Ein Abschlussfest mit gemischten Emotionen
Und wieder ist eine kleine Landschule von der Bildfläche verschwunden

Die "vier Musketiere" mit Bgm. Josef Waltl, BEd Michaela Maier, Direktorin Evelyn Habenbacher und SQM RR Heinz Zechner (v. l.) im Klassenzimmer | Foto: Josef Fürbass
3Bilder
  • Die "vier Musketiere" mit Bgm. Josef Waltl, BEd Michaela Maier, Direktorin Evelyn Habenbacher und SQM RR Heinz Zechner (v. l.) im Klassenzimmer
  • Foto: Josef Fürbass
  • hochgeladen von Josef Fürbass

Das Orchester probte noch eifrig, als sich die ersten Gäste bereits im Schulhof zum Abschlussfest versammelten. Und doch lag etwas Wehmut in der Luft. Der Grund dafür: Die Volksschule Steyeregg wird mangels Schüler zugesperrt! Hinter den vier Buben, die hier zuletzt unterrichtet worden waren, fiel nach der Zeugnisvergabe die Schulhaustür für immer ins Schloss. Nun heißt es nach vorne schauen. Eine Nachnutzung im Bereich der Kleinkinderbetreuung steht auf sicheren Beinen. Im Herbst steht ein Neustart bevor!

(jf). Lange schlafen, spielen, ans Meer fahren – in den Sommerferien lässt sich all das machen, wofür unterm Jahr die Zeit fehlt. In Limberg bei Wies wurde das Abschlussfest mit gemischten Gefühlen gefeiert: Es hat dort nämlich die allerletzte Zeugnisverteilung stattgefunden; denn die Volksschule Steyeregg wird zugesperrt. Für Gemeinderätin Sonja Moser geht damit ein großes Stück Schulgeschichte zu Ende. „Das ist schade, aber die schönen Erinnerungen bleiben. Ich bin stolz darauf, dass ich hier in die Schule gehen durfte und bin froh darüber, dass das Haus wieder mit Leben aufgefüllt wird.“

Aus für die Volksschule Steyeregg bei Wies

Am 3. November 1874 fand die feierliche Eröffnung der Volksschule Steyeregg statt, mit Ende des Unterrichtsjahres 2018/19 kam das Aus. Evelyn Habenbacher, Direktorin der VS Wies, die seit zwei Jahren auch die VS Steyeregg leitete, brachte anlässlich der ganz besonderen Schlussfeier Passagen aus der fast 150-jährigen Chronik zum Vortrag. Im Jahr 1895 besuchten 118 Kinder die Schule und saßen in einem Klassenzimmer. 1920/21 erreichte die Schule mit 133 Kindern einen Höchststand, und es wurden kurzfristig sogar drei Klassen gebildet. Leider finden man auch traurige Eintragungen. Einige Kinder starben an Masern, einige fielen einer Ruhrepidemie zum Opfer. Von 1978 bis 2017 leitete Erich Baumann die Schule.
Michaela Maier war in den letzten beiden Jahren als engagierte Lehrerin in der VS Steyeregg tätig: „Der Unterricht mit so wenigen Kindern birgt seine ganz eigenen Herausforderungen.“ Jedoch nicht in jedem Fach sei eine kleine Gruppe von Vorteil. „Zum Beispiel, wenn man Völkerball spielen möchte...“ Die Zeit in Steyeregg wird ihr vermutlich für immer in Erinnerung bleiben. „Auch wenn ich in den letzten Jahren wegen der Einklassigkeit zwangsläufig die meiste Zeit alleine hier war, habe ich mich nie alleingelassen gefühlt. Danke dafür.“

„Wenn man mit einer lieben Gewohnheit abschließen muss, dann schaut man mit einem Auge traurig und in Wehmut zurück, aber man soll es nicht verpassen, mit dem anderen Auge wieder mit Hoffnung nach vorne zu blicken.“

VS-Direktorin Evelyn Habenbacher

Für RR Heinz Zechner, Schulqualitätsmanager der Bildungsregion Südweststeiermark, ist jede Schließung einer Schule ein Verlust. Er habe mit der Marktgemeinde Wies, der Direktion und den Eltern eine Reihe von Gesprächen über die Zukunft und das Ende der Schule geführt. „Dieser Prozess ist sehr harmonisch verlaufen und wurde so professionell abgewickelt. Dafür möchte ich mich bedanken.“ Auch aus pädagogischer Sicht streute Zechner Blumen. Die Ausbildung der Schüler sei in guten Händen gelegen.
Die Buben Marcel, Mahdi, Markus und Abulfazl, die sich laut ihrer Lehrerin gerne als „Die vier Musketiere“ bezeichnen, schilderten das spezielle Jahr aus ihrer Sicht. „Unvergessen bleibt die Zeit, keiner nimmt sie uns je weg. Freundschaft und Erinnerungen von der Volksschule Steyeregg.“ Das „Universalorchester“ der drei VS Wies, Steyeregg und Wernersdorf umrahmte unter der Leitung von MMag. Franz Masser die Abschlussfeier im Musikheim..

Positive Vorhaben für die Zukunft

„Das ist wirklich ein Schulabschluss, der allen weh tut und den man sich in dieser Form nicht wünscht“, bedauerte Bürgermeister Josef Waltl. „Der wesentliche Grund dafür ist, dass sich unsere Gesellschaft ändert. Das Bemühen, die Schule zu erhalten, war da. Nun wollen wir in die Zukunft schauen.“ So soll ab Herbst eine Krabbelstube für unter 3-Jährige in den Räumlichkeiten der ehemaligen Volksschule Einzug halten. Das hat der Gemeinderat beschlossen. Waltl sieht in diesem Standort große Vorteile. „Wir haben tolle Freispielflächen abseits der Straßen, die Kinderkrippe ist barrierefrei erreichbar, der Ortskern wird belebt, wir haben hier Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft.“ Im Obergeschoss soll eine Tagesmutter installiert werden. In den nächsten Wochen und Monaten sollen dazu die Adaptierungs- und Umbauarbeiten durchgeführt werden.
„Diese Hoffnung, dass im Hause Steyeregg 11 weiterhin Leben und Veränderung stattfinden wird, ist gewiss“, so VS-Direktorin Evelyn Habenbacher. „Die Geschichte ist nicht beendet, die Zeit ist im Wandel, und das Leben findet in einer anderen Form statt.“
Die Wege der vier Musketiere werden sich trennen. Zwei kommen in die VS Wies (3. bzw. 4. Klasse), einer besucht die NMS Wies, einer siedelt nach Pölfing-Brunn. Doch die Überraschungen, die ihnen Michaela Maier zum Abschied überreichte, werden sie bestimmt noch lange an die gemeinsame Schulzeit in Steyeregg erinnern.

Fotos: Josef Fürbass

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.