Film von Heinz Trenczak.
3.400 Semmeln für den ersten Flüchtlingsansturm

Gestalter Heinz Trenczak

STAINZ. - Die Angelegenheit liegt schon etwas zurück und wird zudem von den aktuellen Ereignissen überlagert. Dennoch haben die Bilder von den Menschen, die 2015 nach Österreich drängten, nichts an Dramatik, Eindringlichkeit und Schärfe verloren. Die "StainZeit"-Veranstaltung am vergangenen Mittwoch im Dachbodentheater sollte daran erinnern.
Mit neun weiteren Kameraleuten machte sich Heinz Trenczak (78) daran, das Geschehen an der Grenze Spielfeld und die Unterbringung der Emigranten an steirischen Standorten zu dokumentieren und die menschlichen und politischen Hintergründe auszuleuchten. Mit „Silos Trieste“ und „Greek Diary“ hat der Regisseur und Autor, der die Filmgesellschaft „Vis-à-vis-Film“ in Köln leitet, Erfahrungen in der Behandlung von gestrandeten Menschen gemacht. Der Film „3.400 Semmeln“ kann somit als dritter Teil einer Trilogie angesehen werden.

Freiwillige Helfer als Rückgrat

Es konnten nur kleine Kameras verwendet werden, um nicht von Überwachungspersonal aufgespürt zu werden. Interne Szenen wurden auch von den betroffenen Menschen selbst aufgenommen. Als Titelgeber kann Klaus Leutgeb, der Pächter des Schwarzl Freizeitzentrums, angesehen werden, als er – in Kenntnis der Stationierung von Flüchtlingen in der Mehrzweckhalle – mit 3.400 Semmeln eine erste Versorgungbestellung aufgab.
Eine Aussage, die sich durch den ganzen Film zog: Ohne freiwillige Helfer und humanitäre Organisationen hätte der enorme Ansturm nicht bewältigt werden können. Die öffentlichen Stellen – so der Eindruck – waren eher auf der Bremse, anstatt sich in die Betreuung einzubringen. Österreichische Politiker waren da ebenso wenig ausgenommen wie bilaterale Strategien und EU-Stellen. Lange – vielleicht auch heute noch – galt die Verhinderung einer Einreise als Maxime. Es sollte alles unternommen werden, um die flüchtenden Familien in ihren Heimatländern zu halten.

Spracherwerb essenziell

Die Hilfe der Freiwilligen setzte umgehend ein. Geholfen wurde mit Lebensmitteln, Quartieren und persönlicher Betreuung. Das war nicht immer leicht, denn praktisch niemand der Betroffenen konnte Deutsch und nur die wenigsten Englisch. Dennoch zeitigte der persönliche Einsatz Erfolge, viele Freundschaften entstanden und zahlreichen Zugewanderten konnte ein wenig Privatsphäre vermittelt werden. Ganz besonders im Vordergrund stand bei den Emigranten der Wunsch Deutsch zu lernen und in Österreich arbeiten zu können. Auch ein Verdienst der humanitären Initiativen: Die Bevölkerung wurde durch öffentliche Veranstaltungen, Statements und Auftritte informiert und sensibilisiert. Der Tenor: Das Blockieren von Grenzen ist menschenverachtend.

Schreckliche Schicksale

Zu den Flüchtlingen: Die meisten von ihnen hatten daheim ein intaktes Leben, aus dem sie durch politische Veränderungen urplötzlich herausgerissen wurden. Oft genügte die Zugehörigkeit zu einem Berufsstand, einem Familienverbund oder einer – von den Machthabern als verpönt eingestuften – Vereinigung, um bedroht, gefoltert oder getötet zu werden. Aus dieser Sicht ist es verständlich, dass die Menschen diesen Verhältnissen entkommen wollten und dafür immense Strapazen auf sich nahmen. Viele – auch das wurde im Film thematisiert – überlebten die Flucht nicht. Einige Aussagen von Schicksalen der Betroffenen boten ein erschreckendes Bild davon.
Nach dem Film stand Gestalter Heinz Trenczak den Besuchern Rede und Antwort. „Er soll sich im Kopf abbilden“, gab er sich sicher, dass der Film viel an Information gebracht haben sollte.

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.