Wirte-Sprecher Mario Pulker
"Vielen ist die Lust auf Arbeit vergangen!"
Der Arbeitskräftemangel in der Tourismusbranche treibt vielen Wirten den Schweiß auf die Stirn, viele sperren sogar zu. Arbeitsminister Martin Kocher will jetzt besonders in Bereichen mit hohem Arbeitskräftemangel, wie dem Tourismus, den Druck auf nicht willige Arbeitslose erhöhen. Für Wirtesprecher Mario Pulker ist diese Maßnahme "höchst an der Zeit", wie er gegenüber den Regionalmedien Austria (RMA) erklärt.
ÖSTERREICH. Besonders in Bereichen mit hohem Arbeitskräftemangel wie dem Tourismus soll jetzt Arbeitslosigkeit durch konsequentere Vermittlung bekämpft werden, kündigte Kocher an. Sei man in der Corona-Phase nachsichtig gewesen, so erhalte das Arbeitsmarktservice (AMS) nun neue Zielvorgaben. Die Verbindlichkeit einer Jobvermittlung soll über Sanktionen sichergestellt werden, wenn gegen die bestehenden Zumutbarkeitsbestimmungen verstoßen wird. Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe können bei Verweigerung einer zumutbaren Arbeit künftig sechs bis acht Wochen gestrichen werden.
RMA: Wie stehen Sie als Branchenvertreter zu diesen Maßnahmen?
Mario Pulker, Spartenobmann in der Wirtschaftskammer: Seit wir wieder geöffnet haben, fordern viele Branchenvertreter solche Maßnahmen, quer durch alle Bundesländer. Jetzt kommt die Regierung ins Tun. Es muss ja nicht jeder arbeiten, wenn er nicht will. Wer öffentliche Gelder in Form von Arbeitslosengeld bezieht, der muss auch arbeiten, wenn es Jobs gibt. Wenn ich aber nicht arbeiten will, dann kann ich nicht 50 Prozent vom Letztgehalt beziehen. Das geht sich nicht aus.
Warum ist gerade in dieser Branche die Arbeitslosigkeit so hoch? Hat das mit den niedrigen Löhnen zu tun?
Pulker: Betrachtet man die Kolletivvertragslöhne anderer Branchen, dann verdienen die Mitarbeiter gar nicht so wenig. Es geht nicht um die Bezahlung, sondern um nicht attraktive Arbeitszeiten. Die Beschäftigten müssen oft am Abend oder am Wochenende arbeiten, also dann, wenn andere frei haben. Wenn die Leute Familien gründen und Kinder haben, wollen sie auch nicht in Saisonbetrieben arbeiten, sondern in einen Ganzjahresbetrieb wechseln. Davon gibt es aber nicht so viele. Zusätzlich wollen die Menschen nach dem Lockdown, wo sie teils in Kurzarbeit zu Hause gesessen sind, generell nicht mehr arbeiten. Ihnen ist die Lust zum Arbeiten vergangen. Ich habe im Juni für meinen Betrieb in der Wachau vom AMS zwölf Stellenbewerber aus dem Bezirk bekommen, davon ist keiner zum Vorstellungsgespräch gekommen, manche haben mir geschrieben, dass sie nicht mehr arbeiten wollen. Die geplanten Maßnahmen sind also höchst an der Zeit.
Wirbel gab es Anfang Juli wegen Preissteigerungen in der heimischen Hotellerie und Gastronomie. Im EU-Vergleich seien diese seit dem Vorjahr mit 4,4 Prozent am meisten gestiegen, so das Statistische Amt der EU-Kommission (Eurostat). Für Pulker ist der Anstieg nach der Corona-Krise gerechtfertigt. Er fordert auch, dass die Getränkesteuer trotz hoher Förderungen weiter bei fünf statt zehn Prozent bleibt.
Preise generell zu niedrig
Zu den Preissteigerungen meint der Wirtesprecher: "Die 17 Cent, die ein Krügel Bier mehr kostet, wird sich jeder leisten können. Sonst geht man in ein billigeres Lokal oder zum Würstelstand." In keinem EU-Land könne man zudem um so wenig Geld so gut essen, wie in Österreich, so Pulker. Um betriebswirtschaftlich arbeiten zu können, würden Hotellerie und Gastronomie generell zu billig kalkulieren."
Das Durchschnittseinkommen für Kellner beträgt 1.727 Euro brutto pro Monat auf Basis Vollzeitbeschäftigung 40 h/Woche (ca. € 24.200 brutto pro Jahr), um 377 (-18%) Euro niedriger als das monatlichen Durchschnittsgehalt in Österreich. Als Kellner verdient man zwischen einem Minimum von 1.600 Euro brutto pro Monat und einem Maximum von über 2.140 Euro brutto pro Monat, zzgl. Trinkgeld (von 20 bis über 100 Euro pro Tag).
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