Buchpräsentation in Löffelbach
Die Geschichte der Tiefkühlhäuser in der Steiermark

Karl Harzl, Uta Höbel (2., 3. v.l.) und das Autorenduo Anita Ziegerhofer, Helmut Eberhart (5., 6. v.l.) | Foto: KK
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  • Karl Harzl, Uta Höbel (2., 3. v.l.) und das Autorenduo Anita Ziegerhofer, Helmut Eberhart (5., 6. v.l.)
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In einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt wurde von Anita Ziegerhofer und Helmut Eberhart von der Karl-Franzens-Universität Graz die Geschichte der Tiefkühlhäuser in der Steiermark untersucht. Im Buch scheint Karl Harzl aus Stainz, der Gründungs- und langjährige Obmann der Tiefkühlgemeinschaft Stainz, als wesentlicher Informant auf.

STAINZ - Bereits im Jahr 1993 widmete sich der Hobbyfilmer Anton Schuller dem Bereich Tiefkühlhäuser in der Steiermark. Der Film wurde bei der Präsentation des Buches „Eine Geschichte der Tiefkühlhäuser in der Steiermark“ am vergangenen Freitag in Löffelbach nahe Hartberg, einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt der Karl-Franzens-Universität Graz, gezeigt. Die Autoren, Helmut Eberhart vom Institut für Kulturanthropologie und europäische Ethnologie, und Anita Ziegerhofer vom Institut für rechtswissenschaftliche Grundlagen, hatten sich – wie im Untertitel zu lesen – auf eine „frostige Spurensuche“ gemacht und auf 270 Seiten Wissenswertes über insgesamt 400 steirische Tiefkühlhäuser zusammengetragen. „Die Geschichte der Tiefkühlhäuser neigt sich ihrem Ende zu“, hieß Bürgermeister Herbert Rodler in seinen Grußworten neben vielen Besuchern LAbg. Hubert Lang, Simon Koiner von der Volkskultur Steiermark GmbH und Karl Harzl, einen Zeitzeugen der seinerzeit größten Tiefkühlanlage in der Steiermark, willkommen.

Erste Kaltraumanlage in Krottendorf

Als Vorläufer der industriellen Tiefkühlhäuser kann wohl der private Eiskeller genannt werden. Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg wurden aber Bemühungen sichtbar, Interessenten die Lagerung von Gütern und Produkten in Tiefkühlhäusern zu ermöglichen. Kaltraum- oder Warmraumanlage lautete die Frage, die sich die Betreiber stellten. Zur Unterscheidung: Bei Ersterem werden alle Raum gekühlt, bei Zweiterem nur die Aufbewahrungsfächer. Als erste Kaltraumanlage gilt das Tiefkühlhaus in Krottendorf nahe Weiz, die erste Warmraumanlage wurde in Kirchbach in der Oststeiermark errichtet. Das Buch befasst sich ausgiebig mit den Voraussetzungen, dem Bau und dem Betrieb von Tiefkühlhäusern bis hin zum Ablauf im Alltagsgeschäft. Auch wird dargestellt, warum die Einrichtungen letztlich dem Niedergang ausgesetzt waren.

Erste Gespräche mit Graf Franz Meran

Einen prominenten Platz nimmt im Buch die Anlage der Tiefkühlgemeinschaft Stainz ein, die ganz eng mit dem Namen Karl Harzl, Besitzer vulgo Griaßannerl, verbunden ist. Er war es, der vorbereitende Schritte setzte, sich um die Realisierung bemühte und der Gemeinschaft 53 Jahre bis 2013 als Obmann vorstand. Im Ort daheim, überlegte er bereits 1958 den Bau eines Tiefkühlhauses im 17 Hausnummern umfassenden Neurath. Recht bald kam er zur Einsicht, dass es zum erfolgreichen Betrieb einer größeren Einheit bedurfte. Zunächst fasste er ein leerstehendes Molkereigebäude ins Auge, nach einer reiflichen Überlegung und etlichen wohlwollenden Gesprächen mit Franz Graf Meran kam es zum Ankauf eines Grundstückes im Bereich der Klosterhöhe durch die Gemeinde Stainz mit Bürgermeister Franz Ulz, die das Areal der Tiefkühlgemeinschaft zu deren Nutzung überließ. Im Hintergrund spielte der Gedanke mit, dass durch die Stromabnahme das Elektroversorgungsunternehmen der Gemeinde gestärkt werden sollte.

Segnung der Anlage im Juni 1960

Nächster Schritt war die Planung des Gebäudes und der Gefrieranlage. Bereits in dieser Phase war ein großes Interesse in der Bevölkerung absehbar. „Wir haben vier Größen vorgesehen“, erinnert sich Karl Harzl, dass insgesamt 256 Fächer mit Inhalten von 150, 200, 250 und 300 Liter errichtet wurden. Großzügig bemessen wurde auch der Arbeitsraum, um gleichzeitig drei Nutzer arbeiten zu lassen. Nicht vergessen wurde auf eine Kloanlage, es konnten somit auch Schulungen im Tiefkühlraum gemacht werden. Ebendiese Schulungen fanden einen begeisterten Anklang. Als Spezialistin war Uta Höbel von der Bezirkskammer Deutschlandsberg dabei, die auch Vorträge in Gasthäusern hielt und auf die die Lagerzeiten bei den Lebensmitteln hinwies. Im Test wurde etwa nachgewiesen, dass eine Nusstorte bis zu 26 Monaten tiefgekühlt werden kann. Über alle Erkenntnisse aus den Versuchen wurden die Mitglieder auf dem Laufenden gehalten. Die Segnung der Anlage durch Dechant Karl Neuhold fand schließlich am 6. Juni 1960 statt.

Gutes Verhältnis unter den Mitgliedern

Auch logistisch wurde nichts dem Zufall überlassen. So wurde jedes Mitglied mit einem Eingangs- und seinem Fachschlüssel ausgestattet. „Bei Verlust“, so Karl Harzl, „waren oft aufwändige Reparaturarbeiten notwendig.“ Ganz allgemein wurde nach dem Zentralschließanlagenprinzip vorgegangen, das ein Nachmachen einzelner Schlüssel unmöglich machte. In den Anfangsjahren wurde den Bauern, die Hausschlachtungen machten und ein Fach besaßen, erlaubt, Jungrinder auszuschlachten und nach einer Auskühlzeit von acht Tagen zum Verkauf im Kühlhaus anzubieten. Die Anzahl der im Vorkühlraum deponierten Stücke wurde kontrolliert. „Das Verhältnis zu den Mitgliedern war sehr gut“, verweist Karl Harzl, Ehrenringträger der Gemeinde, Bezirkskammerrat und langjähriger Gemeinderat, auf viele Zusammenkünfte, Weihnachts- und Jubiläumsfeiern. Wobei er einschränkt: „Einzig bei den Generalversammlungen hat die Gemeinschaft die Kosten übernommen.“
Buchbestellungen sind im Buchhandel oder im Leykam Universitätsverlag möglich.

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