Der "Familien-Flüsterer" antwortet: „Mein Kind will dauernd Computer spielen: Was soll ich tun?“

Surfen Sie selbst oft im Internet? Dann wissen Sie ja, wie praktisch das ist. Sie spüren aber auch, dass es belastend sein kann. Es ist jedenfalls kein Wunder, dass Ihr Sohn gerne am Computer sitzt: Man kann seine Fähigkeiten testen, etwas bewirken und heldenhafte Dinge erleben.
Die neuen Technologien bieten viele Vorteile und Möglichkeiten. Forschungsergebnisse zeigen aber auch, dass ein Zuviel am Computer alles andere als entwicklungsförderlich ist. Vier bis sechs Stunden pro Tag machen dumm, meint der Hirnforscher Manfred Spitzer. Und er hat wohl recht. Im sich entwickelnden Gehirn unserer 10- bis 13-Jährigen wird dadurch eine Art digitale Einbahnstraße gebaut, die keine Abfahrtsmöglichkeiten ins reale Leben kennt. Denn: Wer als junger Mensch zu viel am Computer sitzt, ist eigentlich einsam. Die Suche nach Anerkennung und Begegnung läuft digital, fehlt aber oft in der Realität. Da trauen sich Jugendliche vielleicht nicht, jemanden anzusprechen. Über Facebook geht das leichter, weil man niemandem selbst gegenübersteht. Daran kann man sich schnell gewöhnen.

Was Sie tun können: Der Weg Ihres Sohnes vom Computer weg, beginnt mit Ihrem Weg zu ihm hin.
1.) Suchen Sie täglich zumindest fünf Minuten lang ein Gespräch, in dem Sie sich füreinander interessieren. Bieten Sie Möglichkeiten an, um zu kommunizieren, auch ohne Worte.
2.) Dämonisieren Sie den Computer nicht – interessieren Sie sich dafür. Lassen Sie Ihr Kind Dinge erklären und erzählen, was es macht. So erfahren Sie auch am ehesten, wenn es über Facebook gemobbt wird und können Hilfe holen (z. B. www.saferinternet.at, www.ikjf.at).
3.) Sagen Sie klar „Nein“ zu Gewaltspielen. Es ist erwiesen: Gewalt am Computer fördert vor allem bei zurückgezogenen Kindern Gewaltbereitschaft und Egoismus. Sie „verpickt“ das Gehirn für den Erwerb sozialer Fähigkeiten. Wenn nichts hilft, ziehen Sie den Stecker und sagen: „Das ist meine Pflicht als Mutter.“
So bekommt der Computer den Platz, den er haben soll: Als Hilfsmittel, das unser Leben angenehmer und erfolgreicher macht.

Dr. Philip Streit ist Psychologe und Psychotherapeut.
Er leitet das Institut für Kind, Jugend und Familie.

Als "Familien-Flüsterer" beantwortet er jede Woche ein Frage.
Ihre Frage können Sie per E-Mail an die Redaktion schicken:
elisabeth.poetler@woche.at

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