„Hin und weg“ beim Acoustic Lakeside
Schon allein die Ankunft am kleinen Sonneggersee erfüllt Neuankömmlinge des Acoustic Lakeside Festivals mit einem angenehmen Erstaunen. Obwohl sich das Acoustic Lakeside mit dem groß angetragenen Namen „Festival“ schmückt, ist von dessen bombastischen Dimensionen und den daraus resultierenden negativen Auswirkungen wie Stau, Müll, stundenlangem Warten am Eingang oder von Stress kein Funken zu spüren.
Stattdessen sieht man – grundsätzlich egal ob bei Regen oder Sonne – die Acoustic-Lakeside-Festivalbesucher generell immer luftig-locker im kleinen Erlebnisbad namens Sonneggersee bei Völkermarkt in Kärnten zwischen Wald und Bergen baden, slacklinen oder auf den überall verteilten Strohballen ruhen. Alles ist „easy“ und man erwartet frohen Mutes die demnächst beginnende Musik auf der Bühne. Alles in allem, ist man ist dort schon bei der Ankunft einfach „hin und weg“...
Musik ohne Strom
Das Acoustic Lakeside zieht seit Jahren Fans der entspannten und akustischen Musik an. Obwohl sich nicht immer alle Musiker ganz genau an diese Vorgabe halten, wird darüber mit einem charmanten Lächeln einfach hinweggeschaut. Während der deutsche Songwriter Philipp Poisel kurz für wenige Lieder die E-Gitarre mit Stromkabel umgehängt bekommt, meint er nur schmunzelnd: „Keine Sorge, die sieht nur so aus.“
Der Mann mit der durchdringenden Stimme sorgte gleich für melancholisch intensive Momente mit tief greifenden Texten, sodass ihm keiner seinen kleinen Regelbruch übel nahm. Emotional nahm er die aufmerksamen Besucher schnell mit zu bittersüßen Herzschmerzmomenten: „Wie soll ein Mensch das ertragen?“
Während bei vielen innerlich bereits die Tränen flossen, segelten gleichzeitig fröhlich Seifenblasen durch Luft. Später quittierte der charismatische Ire Glen Hansard mit dauerhaftem Lächeln, wie sehr er die Atmosphäre genoss. Lieder wie das oscarprämierte „Falling slowly“ schrie und raunte er gekonnt durch die anbrechende Nacht. Schließich folgten die schon am Sonneggersee als Stammgäste angesehene US-amerikanische Indieband Nada Surf. Diese zogen ebenso keine große Show ab, sondern platzierten sich dezent auf Stühlen auf der Bühne. Die Bühnenpräsenz war dennoch stark und überwiegend heiter. Bassist Daniel Lorca, bekannt durch seine gewaltige Dreadlocksmähne und seinem dauerhaften Zigarettenkonsum und Frontman Matthew Caws sorgten mit Klassikern wie „Inside of love“ für ein begeistertes Publikum. Dieses wurde gleich weiter munter angeheizt, um beim humorvollem Song „Blankest year“ minutenlang „Oh fuck it“ mitgrölen. Falsche Schnauzer-Prolo-Bärte, die sich die Band inmitten des Konzertes ins Gesicht klebten, machten den gelungenen Auftritt komplett und das Festivalpublikum tanzte fröhlich unter bedrohlichen Gewitterwolken schließlich ins Zelt und durch die Nacht.
Diejenige, die früher schlafen gingen, konnten sich dafür putzmunter mit einem ordentlichen Frühstück eindecken. Während sie warme Semmeln, Kaffee und Marmelade genossen,konnte zur Morgenstund einem Poetry Slam–Wettbewerb gelauscht werden.
Auch wenn währendessen ein Wolkenbruch losging und die Temperaturen um gefühlte 20° Grad sanken, sorgte das ausfüllende Morgenprogramm des Acoustic Lakesides mit anschließender Lesereise vom FM4-Ombudsmann oder einem Strohfußballturnier gegen mutige Bands wie Bilderbuch für pure Unterhaltung in bunten Regenstiefeln und großen Sonnenbrillen.
Während die einen dann wegen des Regengusses etwas früher abreisten, war das verbliebene Publikum vor allem beim sensationellen Auftritt von Patrick Wolf bereits wieder hin und weg und bis ins Herz erwärmt. Heather Nova und die Hidden Cameras vollendeten den entspannten Geheimtipp, bei dem durch das WOCHE Bildpost-Festivalgewinnspiel auch heuer wieder zwei steirische Regionauten und WOCHE-Leser zum feinen Festivalgenuss kamen und vermutlich schon von der Ankunft bis zur Abfahrt einfach „hin und weg“ gewesen waren.
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