Gastro-Szene im Umbruch: Wenn Wirte klein beigeben müssen
Das Marienbräu hat seine Pforten geschlossen: Die WOCHE fragt nach, wie es um die GU-Gasthäuser bestellt ist.
Es war eine schockierende Nachricht für viele Besucher des Lokals Marienbräu, die vergangene Woche öffentlich gemacht wurde: Ab sofort werden die Zapfhähne in der beliebten Harter Gaststätte nicht mehr bedient, nach dem Tod des Besitzers ziehen die Angehörigen die Reißleine. Nicht immer sind es wie in diesem Fall bittere Einzelschicksale, die Gründe für Lokalschließungen sind mannigfaltig. Hat das Traditionsgasthaus im Ort etwa ausgedient?
Die Kinder wollen nicht
Ein derartiges Pauschalurteil weist Klaus Friedl, der neue Obmann der Sparte Gastronomie in der Wirtschaftskammer Steiermark, zurück: "Natürlich ist es schwieriger geworden, aber das betrifft nicht nur unsere Sparte. Sehr belastend ist vor allem das Nachfolgeproblem." Die Jugend hat heute oft andere Interessen oder zieht ein Studium der Arbeit im Familienbetrieb vor. "Es hat sich auch das Freizeitverhalten verändert. Am Sonntag zu arbeiten, ist für viele zu unattraktiv", gibt Friedl zu Protokoll.
Wohnbau statt Essen
So bleiben für viele Wirte oft nur zwei Möglichkeiten über: Wenn der Nachwuchs nicht will, wird das Gasthaus verpachtet oder überhaupt verkauft. "Bauträger warten dann nur auf solche Gelegenheiten, um Wohnungen zu bauen." Ein derartiger Schritt sei aber immer noch besser, als einen Betrieb halbherzig weiterzuführen. "Ein echter Wirt arbeitet aus Leidenschaft, das kann man auch nicht so einfach auf den Nachwuchs übertragen."
Qualität bleibt am Markt
Den Aufschrei, wenn Traditionsbetriebe ihre Pforten schließen, kann Friedl zwar verstehen, "die Gastro-Lokale werden aber nicht aussterben. Wir sehen aktuell eher eine Marktbereinigung, um die guten Betriebe braucht man sich keine Sorgen zu machen."
Gefragt seien heute Gaststätten, die Spezielles bieten und auf eine qualitativ hochwertige Küche setzen. "Die Anforderungen der Kunden sind definitiv gestiegen, Essen ist heute ein Erlebnis geworden." In Graz-Umgebung selbst zeigen die Zahlen der WKO Steiermark (siehe Infobox unten), die der WOCHE exklusiv vorliegen, dass es noch immer ein breites Gastro-Angebot gibt.
"Es hat sich nur einiges zwischen den Betriebsarten verschoben: Gasthäuser sind jetzt zu Restaurants geworden, dazu gibt es immer mehr Cafés, vor allem in Stadtnähe. Die System-Gastronomie wird die klassischen Lokalitäten in Zukunft aber sicher nicht verdrängen, beide haben ihre Berechtigung."
Überblick: Gastro im Bezirk
Gasthäuser: 172
Restaurants: 85
Kaffeehäuser: 134
Kaffeerestaurants: 22
Kaffeekonditoreien: 5
Weinlokale: 7
Bierlokale, Pubs: 10
Imbissstuben, Jausenstationen: 71
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