Kalte Progression einfach erklärt
Alle Infos rund um die Abschaffung
- Durch die Abschaffung der kalten Progression soll den Österreicherinnen und Österreichern künftig mehr Geld übrig bleiben.
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Mit 2023 soll in Österreich die kalte Progression abgeschafft werden. Was das überhaupt bedeutet, was die Bundesregierung genau geplant hat und wie sich das künftig auf unsere Einkommen auswirken wird, liest du hier.
ÖSTERREICH. Die "kalte Progression" ist seit geraumer Zeit in aller Munde – vereinfacht gesagt bezeichnet der Effekt, dass du dir trotz steigenden Gehalts immer weniger leisten kannst. In Österreich soll die "schleichende Steuererhöhung" aber schon bald der Vergangenheit angehören. Die RegionalMedien Austria haben für dich die wichtigsten Fragen rund um die kalte Progression zusammengefasst und beantwortet.
Was bezeichnet man als kalte Progression?
Der Begriff kalte Progression bezeichnet eine schleichende Steuererhöhung bei steigenden Löhnen. Das heißt, obwohl du in regelmäßigen Abständen Gehaltserhöhungen bekommst bzw. stetig mehr verdienst, kannst du dir immer weniger leisten. Oder anders ausgedrückt: Während dein Nominallohn steigt, sinkt dein Reallohn.
Was sind Nominal- und Reallöhnen?
Wichtig für das Verständnis der kalten Progression ist die Unterscheidung zwischen Nominal- und Realeinkommen. Während das Nominaleinkommen die Höhe des tatsächlich ausbezahlten Geldbetrags bezeichnet, beziffert das Realeinkommen deine tatsächliche Kaufkraft – also was du dir angesichts der stetig steigenden Preise tatsächlich leisten kannst.
Wie kommt es zur kalten Progression?
Die kalte Progression beruht auf zwei Faktoren:
- Steuerprogression: Die Lohn- bzw. Einkommenssteuern sind in Österreich nach Steuerstufen gestaffelt. Das heißt, umso mehr du verdienst, desto mehr Steuern musst du zahlen.
- Inflation: Die Preise für Waren und Dienstleistungen und damit die Lebenshaltungskosten steigen kontinuierlich an. Im Jahr 2021 betrug die Jahresinflation in Österreich 2,8 Prozent – für 2022 wird eine Teuerungsrate von 7,8 Prozent erwartet, 2023 eine von 5,3 Prozent.
Ein Rechenbeispiel:
- Du verdienst 2.000 Euro brutto im Monat – das sind rund 1.527 Euro netto.
- Du bekommst eine Gehaltserhöhung von fünf Prozent deines Bruttogehalts.
- Damit verdienst du künftig 2.100 Euro brutto bzw. rund 1.583 Euro netto.
- Von den 100 Euro, die du im Monat mehr bekommst, bleiben netto 56 Euro über.
- Das bedeutet auch: Während dein Bruttogehalt um 5 Prozent steigt, sind es netto nur 3,5 Prozent.
- Die Inflation tut ihr Übriges und so übersteigen die Teuerungen schon bald dein neuerdings höheres Einkommen.
- Letztendlich kannst du dir trotz deiner Gehaltserhöhung weniger leisten als zuvor.
Was hat die Regierung geplant?
Die österreichische Bundesregierung hat angekündigt, die kalte Progression "zu 100 Prozent" abschaffen zu wollen. Sie setzt dabei allerdings auf eine Zwei-Drittel-Lösung. Bedeutet: Zwei Drittel der Entlastungen sollen künftig direkt und automatisch an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zurückgegeben werden. Das weitere Drittel soll für andere Entlastungsmaßnahmen eingesetzt werden.
Wie werden die Steuertarife künftig angepasst?
Ein Inflations-Bericht der Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS soll jährlich feststellen, um welche Höhe die Tarifstufen angepasst werden. Dabei entscheidet die durchschnittliche Inflation von Juli eines Jahres bis Juni des Folgejahres die Höhe der Anpassungen, die dann im nächsten Kalenderjahr in Kraft treten.
Für wann ist die Abschaffung geplant?
Mit Jänner 2023 soll die kalte Progression in Österreich der Vergangenheit angehören. Das der Abschaffung zugrunde liegende Gesetz befindet sich derzeit in Begutachtung – diese läuft noch bis Ende August. Im Herbst soll das Gesetz dann im Nationalrat beschlossen werden.
Wir wirkt sich die Abschaffung auf mein Gehalt aus?
Laut der Bundesregierung sollen sich die Österreicherinnen und Österreicher durch die Abschaffung bis 2026 rund 18 Milliarden Euro ersparen. Im kommenden Jahr sei mit Entlastungen von 1,8 Milliarden Euro zu rechnen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO rechnet, dass die Nettogehälter 2023 durch die Anpassungen um 5,3 Prozent steigen werden.
Was sind die Reaktionen?
Das Zwei-Drittel-Modell stößt weder bei den NEOS noch bei der FPÖ auf Begeisterung. Eine 100-prozentige Abschaffung, wie versprochen, sei das jedenfalls nicht, so die Kritik. Die SPÖ kritisierte die verfehlte Verteilungswirkung. Ihr zufolge würden 30 Prozent des Volumens der Steuersenkung automatisch an die oberen 20 Prozent der Einkommen gehen.
Die Arbeiterkammer (AK) strich noch ein paar offene Fragen hervor. Vor allem bei der Entlastung von Menschen mit niedrigen Einkommen und der Absicherung gegen Armut sollte laut AK noch nachgebessert werden. Die Interessenvertretung will daher künftig in die Verteilung des "politischen Drittels" einbezogen werden – Zustimmung kam diesbezüglich auch vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB).
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