MAK-Generaldirektorin Lilli Hollein
"Ohne Hürden wäre es gar nicht so interessant"

Lilli Hollein ist Generaldirektorin und wissenschaftliche Geschäftsführerin im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien. | Foto: Katharina Gossow/MAK
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  • Lilli Hollein ist Generaldirektorin und wissenschaftliche Geschäftsführerin im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien.
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Lilli Hollein ist eine der erfolgreichsten Kulturmanagerinnen des Landes. Als erste Frau leitet sie seit 2021 das Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien. Davor stand sie viele Jahre an der Spitze der "Vienna Design Week" und war damit eine Schlüsselfigur der heimischen Designszene. Zudem ist Hollein Honorarprofessorin an der New Design University in St. Pölten sowie Mitglied des Universitätsrats der Universität für angewandte Kunst in Wien. Über ihren beruflichen Werdegang in der Kulturbranche, Hürden, ohne die es "gar nicht mal so richtig interessant" wäre, und das Abwiegen zwischen Job und Familie, berichtet die gebürtige Wienerin im Gespräch mit MeinBezirk.at.

Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?
Lilli Hollein: Das klingt ja fast, als wäre es einem passiert. Ich glaube, ich habe mich in diesen Beruf wirklich hineinentwickelt und die Basis dafür ist sicher immer schon ein Interesse an Kunst, an Kultur und an Gestaltung gewesen – auch Gestaltung im Sinne vom Gestalten einer Plattform für Kultur.

Als Sie dieses Interesse für sich entdeckt haben, welchen Ausbildungsweg haben Sie eingeschlagen?
Ich war schon in meiner Schulzeit in einem Schwerpunktgymnasium für bildnerische Erziehung. Ich habe dann Psychologie und später auf der Universität für angewandte Kunst Industriedesign studiert. Neben dem Studium habe ich sehr bald angefangen, im journalistischen Bereich zu arbeiten, eben aus diesem Antrieb heraus, vermitteln zu wollen. Ich habe über Architektur, über Design und über Kunst geschrieben.

Und wie ging es nach dem Studium weiter?
Nach dem Industriedesign-Studium habe ich zunächst sehr viel in diesem Bereich gearbeitet. Ich habe eine Reihe von Ausstellungsprojekten kuratiert, zwei Konferenzen für die Angewandte ausgerichtet und ich war Kommissarin für die Architekturbiennale in São Paulo. Mit der Gründung der "Vienna Design Week" begann dann ein 15-jähriges, sehr konzentriertes Engagement auf dieser Ebene.

2021 haben Sie dann als erste Frau die Leitung des Wiener MAK übernommen. Im Bewerbungsprozess haben Sie sich gegen 16 weitere Bewerberinnen und Bewerber durchgesetzt. Was war an dieser Stelle Ihrer Karriere der Schlüssel zum Erfolg? 
Ich glaube, was mich ausmacht und was ich auch im MAK einbringen kann, ist eine große Affinität und Wertschätzung für die Rolle von Architektur und Design als ein wichtiges Mittel zur Gestaltung unserer Gesellschaft und unserer Zukunft. Und einfach auch meine Lust daran, Inhalte so aufzubereiten, dass sie für viele Menschen zugänglich und interessant sind. Das ist sicher ein wesentliches Mindset für das Museum.

Es geht dabei also nicht nur um Leidenschaft und Expertise, sondern auch um die Lust an der Vermittlung?
Natürlich ist es wichtig, umfassend informiert und interessiert zu sein, konsequent dranzubleiben und die Lust daran nicht zu verlieren. Es geht aber nicht nur darum, Expertenwissen in einer Nische zu erwerben, sondern man muss gleichzeitig die Fähigkeit haben, das mit Alltagsfeldern zu verknüpfen. Also etwa zu überlegen: Warum kann das für Leute interessant sein? Man braucht eben beides: Ein gewisses Expertenwissen und eine immer gut genährte Neugierde sowie ein echtes Interesse daran, was Menschen interessiert und bewegt.

Sind Sie in Ihrer Berufslaufbahn auf Hürden gestoßen? Welche davon waren womöglich dadurch bedingt, dass Sie eine Frau sind? 
Der Berufsweg, bei dem man nicht auf Hürden stößt, der wäre auch gar nicht mal so richtig interessant. Wie viel davon anders gewesen wäre, wenn ich keine Frau wäre, ist schwer zu beantworten. Ich glaube, in der frühen Zeit meines Berufslebens war die Welt noch ein bisschen anders. Und ich glaube auch, dass sich gerade vieles wendet.

Viele Branchen werden nach wie vor stark von Männern dominiert – wie sieht es mit der Kultur aus? 
Die Kulturbranche ist überall dort, wo es um die Umsetzung geht, sehr weiblich dominiert – dort, wo man ran muss (lacht). In der Führungsebene war das eine Zeit lang anders, aber auch das hat sich in Österreich deutlich geändert.

Inwiefern haben Sie auch selbst zu einem solchen Umbruch beigetragen? 
Dass ich persönlich Frauen zumindest in gleichem Maße fördere, ist klar. Erfreulicherweise gibt es in Österreich eine Staatssekretärin, die darauf geachtet hat, dass auch die Spitzenpositionen der Kultur gleich verteilt sind. Es braucht hier Engagement auf allen Ebenen.

Als Mutter und erfolgreiche Kulturmanagerin: (Wie) Gelingt es Ihnen, Beruf und Familie zu vereinbaren?
Das ist natürlich oft eine Herausforderung, egal welcher Beruf es ist. In meinem Fall ist es einer, der sehr viele Abende in Anspruch nimmt, was sicher das Familienleben noch bunter gestaltet. Aber glücklicherweise geht meine Tochter sehr gern in Museen. Und jetzt mit 16 ist sie öfters dabei. Ich freue mich, dass ich immer einen Beruf hatte, der mich so erfüllt hat, wie es das Mutter-Sein auch tut.

Inwiefern braucht es mehr Anstrengungen aus der Politik, damit Frauen freier in der Gestaltung ihres Berufs- und Familienlebens sind (Stichwort: Care-Arbeit und Kinderbetreuung)?
In Sachen Kinderbetreuung sind wir in den Städten sicher privilegierter. Aber ich glaube, es muss einfach in der Gesellschaft weiterhin vorangetrieben werden, dass sich da mehr Bewusstsein dafür entwickelt: Dass wenn auf der einen Seite Frauen gleichermaßen im Berufsleben stehen, nicht alles, was eben Care-Arbeit ist, dort hängenbleiben kann. Das ist im Wesentlichen nicht nur eine politische Sache, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Da braucht es ein Umdenken, das ja teilweise auch schon stattfindet. Und was Frauen dazu beitragen können: Man muss Hilfe auch annehmen – dann wird es eben so gemacht, wie es jemand anderer macht. Da muss man manchmal auch von einem gewissen Perfektionismus ablassen können.

Welchen Tipp haben Sie für junge Frauen, die in der Kulturbranche erfolgreich sein möchten? 
Gerade in der Kultur: Zunächst einmal der Realität ins Auge blicken und sich nicht mit denen vergleichen, die sich für etwas anderes entschieden haben. Man wird in der Kultur nicht das erwirtschaften, was die Schulkollegin verdient, die beispielsweise Anwältin geworden ist. Aber man hat einen unglaublich erfüllenden Bereich, der einfach in einer ständigen Aktualität ist, weil Kultur so wichtig für das Heute und für die Kommentierung der Gegenwart ist. Und insofern ist mein Tipp für die Kultur, sich mit ganzem Herzen für das zu entscheiden, was man tut.

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