem Kaiser zu Boden zu werfen und Gnade zu erbitten. Heinrich gewährte ihm dies, indem er den knienden König an sich zog und ihm den Friedenskuss gab. John Gillingham erklärt Heinrichs Verhalten mit der feindseligen Stimmung auf dem Hoftag, die ihn bewogen habe, Richard in Gnade aufzunehmen. Roger von Howden überliefert eifrige Verhandlungen dazu am Vortag, in denen „der Kaiser vieles forderte, was Richard selbst unter Todesgefahr nicht zuzugestehen bereit war“. Über den Gegenstand der Verhandlungen ist jedoch nichts bekannt. Nach Klaus van Eickels verlangte der Staufer eine besonders demütigende Form der Unterwerfung, die Richard nicht zu leisten bereit war. Gerd Althoff konnte anhand zahlreicher Vergleichsbeispiele zeigen, dass Kniefall und Friedenskuss keine spontanen Emotionen ausdrückten, vielmehr waren solche Szenen im Mittelalter inszeniert. Dieser blieb jedoch in Haft und wurde bis Mitte April auf der Burg Trifels festgesetzt. Danach hielt er sich im Gefolge des Kaisers auf, zunächst in der elsässischen Pfalz Hagenau.
Am 25. März 1193 akzeptierte Richard auf einem Hoftag zu Speyer die in Würzburg festgelegte Summe. Er musste 100.000 Mark Silber zahlen. Außerdem hatte er 50 Schiffe und 200 Ritter für ein Jahr zu stellen. Die Forderung der persönlichen Teilnahme am Sizilienfeldzug des Kaisers wurde fallengelassen. Im Wormser Freilassungsvertrag vom 29. Juni 1193 wurden die Details geregelt. Das Abkommen von Worms wird von Roger von Howden überliefert. Das Lösegeld wurde auf 150.000 Silbermark erhöht. Für die Freilassung sollten 100.000 Mark Reinsilber nach Kölner Gewicht bezahlt werden. Das entsprach etwa 23,4 Tonnen Silber. Für die weiteren 50.000 Mark sollten Geiseln gestellt werden, davon sechzig für den Kaiser und sieben für den Herzog von Österreich. Das Lösegeld sollte in London an kaiserliche Gesandte übergeben, von diesen geprüft und dann in Transportbehältnisse versiegelt werden.
Die Bereitstellung des Lösegeldes, das den dreifachen Jahreseinnahmen der Krone entsprach, war eine immense Herausforderung. Im königlichen Schatzamt, dem Exchequer, wurde eine Sonderabteilung, das scaccarium redemptionis, eingerichtet, die mit dem Einzug der Lösegeldsteuern beauftragt war. Der hohe Klerus musste liturgisches Gerät und den vierten Teil seiner jährlichen Einnahmen abgeben. Eine Sondersteuer von 25 Prozent musste eingeführt und königlicher Besitz verkauft werden. Der Gewinn aus der Wollproduktion, der eigentlich für die Zisterzienser vorgesehen war und normalerweise von königlichen Abgaben befreit war, wurde konfisziert. Das im 13. Jahrhundert kompilierte Red Book of the Exchequer überliefert, dass jeder Inhaber eines Ritterlehens 20 Schilling abzugeben hatte.
Heinrich VI. legte zu Weihnachten 1193 als Tag für die Freilassung Richards den 17. Januar 1194 fest. Ein beträchtlicher Teil des Lösegelds war mittlerweile beschafft und in das Reich gebracht worden. Richard hatte unterdessen das Weihnachtsfest 1193 in Speyer verbracht. Philipp II. und Johann Ohneland versuchten die vom Kaiser bereits zugesagte Freilassung durch weitreichende finanzielle Versprechen zu verhindern. Philipp erklärte sich zur Zahlung von 100.000 Mark und Johann von 50.000 Mark für die Auslieferung Richards bereit. Alternativ boten sie für jeden weiteren Monat von Richards Gefangenschaft 1.000 Mark an. Heinrich war sich angesichts des neuen Angebots über die weitere Behandlung des Gefangenen unschlüssig geworden und stellte daher die Entlassung auf dem Mainzer Hoftag im Februar 1194 den anwesenden Fürsten zur Diskussion. Die Großen bestanden jedoch auf der vereinbarten Freilassung des englischen Königs. Richard profitierte damit von seinen bereits bestehenden persönlichen Verbindungen mit den Großen, die er in den vergangenen Monaten aufgebaut hatte. Heinrich gelang es jedoch, Richard zu zwingen, das englische regnum vom Kaiser zu Lehen zu nehmen und jährlich einen Tribut von 5000 Pfund zu zahlen. In diesem Zusammenhang berichtet einzig Roger von Howden davon, dass Richard zum König von Burgund gekrönt werden sollte. Dieses Herrschaftsgebiet gehörte zwar nominell zum Reich, jedoch übte der Kaiser dort keine tatsächliche Herrschaft aus. Nach Knut Görich könnte es sich um eine demonstrative Ehrung handeln, um dem englischen König die Lehnsübertragung seines eigenen Reiches erträglicher zu machen.
Richard Löwenherz küsst die Füße Heinrichs VI. Liber ad honorem Augusti sive de rebus Siculis des Petrus de Ebulo.
Am 4. Februar 1194 wurde Richard auf dem Hoftag in Mainz aus der Haft entlassen. Er leistete die Lehenshuldigung für seine gesamten Herrschaftsgebiete. Es waren 100.000 Mark Silber an Heinrich bezahlt und für die weiteren 50.000 Mark Geiseln gestellt worden, darunter die beiden Söhne Heinrichs des Löwen, Otto und Wilhelm. Die Erzbischöfe von Köln und Mainz übergaben Richard seiner Mutter Eleonore von Aquitanien. Nach seiner Freilassung verbrachte er einige wenige Tage in den Wäldern von Nottingham. Die Verknüpfung der Sage von Robin Hood, der mit seinen Getreuen in den Wäldern des Sherwood Forest lebte, mit der Geschichte von Richard Löwenherz erfolgte jedoch erst im 16. Jahrhundert.
Die Lösegeldzahlung bedeutete für Leopold die Wiederherstellung seiner auf dem Kreuzzug durch Richard verletzten Ehre. Er finanzierte damit die Erweiterung seiner Residenzstadt sowie die Gründungen von Wiener Neustadt und Friedberg. Sein plötzlicher Tod am 31. Dezember 1194 durch einen Sturz vom Pferd wurde von den Zeitgenossen als Gottesurteil über die Gefangennahme Richards angesehen. Heinrich nutzte seinen Anteil für die Eroberung des normannischen Königreichs Sizilien. Mit der Lösegeldzahlung sollen erstmals in großem Ausmaß Sterlinge auf den europäischen Kontinent in Umlauf gekommen sein. In London führten die ständigen Geldforderungen des Königs 1196 zu einem Aufstand unter Wilhelm Fitz Osbert, der niedergeschlagen wurde.
Nach seiner Freilassung betrat Richard am 13. März 1194 für zwei Monate noch einmal englischen Boden. Trotz der langen Gefangenschaft funktionierten nach John Gillingham die angevinischen Verwaltungsstrukturen gut. Auf der Insel traf er Maßnahmen zur Stabilisierung seiner Herrschaft und bemühte sich um möglichst große Geldsummen für die geplanten Heerzüge gegen den französischen König. Richard berief für Ende März und Anfang April 1194 einen Hoftag zu Nottingham ein. Auf dem gut besuchten Hoftag, an dem auch die Königinmutter sowie der Bruder des schottischen Königs teilnahmen, wurden zahlreiche Strafmaßnahmen gegen Rebellen und personelle Veränderungen in der Verwaltung beschlossen. Wenige Tage später, am 17. April, zeigte sich Richard im Beisein seiner Mutter Eleonore in der Kathedrale von Winchester. Seine Festkrönung sollte die Schande seiner Gefangenschaft auslöschen und seine Ehre wiederherstellen. William von Newburgh notierte, dass Richard bei der Krönung in Winchester wie ein neuer König aufgetreten sei und durch den Glanz der Krone seines Reiches die Schmach seiner Gefangenschaft abgewaschen habe.
Im Jahr 1195 vereinbarte Richard mit König Wilhelm I. von Schottland die Ehe zwischen seinem Neffen Otto, dem späteren römisch-deutschen Kaiser Otto IV., und Wilhelms Tochter Margarete von Schottland, die voraussichtlich die schottische Thronfolgerin werden sollte. Damit wollte Richard seinen Einfluss auf Schottland ausdehnen, und für Ottos Geschlecht, die Welfen, stand mit dem Heiratsprojekt eine neue Machtbasis in Aussicht. GUSTAV STRASSER 

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