"Keine Sicherheit" in der Heimat

Ayman war in Syrien in einem Autohaus tätig. Im Landgasthof Kopin kümmert er sich um die Geranien vor dem Haus. | Foto: Mempör
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  • Ayman war in Syrien in einem Autohaus tätig. Im Landgasthof Kopin kümmert er sich um die Geranien vor dem Haus.
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"Chefin" ist das erste Wort, das Masin, Asaad und ihre Kollegen als erstes gelernt haben. "Chefin", das ist Bernadette Kopin. Ihr gehört der Landgasthof Kopin in Wettmannstätten, der seit August leersteht. Jetzt wohnen dort 20 Asylbewerber.
Die neuen Bewohner haben in der Gemeinde zu Anfang Unruhe verursacht. Doch die Hilfsbereitschaft wächst, immer mehr bieten Hilfe an oder bringen Kleidung vorbei – das Nötigste für die Männer, die meist nur mit einem Sackerl Hab und Gut den harten Weg aus dem Krieg nach Europa antreten.

So wie Ayman. "No safety" sagt er über sein Heimatland, keine Sicherheit. Er war in Syrien in einem Autohaus tätig. Am Weg zur Arbeit erschossen werden können – das war auch für den Bankangestellten Asaad, den Elektroingenieur Hosin und den Allgemeinmediziner Masin Alltag. Sie alle haben jetzt bei "Chefin" Bernadette Kopin Unterschlupf gefunden. Sie suchen in Österreich Asyl.

Masin kam über den Landweg nach Europa, über die Türkei. Vier Tage, erzählt er, hat die Fahrt in einem LKW und zu Fuß gedauert. Ayman hat den Weg auf einem der vielen Flüchtlingsschiffe aus Nordafrika hinter sich gebracht. Viel mehr erzählen sie nicht – Bilder von überfüllten, gekenterten Booten und ertrunkenen Flüchtlingen sind auch so präsent.

Allerdings nicht, wenn Bernadette Kopin mit einem breiten Lächeln in die ehemalige Gaststube kommt. Es wird freudig gegrüßt, man verständigt sich mit Englisch, Mimik und Gestik. Die Männer lernen mit Hilfe ihrer Handys Deutsch und vertreiben so auch die viele Zeit, in der sie nicht arbeiten dürfen. "Wie geht es Ihnen?" und das Wichtigste zum Wetter geht schon recht flüssig.

Dann ist Hausarbeit angesagt. Die Männer kochen und räumen auf. "Sind eure Betten schon gemacht?", fragt die "Chefin". Die Zimmer und Bäder putzt Bernadette Kopin mit den Bewohnern gemeinsam. Alle zwei Tage muss sie Nachschau halten und die Anwesenheit überprüfen. Sie kommt aber öfter in den alten Gasthof und sieht nach dem Rechten. "Die Menschen sind alle sehr freundlich", sagt sie. Die manchmal ablehnende Stimmung stört sie nicht: "Ich ertrage auch Schwierigkeiten mit Leichtigkeit, weil ich glaube, es hat einen Sinn, was ich hier mache."

Ayman, Masin, Asaad und alle anderen im Landgasthof Kopin können neben den täglichen Verrichtungen nun nicht viel mehr tun als warten. "Wir würden gerne arbeiten und etwas für dieses Land tun", sagt Masin, der Arzt. "Wir wollen keinen Krieg, wir wollen kein Problem für Österreich." Und es ist ihm wichtig klarzustellen: "Wir sind dankbar, dass wir hier sein dürfen."

Bis sie erfahren, ob sie bleiben dürfen, und ob sie ihre Familien zu sich nehmen können, helfen sie im Gasthof und bringen sich etwas Deutsch bei. Ayman kümmert sich liebevoll um die Geranien am Geländer des Gasthofs.

Die Gemeinde mit Bürgermeister Helmut Kriegl hat den Integrationsverein Zebra um Hilfe gebeten. "Wir möchten ein Gespräch darüber, wie die Situation aussieht und wie wir weiter vorgehen können", sagt Kriegl auf Nachfrage der WOCHE. "Wir wollen miteinander reden und Aufklärung betreiben." Auch die Männer im Gasthof könnten Informationen brauchen, "wie zum Beispiel, wo der Arzt in der Gemeinde ist", so Kriegl. Er möchte der Bevölkerung "die Angst nehmen": "Das ist nicht einfach, aber wir versuchen, das Ganze zu entdramatisieren." Unter anderem ist ein Infoabend mit der Bevölkerung angedacht.

Bernadette Kopin zieht bisher jedenfalls kein unzufriedenes Fazit: "Lauter Befürworter haben wir nicht. Aber Gegner haben wir auch nicht." Für die Bewohner des Gasthofs steht indes eines fest: "In unserem Land können wir nicht leben."

Im Detail

Asylwerber dürfen in Österreich nicht arbeiten. Sie bekommen vom Staat fünf Euro pro Tag, von denen sie leben und sich ernähren müssen. Die Caritas hilft Neuankömmlingen mit etwas Geld für Kleidung aus. Mancherorts springt auch die Bevölkerung ein und spendet Kleidung oder Essen.

Die Bundesländer und damit die Gemeinden stehen unter Druck, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Die Ankunftslager sind überfüllt, doch die Unterkünfte im Land fehlen. Der Bund mahnt die Länder zur Erfüllung der Quoten. Landeshauptmann-Stellvertreter Siegfried Schrittwieser (SPÖ) drängte erst kürzlich bei der Gemeindebundversammlung in Deutschlandsberg auf mehr Kooperation durch die Gemeinden.

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