Landwirtschaftliche Fachschule Stainz.
Ein polarisierendes Schulgebäude

Blick auf den Internatstrakt | Foto: Gerhard Langmann
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Heuer vor fünfzig Jahren wurde das neue Schulgebäude der Landwirtschaftlichen Fachschule eröffnet. Im Rahmen des Architektenbewerbes im Jahr 1966 kam eine elfköpfige Jury zur Entscheidung, dem Flachdachprojekt der Grazer Architektengruppe Frisee/Ivants/Kapfhammer den Zuschlag zu erteilen.
So weit, so gut. In der Folge entwickelte sich eine Gegenbewegung, die sich für das Satteldachprojekt des Stainzer Architekten Fritz Wolfbauer stark machte. In einer Interessentenversammlung am 29. Juni 1966 prallten die Meinungen mit voller Wucht aufeinander. Mit Emotionen wie Lokalpatriotismus und Heimatgefühl wurde – sinnigerweise im Gasthof Wolfbauer - gegen das für damalige Verhältnisse avantgardistische Projekt agitiert. Die Befürworter der zweitgereihten Wolfbauer-Einreichung verstiegen sich sogar in einer Petition an Wohnbaulandesrat Friedrich Niederl und Landeshauptmann Josef Krainer I, in dem sie bei Umsetzung des Siegerprojektes „Folgen“ androhten. In der Hitze der Auseinandersetzung wurden offensichtlich „vergessen“, dass das Satteldachprojekt Wolfbauer einen rund vier Mio. Schilling (ca. 290.000 Euro) teureren Kostenvoranschlag aufwies.

Zuschlag für das Flachdachprojekt

Einige Argumente sollten doch angeführt werden. In eine weststeirische Landschaft passt einzig ein Satteldach! Das prächtige Schloss verträgt keinen weiteren optischen Schwerpunkt! Die Sichtbauweise ist unansehnlich! Das flache Dach ist im Hinblick auf Niederschläge problematisch! Die Bauernbuben werden sich in einer modernen Schule nicht wohlfühlen!
Der Bau wurde 1972 vollendet und seiner Bestimmung übergeben. Mittlerweile sind – wie gesagt – fünfzig Jahre in das Land gezogen. Die Baukosten beliefen sich auf 25 Mio. Schilling (gut 1.800 Mio, Euro) Man kann sagen, dass sich die Befürchtungen der Projektgegner nicht bewahrheitet haben. Im Gegenteil: Der Bau hat sich als vorausschauend-moderne Stilrichtung etabliert, die von Schülern, Lehrern, Eltern und mit Verzögerung auch von der Bevölkerung gut aufgenommen wurde. Wegen seiner besonderen Architektur ist es ein geschütztes Baudenkmal. „Die Schule wirkt als gelungener Gegenpol zum Schloss und der Kirche“, lautete die Meinung des damaligen Bürgermeisters Dr. Johann Neubauer.

Gliederung in mehrere Baukörper

Der Strenge der Baumaterialien Beton und Glas, denen der Vorzug gegenüber den althergebrachten Baustoffen Holz und normalem Mauerwerk gegeben wurde, wurde ihre Wirkung durch die Gestaltung in mehreren Baukörpern in unterschiedlicher Höhe und Größe genommen. Im Inneren herrscht eine sehr klare Gliederung in Schul-, Internats- und Öffentlichkeitstrakt. Im Schultrakt befinden sich drei Klassenzimmer, eine Pausenhalle, das Sekretariat mit Direktionsbüro und ein Lehrerzimmer (wird mittlerweile als Büroraum genutzt). Im Untergeschoß sind gut ausgestattete Praxisräume für Landtechnik, Holzbearbeitung und Fleischverarbeitung untergebracht.
Eine Ausbildung der bäuerlichen Jugend für den Raum Stainz wurde aber bereits deutlich früher angeboten. Eingebettet in die Initiative des Volksbildungsheimes aus dem Jahr 1954 gründeten sich in allen größeren Orten eine „Bäuerliche Fortbildungsschule“. Sie wurde dreijährig geführt, eintreten konnten alle Jugendlichen zwischen 15 und zwanzig Jahren. Mit der Leitung wurde der junge Hauptschullehrer Hugo Krois beauftragt. Das Interesse der Bauernschaft war anfangs nicht sehr groß, erst durch mühevolle Kleinarbeit, Hausbesuche und entsprechende Aufklärung fand die freiwillige Schule nach einigen Jahren volle Anerkennung.

Ausbildung der bäuerlichen Jugend

Als nächster Ausbildungsschritt für die Jugend in der Landwirtschaft ist die zweijährige „Bäuerliche Berufsschule“ anzusehen, die sich im Jahr 1962 konstituierte. Basis war die Schulpflicht für alle in der Landwirtschaft tätigen Mädchen und Burschen. Der Unterricht gliederte sich in den Fachunterricht und die allgemeinbildenden Fächer. Unterrichtet wurden die Jugendlichen von interessierten und befähigten Volks- und Hauptschullehrern und Fachkräften der Landwirtschaftskammer. Das Ende dieses Schulzweigs wurde 1970 eingeläutet, als die Schulgesetze eine Internatspflicht vorsehen, Stainz aber kein Internat sein Eigen nennen konnte.
Der Wunsch nach einer eigenen Landwirtschaftsschule im weststeirischen Raum, wie sie in anderen Regionen (etwa Ackerbauschule Grottenhof im Jahr 1867) bereits bestanden, wurde Ende der 1950-er-Jahre immer stärker. Als treibende Kräfte können Bauernkammerobmann Seiner und die Landjugendobleute Ignaz Grinschgl und Franz Ninaus angesehen werden. In einer Petition an LH Josef Krainer I wurde die Frequentierung der Schule mit den rund 190 jährlichen Hofübergaben, die bei einem Schulbesuch von einem Drittel bereits 63 Schüler:innen bedeuten würde, begründet.

Selbstständige Fachschule

In der Folge begannen die politischen Mühlen schneller zu mahlen. 1960 wurde als Expositur der Fachschule Grottenhof-Hardt die Weststeirische Bauernschule auf Schloss Hornegg ins Leben gerufen. 1964 war die Schule in der Obst- und Weinbauschule Silberberg untergebracht, wegen Platzmangels musste 1968 in den Gasthof Harkamp in Flamberg ausgewichen werden. Das war aber bereits die Zeit, als am Neubau der Schule am heutigen Standort gearbeitet wurde. Am 2. November 1970 nahmen 57 Schüler:innen des 10. und 11. Jahrgangs von neuen Schulgebäude Besitz, mit 1. Jänner 1971 bekam die Ausbildungsstätte schließlich ihren Status als selbstständige Fachschule.
In den Anfangsjahren wurde die Schule als Winterschule (zwei Mal sechs Monate) geführt. Erstmalig wurde dabei eine Landwirtschaftsschule installiert, der kein bäuerlicher Betrieb angeschlossen ist. Das Ziel war, junge Bauernburschen und -mädchen eine umfassende praxisbezogene Ausbildung zu bieten. Im Lehrplan werden dabei alle Produktionsmöglichkeiten und landwirtschaftlichen Fachgebiete berücksichtigt. Die Praxis (Landtechnik, Holzbearbeitung, Fleischverarbeitung) wurde in bestens ausgestatteten Lehrwerkstätten unterrichtet.

Bisher sieben Schulleiter

Die Winterschule wurde – in Kenntnis, dass ein permanenter Wechsel vom Voll- zum Nebenerwerbsbauern stattfand – 1975 von der zweijährigen Landwirtschaftsschule abgelöst. Hier ging es darum, den Schülern:innen Wissen über den bäuerlichen Beruf hinaus zu vermitteln. Schulberechtigt waren Schüler von 14 bis 16 Jahren, die Schule wurde als letztes Pflichtschuljahr anerkannt.
Als nächster Schritt folgte die Installierung der vier- (ab 1985) bzw. dreiährigen (ab 1995) Fachschule. Die ersten beiden Jahre sind der umfassenden fachlichen Ausbildung im Ausmaß von etwa 1.100 Unterrichtsstunden gewidmet, im dritten Jahr stehen die Fremdpraxis und der Betriebsleiterlehrgang an.
Erster Leiter der Fachschule Stainz war Hans Hafner (1970/71), auf ihn folgten Josef Riegler (1971-72), Anton Arnhold (1972-1985) und Erich Kormann (1985-2000). Unter Johannes Schantl (2001-2010) bekam die Schule den Namenszusatz Erzherzog-Johann-Schule. Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass viele zukunftsträchtige Ideen (etwa Waldpartnerschaft mit der Sparkasse, Schwerpunkt Grünen-Bildungszentrum, Umstieg auf Biomasseheizung, Partnerschaft mit ausländischen Schulen) umgesetzt wurden. Vom Schüler über den Lehrer bis zum Direktor schaffte es Franz Mörth, der die Schule von 2011 bis 2017 führte. Ab dort ist Johannes Kollmann Direktor der Schule.
Die LFS Stainz bietet auf drei Ebenen die Basis für eine erfolgreiche Zukunft: Grundlage zur Führung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes, Basis für mehrere gewerbliche Berufe, gezielte Persönlichkeitsentwicklung. Als Motto gilt: Ich lerne nicht, weil ich muss, sondern, weil ich will!

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