Klima-Nachfolge
Spanische Hofreitschule kriegt neue Führung

Die Stars der Spanischen Hofreitschule erhalten eine neue Leitung. | Foto: SRS/van Bakel
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  • Die Stars der Spanischen Hofreitschule erhalten eine neue Leitung.
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Am Mittwoch tritt der Aufsichtsrat der Spanischen Hofreitschule zur entscheidenden Sitzung zusammen, um zu klären, wer ab 1. Dezember die Leitung der traditionellen Reitschule übernimmt. Gegenüber den RegionalMedien Austria sagte der für die „Spanische“ zuständige Minister Norbert Totschnig, er vertraue darauf, dass der Prozess um die neue Führung "gut abgewickelt" werde.
 

ÖSTERREICH. Ab November 2022 soll es in der Spanischen Hofreitschule in Wien eine neue Geschäftsführung geben. Doch wer leitet in Zukunft dieses prestigeträchtige Haus? Am Mittwoch soll – früher als erwartet – die neue Führung bestimmt werden. Es soll diesmal keine "Promi-Lösung" werden, wie am Dienstag durchsickerte. 

Der Vertrag mit der aktuellen Geschäftsführerin und Ex-Frau von Altbundeskanzler Viktor Klima, Sonja Klima – die ehemalige Volksschullehrerin kam 2019 ins Amt und führt privat in Schönfeld (NÖ) einen Pferdebetrieb, – und dem seit 2007 im Amt befindlichen Erwin Klissenbauer, läuft aus. Beide haben sich um eine Vertragsverlängerung beworben.

Laufend Verluste geschrieben

Insider erhoffen sich, dass die neue Führung besser wirtschaften kann als ihre Vorgänger: Die Spanische erhielt in den Jahren 2014 bis 2019 unter Geschäftsführerin Elisabeth Gürtler von Bund und Ländern Niederösterreich und Steiermark in Summe 8,49 Millionen Euro an Subventionen und erwirtschaftete in diesem Zeitraum laufend Verluste, seit dem Geschäftsjahr 2017 gab es laut Rechnungshof keine innerbetriebliche Leistungsverrechnung zwischen dem Lipizzanergestüt Piber und der Spanischen Hofreitschule Wien, es gab auch kein umfassendes Internes Kontrollsystem, und es fehlte eine umfassende, gesetzlich festgeschriebene Zuchtstrategie. Im Rechnungshof-Bericht heißt es:

„Die wirtschaftliche Lage der Spanischen Hofreitschule erforderte immer mehr Vorführungen. Die Anzahl der Pferde, die für Vorführungen geeignet waren, blieb aber in den letzten Jahren nahezu unverändert. Dadurch bekamen Hengste vereinzelt nicht die entsprechende Zeit für eine Rekonvaleszenz.“

Die Pferdehaltung in der Stallburg der Wiener Hofburg entsprach aufgrund der baulichen Gegebenheiten und der fehlenden Flächen zur freien Bewegung nur eingeschränkt den heutigen Anforderungen des Tierschutzes. Darüber hinaus war die Belüftungsanlage seit Jahren außer Betrieb. 

Gürtler wollte zweite Equipe

Gürtler wollte zum Wohle der Finanzen eine zweite Equipe einrichten. Für Experten ein "Wahnsinn": Man köne nicht mit der gleichen Anzahl an Reitern doppelt so viele Pferde bewirtschaften. Ex-Oberbereiter Klaus Kriszch und Johann Riegler (beide wurden von Gürtler aus der Schule entfernt) sprachen von einem „aufgeblähten Apparat“ mit 200 Angestellten und dafür immer weniger Bereiterinnen und Bereitern, und kritisierten die Umstellungen unter der Führung unter der Sacher-Chefin Gürtler. Mehr dazu hier.

Zu wenig Auslauf, Pferde gesundheitlich angeschlagen

Nach einem Wechsel in der Geschäftsführung Anfang 2019 überarbeitete die Spanische Hofreitschule ihr Unternehmenskonzept 2019 bis 2023. In diesem waren die geplanten Umsatzerlöse aller fünf Jahre um 10,40 Millionen Euro höher als im ursprünglichen Unternehmenskonzept, und entsprach einer Steigerung um 18 Prozent. Doch auch unter Klima erntete die Hofreitschule mit Ex-Aufsichrsrat Johann Marihart viel Kritik - die Pferde hätten zu wenig Auslauf, ihre Gesundheit lasse aufgrund der Überlastung der Pferde zu wünschen übrig. Von einer zweiten Equipe – wie Gürtler sie einrichten wollten – war unter Klima keine Rede mehr.

Wirbel um private Reitstunden

Und dann platzte auch noch die Bombe: Marihart würde seinen privaten Lipizzaner gratis zu Lasten der Steuerzahler ausbilden lassen, hieß es im Oktober 2021 vom Rechnungshof – jetzt ermittelt die Justiz gegen den zurückgetretenen Marihart, es gilt die Unschuldsvermutung. Mehr dazu hier.

Auch ist die Schule in einen Arbeitsprozess mit einem ehemaligen Mitarbeiter involviert – die RegionalMedien haben berichtet. Der hoch qualifizierte Mitarbeiter wurde bis zur Klärung des ihm vorgeworfenen Fehlverhaltens suspendiert. Indes hat Martin Winkler, Vorstandschef des Österreichischen Verkehrsbüros, im April dieses Jahres das Ruder als Aufsichtsratsvorsitzender übernommen.

Rechnungshof: Zentrale Empfehlungen 2021

Wer auch immer die Schule in die Zukunft führen wird, die Person hat viel zu tun: Das Landwirtschaftsministerium sollte die jährlichen finanziellen Zuschüsse an die Hofreitschule und an Piber in Form einer Förderung auf Basis der Unternehmenskonzepte durch eine mehrjährige Basisabgeltung ersetzen, so wie bei Museen und Bundestheater, lautet eine der Empfehlungen des Rechnungshofs. Das Ministerium sollte zudem auf Basis einer Produktivitätsanalyse und eines Maßnahmenkatalogs mit der "Spanischen" eine verbindliche mehrjährige Leistungsvereinbarung zur effizienten Leistungserbringung und Finanzierung abschließen, und ein Controlling über Zielerreichung und Leistungserbringung gewährleisten.

Die Spanische Hofreitschule sollte außerdem angesichts der COVID–19–Pandemie das Unternehmenskonzept einer umfangreichen Neubetrachtung und Überarbeitung unterziehen. Die Abhängigkeit vom internationalen Städtetourismus wäre zu reduzieren und die Öffnung für das einheimische Publikum durch Entwicklung neuer Vorführungsformate, die zu einem wiederholten Besuch der Vorführungen anregen, zu forcieren.

Die standortbezogene Ergebnisrechnung wäre schließlich durch die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat der Spanischen Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber Gesellschaft öffentlichen Rechts zur Steuerung und Überwachung der effizienten Leistungserbringung einzusetzen. Die vorhandene Kostenstellen– und Kostenträgerrechnung wäre zu einer vollständigen Kostenrechnung auszubauen, um die Kosten sämtlicher Geschäftsbereiche aller Standorte transparent darstellen zu können. Dafür wäre eine umfassende Prozess– und Kostenanalyse aller Standorte durchzuführen. 

Totschnig: "Hohes Interesse" an guter Führung

Gefragt danach, ob diese Empfehlungen umgesetzt wurden oder man die Reitschule langsam sterben lassen will, meinte der für die Reitschule verantwortliche Minister Totschnig gegenüber den RegionalMedien Austria: "Nein, um Gottes willen, das wollen wir natürlich nicht!" Die Spanische Hofreitschule sei ein Kulturgut, sie gehört zu Österreichischen Identität. Wir sind wahnsinnig stolz auf diese Institution, sie zähle zum UNESCO-Kulturerbe. Die klassische Reitkunst und das Wissen, das hier gesammelt wird, "ist uns ein Herzensanliegen". Die Empfehlungen des Rechnungshofs würden ernst genommen und befinden sich bereits in Umsetzung. Dazu gehören etwa die Bereiche Management, Führung und Prozesse wie interne Revision, Leistungsvereinbarungen.

Seine Vorgängerin (gemeint ist Elisabeth Köstinger, Anm.) habe ein externes Projekt in Auftrag gegeben, wo es um zusätzliche Professionalisierungsschritte gehe, mit konkreten Zielen, welche die künftige Geschäftsführung umsetzen soll. Man müsse die Reitschule so aufstellen, dass sie künftig "wirtschaftlich abgesichert und erfolgreich ist, dass es den Pferden gut geht und die Reitkunst gesichert wird." Es gebe jedenfalls ein "hohes Interesse" daran, dass die "Spanische" in Zukunft gut geführt werde.

Winter-Pläne 2022

Das berühmte „Ballett der Weißen Hengste“ wird zum ersten Mal im Rahmen des Trakehner Hengstmarkts in der Pferdestadt Neumünster in den Holstenhallen am Mi.,30.11., Do.,1.12. und So., 4.12. 2022 dem deutschen pferdebegeisterten Publikum präsentiert. Auf der Fahrt von Wien nach Neumünster werden sie von Stallmeister Andreas Haipl und ihren vertrauten Pflegern begleitet. Danach geht’s weiter nach Dänemark und Norwegen mit Auftritten am Fr., 9.12. und Sa., 10.12. in der Royal Arena in Kopenhagen und am Fr., 16.12., Sa.,17.12. und So.,18.12. in der Telenor Arena in Oslo.

Nach einer kleinen Pause finden im Jahr 2023 weitere öffentliche Vorführungen statt: Am, Sa., 7.1. und So., 8.1. werden die Lipizzaner und die Bereiter:innen in Paris, in der La Defense Arena und in der Folge am Do., 12.1., Fr.,13.1., Sa., 14.1. und So., 15.1. in Basel in der St. Jakobshalle anlässlich des „CHI Classics Basel“ auftreten.

Acht Bereiterinnen und Berater, darunter zwei Oberbereiter, sowie bis zu 26 Pferde für sieben Programmpunkte stellen die Hohe Schule der klassischen Reitkunst auf der großen Tour durch Europa vor. Auf die Reise gehen 36 Transportkisten mit rund vier Tonnen Equipment, darunter weiße Hirschledersättel, Goldzäume, Samtschabracken, die berühmten Birkengerten und die Uniformen der Bereiter. Neben den Programmpunkten „Alle Gänge und Touren“, der Darbietung „Am Langen Zügel“ und den berühmten Schulsprüngen Levade, Courbette und Kapriole präsentieren die Bereiter:innen auch die „Große Schulquadrille“ mit acht Hengsten, die in feinst abgestimmter Choreographie Lektionen der Dressur zeigen.

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