Mariana Kühnel, WKÖ
"Wir sehen einen Lehrlingsmangel in allen Berufen"

Mariana Kühnel im Gespräch mit Maria Jelenko. Chefredakteurin der RegionalMedien Austria. | Foto: Markus Spitzauer
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Warum sind so viele Lehrstellen unbesetzt? Und was tun dagegen? Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) gibt Antworten. 

ÖSTERREICH. Wir brauchen viele Fachkräfte, damit der Wirtschaftsmotor am Laufen bleibt. Jedes Jahr die gleiche Frage: Wie kann man die Lehre attraktivieren? Und welche Lehrstellen sind am beliebtesten? Was hat es mit den Green Jobs auf sich? Fakt ist: 75 Prozent der Schülerinnen und Schüler sind an Jobs mit Umwelt-Fokus interessiert, wie eine aktuelle Umfrage unter den Jugendlichen zeigt. 

RegionalMedien Austria: Laut market-Umfrage im Auftrag der Wirtschaftskammer (WKÖ) sind 75 Prozent der Schüler an Jobs mit Umwelt-Fokus interessiert. Wie wirkt sich das auf den Arbeitsmarkt aus?
Mariana Kühnel: Wir sehen noch großen Bedarf, "Green Jobs" wirklich in die Köpfe zu kriegen. Positiv ist, dass fast zwei Drittel der Jugendlichen ein Jobangebot in dem Bereich annehmen würden. Und auch Mädchen sind an "Green Jobs" – im Vergleich zu anderen technischen Berufen – überproportional interessiert. Das sind also enorme Hebel. Grundsätzlich ist Nachhaltigkeit, aber auch Digitalisierung eigentlich in allen 200 Lehrberufen abgebildet, weil diese alle fünf Jahre aktualisiert werden und sich nach dem Bedarf der Wirtschaft richten. Beim Thema Nachhaltigkeit werden traditionelle Berufe mit entsprechenden Inhalten ergänzt. Rauchfangkehrer sind z. B. stärker gefragt, weil sie zu Energieberatern ausgebildet werden, das Thema Solar liegt bei Dachdeckern bzw. Elektrotechnikern. Wir sehen in traditionellen Berufen dadurch auch einen Zuwachs der Lehrlingszahlen: Beim Elektro- und Gebäudetechniker sind es seit 2016 plus zwölf Prozent, beim Installations- und Gebäudetechniker plus 15 Prozent, Wohnbau liegt seit 2016 sogar im vierfachen Bereich. In manchen Berufen schlagen sich also Klimaschutz und Nachhaltigkeit sichtbarer nieder.

Alle fünf Jahre werden die Lehrberufe überarbeitet. Sind bestimmte Inhalte da nicht schnell überholt?
Die Firmen setzen die Schwerpunkte dort, wo Bedarf besteht. Wir haben in den Ausbildungsordnungen die Mindestanforderungen definiert, welche Kompetenzen ein Lehrling erwerben muss, damit er nach der Ausbildung den Beruf ausüben kann.

Aktuell sind beim AMS um fast 7.200 mehr offene Lehrstellen gemeldet als Lehrstellensuchende. In welchen Branchen ist der Mangel am stärksten? Und wie kann man die Lehrberufe attraktivieren?
Wir sehen einen Mangel in allen Berufen. Wir müssen deutlich mehr junge Leute in die Lehre bringen, denn diese ist ein Sprungbrett in den Beruf und ins Studium. Wir bieten 65.000 Jugendlichen pro Jahr in den Talentcentern und Schulen die Möglichkeit, herauszufinden, wo ihre Talente liegen, und zeigen Berufe auf, die passend sein könnten. Wir investieren sehr stark in zielgruppenspezifische Kampagnen. Zudem wollen wir junge Erwachsene für die berufliche Laufbahn gewinnen. Lehrlinge werden generell älter. Für die Duale Akademie werden seit heuer österreichweit MaturantInnen und StudienabbrecherInnen angesprochen, die Zukunftsberufe in verkürzter Lehrzeit abschließen können. Mit attraktiven Zusatzmodulen oder Auslandserfahrung wollen wir hier die Lehre zusätzlich schmackhaft machen.

Wie sehr spielen Bezahlung und Teilzeitanstellung eine Rolle bei der Behebung des Fachkräftemangels?
Teilzeitlehre ist derzeit nur für Personen mit besonderen Betreuungspflichten oder gesundheitlichen Einschränkungen möglich. Eine Viertagewoche würden ausbildende Unternehmen durchaus gerne anbieten, derzeit ist das aber schwer umsetzbar, weil Unternehmen zur Vollzeit-Ausbildung verpflichtet sind. Die Lehrlingseinkommen sind in den entsprechenden Kollektivverträgen geregelt und in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich erhöht worden. Elektrotechniker steigen etwa mit 726 Euro im ersten Lehrjahr ein und kommen im vierten Lehrjahr auf 1.603 Euro. Viele Betriebe sind zudem selbst kreativ geworden – es gibt sogar E-Scooter oder Führerscheine als Anreize.

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