2005 Zusammenschluss von Gendarmerie und Polizei.
Exekutive in Stainz seit 170 Jahren

Polizeiwallfahrt 2013 in Stainz
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So verwegen es klingt: Bereits in der Antike gab es Einrichtungen mit ähnlichen Aufgaben, wie sie heute der Exekutive obliegen. Das Römische Reich setzte auf Wachkörper aus den Reihen der Soldaten und aus dem Mittelalter sind Begriffe wie Stadtknecht oder Nachtwächter bekannt. Es war Frankreich, in dem „gens d’armes“ (Leute in Waffen) zur öffentlichen Sicherheit aufgestellt wurden. Als Kaiser Franz Joseph I nach der März-Revolution von 1848 Unruhen in der Monarchie befürchtete, installierte er nach französischem Vorbild ein eigenes Sicherheitssystem, das – vor allem auf dem flachen Land – für Ruhe und Ordnung sorgen sollte. Diese Landessicherheitswache figurierte unter der Bezeichnung Gendarmerie.
Das Gendarmeriekorps unter der Leitung von Johann Franz Kempen Freiherr von Fichtenstamm wies sehr stark militärische Strukturen auf. Sie wurden mit rechtlichen Grundlagen, örtlichen Zuständigkeiten, neuer Adjustierung und angemessener Bewaffnung versehen. Die Zahl der Gendarmerieposten wuchs laufend und förderte einen starken Personalmangel zutage, der mit der Verpflichtung von Militär-Bediensteten kompensiert wurde. Wesentliche Gründe für den Personalmangel waren die schlechten Arbeitsbedingungen und die karge Bezahlung.

Zivile Entscheidungsträger

Die Reform aus 1860 zielte auf die Verlagerung des Einflusses vom Militär hin zu zivilen Institutionen (etwa Bezirksgerichte) ab. Zunächst waren Marburg und Laibach die Stützpunkte der Gendarmerie, 1868 wanderte die Entscheidungsgewalt wieder nach Graz. Das Gendarmeriegesetz 1894 brachte neue, sehr strenge Bestimmungen für die Beamten. Vorgegeben wurden nicht nur Uniformen, Distinktionen und Dienstzeiten, auch die Bewilligung zur Eheschließung (nicht jeder Gendarm durfte heiraten) war klar geregelt. Und das alles getrennt nach den Sprachen der Kronländer.
Dennoch brachte die neue Gesetzeslage einen Aufschwung des Gendarmeriewesens mit sich. Über 200 Posten gab es in der Steiermark, großer Wert wurde auf Weiterbildung, die Ausstattung mit Fahrzeugen (Fahrräder und erste Automobile), die Forcierung neuer Techniken und den Einsatz von Diensthunden gelegt. Mit der Gendarmeriezeitung gab es auch ein erstes Informationsmedium für die Mitarbeiter. Hier steht noch die männliche Form, eine erste Frau trat Franziska Wessely als Innendienstbeamtin der Polizei im Jahr 1909 in Erscheinung. Es herrschte, so ist zu lesen, eine historisch gewachsene Unvereinbarkeit von Polizei und Weiblichkeit vor. Noch eines drauf: Anna Vogel, die erste Polizeioffizierin, wurde erst 1955 installiert. Bei der Gendarmerie dauerte die Gleichstellung noch länger, erst 1984 wurden Frauen in den Dienst aufgenommen. Heute beträgt der Frauenanteil – die formell mit den Männern gleichgestellt sind – rund 15 Prozent.

Wirren in der Zwischenkriegszeit

Der Erste Weltkrieg brachte mit sich, dass Gendarmen für militärische Aufgaben (Überwachung von Kriegsgefangenen, Einsatz gegen Tumulte oder echter Kriegsdienst) herangezogen wurden. Nach Kriegsende wurde der Gendarmerie eine neue Organisationsstruktur verpasst. Mit Kärnten, Nieder-, Oberösterreich, Salzburg, Tirol und der Steiermark wurden sechs Landesgendarmeriekommanden installiert. Die geringe Zahl von damals 1.121 Beamten in der Steiermark wurde mit Assistenzgendarmen aufgefüllt. Der Begriff Bundesgendarmerie, die im Innenministerium angesiedelt war, wurde 1920 etabliert. Es gab ein neues Dienstgesetz, das eine klare Besoldung, Uniformen und Chargenbezeichnungen brachte. Der Innen- wurde vom Außendienst getrennt, zudem wurden eine Ausforschungsabteilung ins Leben gerufen und das Funknetz ausgebaut.
Die 1930-er-Jahre waren geprägt von politischen Unruhen. Auch Stainz war davon betroffen, im Frühjahr 1934 verschaffte sich der Attentäter Anton Frangesch Zugang zum Posten und erschoss den Kommandanten Josef Weinmann und den Beamten Alois Michl. Endgültig dem Nationalsozialismus unterworfen wurde die Gendarmerie nach der Übernahme Österreichs. Major Rudolf Sager hatte die Befehlsgewalt, es kam zu Säuberungswellen und Exekutionen, Beamten mussten den Diensteid auf den Führer ablegen. Die Gendarmerie als Exekutivorgan wurden in Staatspolizeistellen umgewandelt.

Steter Aufschwung nach dem Krieg

Nach dem Krieg herrschten bedrückende Verhältnisse. Mit Major Franz Zenz wurde im Mai 1945 ein neuer Landesgendarmeriekommandant bestellt, die triste Personalsituation wurde durch Hilfsgendarmen ein wenig entschärft. Gesetzlich wurden die vor 1938 geltenden Regelungen wieder in Kraft gesetzt. Die Stützpunkte wurden von der britischen Besatzungsmacht zugewiesen. Dennoch gab es eine positive Entwicklung, was die Ausrüstung mit technischen Geräten, Fahrzeugen und die Nachrichtenverbindungen anlangte. Es kamen neue Uniformen, Bereitschaftsdienste wurden erlassen und neue Amtsdienstzeiten eingeführt. 1949 griff der Aufbau der B-Gendarmerie als Vorbote zum Bundesheer Platz. Auch wurden ehemalige Kasernen als Stützpunkte genützt. Nach 1955 wurde die Zuständigkeit der Gendarmerie innerhalb der Landesgrenzen definiert. Sie erfuhr eine starke Aufwertung, Grenzkontrolle, Strahlenschutz und Personenschutz (etwa Graz-Besuch Königin Elizabeth II im Jahr 1969) kamen als Aufgaben dazu, erste Auslandseinsätze wurden absolviert.
In der Zeit um 1850 taucht im Kreis Graz erstmals der Name Stainz (war damals Bezirkshauptmannschaft) als Sitz eines Postens auf, der für die Bereiche Deutschlandsberg und Voitsberg zuständig war. Dem Posten zugewiesen waren sechs Beamte und vier Pferde, der Aufgabenbereich erstreckte sich auf Patrouillentätigkeit und Vorgehen gegen Bettler, Vermögensdelikte, Sittlichkeitsverbrechen und Ruhestörungen. Der Umgang mit den betroffenen Menschen war recht rüde, die gesetzlichen Bestimmungen wurden gar als „Prügelpatent“ bezeichnet.

Die Gendarmerie Stainz

In den Unterlagen des Steiermärkischen Landesarchivs ist 1852 als Gründungsdatum für den Gendarmerieposten Stainz genannt. Angaben über die ursprüngliche personelle Besetzung finden sich nicht. Die ersten Aufzeichnungen datieren aus 1874, in dem Moritz Freis als Kommandant und Josef Freitag, Klement Meischinger, Josef Palli und Franz Collin als Beamte genannt werden. Erster Standort der Gendarmerie war beim Besitzer Andreas Fink, Hauptplatz 60. Nacht acht Jahren übersiedelte sie zum Besitzer Johann Gamsjäger, Grazer Straße 11, um 1867 zum vorherigen Standort zurückzukehren. Bis 1870 bot der Besitzer Josef Pfaller dem Posten Quartier, für die nächsten 36 Jahre fand die Gendarmerie dann beim Besitzer Anton Neuhold, Bahnhofstraße 38, ihre Unterkunft. Ihr nächstes Domizil bis 1970 war bei Besitzer Franz Grinschgl, Hauptplatz 57, danach wechselte sie in das ehemalige Arrestgebäude beim alten Bezirksgericht, wo sie heute noch untergebracht ist.
Der anfängliche Einsatzbereich erstreckte sich im Wesentlichen auf die heutigen Gemeinden Lannach, St. Josef, St. Stefan und Stainz und umfasste rund 16.000 Einwohner. Mit der Bildung der Posten Groß St. Florian (1887), St. Stefan (1902), Bad Gams (1905) und Lannach (1906) wanderten die meisten Gemeinden dorthin. Ganz interessant: 1919 wurde ein Posten Mettersdorf eingerichtet, nach fünf Jahren aber wieder geschlossen.

Wechsel von Gendarmerie zur Polizei

In den 1990-er-Jahren wurde von der Politik auf eine Reduzierung der Postanzahl gedrängt, vor allem kleine Standorte wurden ins Visier genommen. Noch einschneidender verlief aber das Jahr 2005, als der Beschluss von Innenminister Ernst Strasser nach einer Übergangszeit von fünf Jahren umgesetzt wurde. Von der Zusammenlegung erfasst waren Gendarmerie, Polizei und Kriminalbeamtenkorps. Mit der Umsetzung in Stainz war Chefinspektor Alois Öxl, der später zum Bildungszentrum der Sicherheitsakademie wechselte, betraut. Seit März 2011 steht Kontrollinspektor Gerhard Bauer, der davor 14 Jahre den Posten Arnfels leitete, der Polizeiinspektion in Stainz vor. 16 Beamte sind der Dienststelle zugeteilt, die ursprünglichen Aufgaben wie Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit können auch noch heute als wesentlicher Aufgabenbereich bezeichnet werden. Vor 170 Jahren noch nicht auf dem Radar: eine Pandemie, die für große Belastung sorgt und ein Verkehrsaufkommen, das über 400 Einsätze im Jahr nach sich zieht.

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