Teure Kredite
Kritik an Banken-Maßnahmen gegen hohe Kreditzinsen

Die monatlichen Belastungen sind wegen der hohen Raten für viele Haushalte massiv gestiegen – teilweise über die Schmerzgrenze hinaus. Die von der Regierung angekündigten Gegenmaßnahmen gehen vielen nicht weit genug. | Foto: panthermedia
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  • Die monatlichen Belastungen sind wegen der hohen Raten für viele Haushalte massiv gestiegen – teilweise über die Schmerzgrenze hinaus. Die von der Regierung angekündigten Gegenmaßnahmen gehen vielen nicht weit genug.
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Nach einem Arbeitsgespräch zwischen Regierung und Banken wurde am Mittwoch beschlossen, dass Banken auf Mahn- und Verzugsspesen verzichten wollen – in Einzelfällen seien auch Stundungen möglich. Zudem wurden die Wiederbelebung der sogenannten Bundesschatz-Scheine sowie eine Transparenz-Datenbank für Sparzinsen angekündigt. Der Opposition ist das zu wenig. Auch Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaft (ÖGB) übten scharfe Kritik. Positive Reaktionen kamen hingegen von Industrie und Wirtschaft.

ÖSTERREICH. Die Arbeiterkammer (AK) vermisst konkrete Maßnahmen gegen die hohen Zinsen. Ebenso fehle die Möglichkeit kostenloser Vertragsänderungen, damit Kreditnehmer etwa auf eine längere Laufzeit oder eine Fixverzinsung umsteigen und so entlastet werden könnten, beteuerte Gabriele Zgubic, Leiterin der AK-Konsumentenpolitik, am Donnerstag gegenüber "Ö1". Fragen würden auch in Sachen Zinszuschuss offen bleiben. 

Ähnliche Kritikpunkte führte die Gewerkschaft ins Treffen. "Die Problematik der hohen Zinsen für Überziehungskredite wurde nicht einmal angegangen", so Helene Schuberth, Chef-Ökonomin des ÖGB, in einer Aussendung. Andere Länder hätten etwa Zinsobergrenzen für Kredite. Die Transparenzoffensive sei "die nächste Ankündigung, aber keine Lösung für historische Rekordgewinne" der Banken. Und ein Vergleichsportal für Sparerinnen und Sparer gebe es ohnehin schon. 

Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut verwies wiederum auf das französische Modell und forderte Ähnliches für Österreich: Demnach erhalten Sparende in Frankreich derzeit auf Spareinlagen je nach Einkommen drei oder sechs Prozent Zinsen, wobei diese staatlich festgelegt werden. Die Zinssätze würden jährlich – falls notwendig auch unter dem Jahr – angepasst. Für die Einlagen auf einem durchschnittlichen österreichischen Sparbuch erhalte man hingegen derzeit 0,95 Prozent Zinsen. 

SPÖ und FPÖ enttäuscht

Kritik kam auch aus den Reihen der Opposition. "Weder die Bundesregierung in Person von Finanzminister Brunner noch die Banken sind offensichtlich bereit, jenen Menschen zu helfen, die unter den explodierenden Kreditzinsen leiden", stellte SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer fest. Bereits im Vorfeld des Bankengipfels forderte die SPÖ einen Zinsdeckel, dem der Finanzminister unter Verweis auf rechtliche Hürden eine Abfuhr erteilte. Weil Brunner nichts unternehmen wolle, behaupte er, dass Maßnahmen rechtlich nicht möglich wären, was aber nicht stimme, kritisierte daraufhin der SPÖ-Politiker. "Auf Freiwilligkeit zu setzen, hat bei der Bekämpfung der Teuerung nicht funktioniert und wird bei den Zinsen nicht funktionieren", so Krainer.   

Auch bei der FPÖ konnte man den Maßnahmen nichts abgewinnen: "Unleistbare Kreditzinsen bleiben unberührt, es gibt keinen Zinsdeckel, keine Übergewinnsteuer, keine Erhöhung der Bankenabgabe und kein Ende der 'Scheingewinn'-Steuer auf Sparzinsen", erklärten Parteichef Herbert Kickl und Finanzsprecher Hubert Fuchs in einer Aussendung. "Für die Sparer gibt es also genau nichts, und die Kreditnehmer sind bei Verzugszinsen und Mahnspesen Bittsteller der Banken."

Industrie und Wirtschaft positiv

Wenig auszusetzen hatten die NEOS: Dass die Banken betroffenen Kreditnehmerinnen und Kreditnehmern unter die Arme greifen, sei deren gutes Recht. "Denn es ist nicht die Aufgabe der Politik, jeden Lebensbereich zu Tode zu regulieren, genauso wenig wie die Mieterinnen und Mieter durch ihr Steuergeld das Risiko von Wohnungseigentümern mit variablem Kredit übernehmen können", so Wirtschaftssprecher Gerald Loacker. Allerdings müssten die Lohnnebenkosten gesenkt werden, damit die Bevölkerung über mehr Geld verfüge. 

Positive Reaktionen kamen am Mittwoch von der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) und der Industriellenvereinigung (IV). Das Paket greife unter die Arme, "wenn und wo es wirklich notwendig ist", so WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf. "Die aktuell vorgeschlagenen kurzfristigen und teils populistischen Eingriffe in den Bankensektor sind nicht zielführend und schaden dem Investitionsklima", sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.

"Bundesschatz-Anleihe kann Wettbewerb beleben"

Auch Thomas Url, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO), bewertete das Paket am Donnerstag weitestgehend positiv. Es sei verhindert worden, dass Haushalte, die in eine Notlage geraten, mit öffentlichen Mitteln aufgefangen werden müssen, so Url gegenüber "Ö1". Auch die Wiederbelebung der sogenannten Bundesschatz-Scheine bewertet der Ökonom – "indem sie womöglich für einen erhöhten Wettbewerb am Markt sorgen" – als probates Mittel, die Sparzinsen für Privatanleger zu verbessern. 

Die AK-Expertin ist diesbezüglich noch skeptisch: Die Bundesschatz-Anleihen werde man erst bewerten können, "wenn man sieht, wie hoch die angebotenen Zinssätze sein werden", so Zgubic. 

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