Gefragte Frau
"Bei Demenzerkrankungen ist Zeit der wichtigste Faktor"

Claudia Knopper ist seit fast zehn Jahren Obfrau von Salz - Steirische Alzheimerhilfe. Mit dieser stetig wachsenden Plattform vernetzt sie Angehörige von Demenzerkrankten und klärt über eine Krankheit auf, über die noch immer zu oft geschwiegen wird.  | Foto: Konstantinov
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  • Claudia Knopper ist seit fast zehn Jahren Obfrau von Salz - Steirische Alzheimerhilfe. Mit dieser stetig wachsenden Plattform vernetzt sie Angehörige von Demenzerkrankten und klärt über eine Krankheit auf, über die noch immer zu oft geschwiegen wird.
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Claudia Knopper hilft seit zehn Jahren Menschen, deren Angehörige an Demenz erkrannt sind. Im Interview erzählt die Obfrau von Salz - Steirische Alzheimerhilfe von ihrem Engagement.

GRAZ. Demenzkrankheiten sind sowohl für Betroffene als auch für Angehörige ein schwerer Schlag, davon weiß Claudia Knopper zu berichten. Als ihr Vater die Diagnose Demenz erhielt, stellte das ihre Welt auf dem Kopf. Es sollte aber auch zum Start ihres Engagement werden. Seit zehn Jahren vernetzt sie bereits als Obfrau von Salz - Steirische Alzheimerhilfe Angehörige von Demenzerkrankten. Im Interview mit MeinBezirk.at berichtet sie über eine Krankheit, die noch immer totgeschwiegen wird und erklärt warum Zeit der wichtigste Faktor ist.

Wie sieht Ihre Arbeit bei Salz aus?
Wir sind ein Angehörigen-Verein, das heißt wir alle haben Verwandte mit Demenzerkrankungen. Wir veranstalten regelmäßige Treffen zum gegenseitigen Austausch, Vorträge für Angehörigen und engagieren uns für Projekte, wo wir das Gefühl haben da besteht Handlungsbedarf.

Wie wichtig ist dieser Austausch bei Demenzerkrankungen?
Demenz betrifft die ganze Familie und fordert die Angehörigen extrem, zum einen weil die Betreuung oft im Angehörigenkreis hängen bleibt, zum anderen aufgrund dieses uneindeutigen Verlusts. Der betroffene Mensch entgleitet dir ja langsam und das ist oft sehr schwierig zu akzeptieren. Da hilft es natürlich sich mit Personen, denen es gleich oder ähnlich geht, auszutauschen und hilft, sich nicht alleine zu fühlen. 

Helfen aus Erfahrung: Auch Knoppers Vater war an Demenz erkrankt.  | Foto: Konstantinov
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Sie sprechen ja auch aus eigener Erfahrung.
Genau, auch bei meinem Vater wurde Demenz diagnostiziert. Das ist für uns schon ein echter Schrecken, weil er eigentlich sehr gesund und kräftig war. Die Krankheit hat ihn teilweise auch sehr aggressiv gemacht. Damals habe ich auch mit meinem Engagement angefangen und vier Frauen gefunden, die mit mir eine Selbsthilfegruppe machen wollten. Das war jetzt vor fast zehn Jahren und mittlerweile haben wir acht Standorte in der Steiermark.

Wie viele Personen sind in diesen Gruppen?
Das ist unterschiedlich, es kann ja bei uns jeder kommen, der es gerade braucht. Manche kommen regelmäßig, andere sporadisch oder wenn ein Problem auftaucht. Außerdem fallen immer wieder Personen weg. Demenz ist ja auch eine Krankheit, die irgendwann endet. Manche Menschen begleiten wir schon seit sechs, sieben Jahren.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf bei Demenz?
Das große Problem ist, man bekommt die Diagnose und wird dann damit heimgeschickt. Du hast dann keine Ahnung, wie der Verlauf sein wird. Das ist auch extrem schwierig einzuschätzen und die Menschen gehen unterschiedlich damit um. Manche Betroffene ziehen sich zurück, manche werden extrem anhänglich, andere werden aggressiv. Viele wollen die Diagnose auch zunächst nicht wahrhaben. 

Es ist ja auch eine Krankheit, wo noch viel Forschungsbedarf besteht. 
Es ist ein breites Thema im Endeffekt. Demenz ist ja nur ein Überbegriff. Es gibt Fälle von Demenz, die Alkohol indiziert oder aufgrund eines Schlaganfalls, eines Tumors oder wegen Parkinson auftreten. Bei Alzheimer, der häufigsten Demenzerkrankung, weiß man aber nicht wirklich, was da im Hirn passiert. Es gibt unterschiedliche Forschungsansätze, aber einen großen Durchbruch haben wir zurzeit nicht.

Wie, denken Sie, geht die Gesellschaft derzeit mit dieser Erkrankung um?
Als Gesellschaft sind wir kaum auf diese Krankheit vorbereitet, viele Fragen sind offen. Kann eine betroffene Person noch weiterarbeiten, solange sie sich dazu in der Lage fühlt? Braucht sie eine Assistenz oder muss sich in Therapie begeben? In Deutschland gibt es das Konzept der Demenz-freundlichen Kommunen. Die sagen, Demenz ist ein gesamtgesellschaftliches Konzept. Es reicht nicht Geld ins System pumpen, es braucht eine Aufklärung der Menschen, vor allem jener, die mit solchen Personen umgehen müssen. Das reicht von der Polizei, dem Postboten bis zum Bankbeamten. 

Zu ihrer Öffentlichkeitsarbeit gehört unter anderem der "Lange Tag der Demenz". | Foto: Konstantinov
  • Zu ihrer Öffentlichkeitsarbeit gehört unter anderem der "Lange Tag der Demenz".
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Viele nehmen Demenz ja auch nur in ihrem letzten Stadion wahr.
Ja, die Krankheit ist tabuisiert und da versuchen wir mit unserer Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel mit dem "Langen Tag der Demenz" einzugreifen. Damit wollen wir Angehörige und Betroffene, Professionisten und die Öffentlichkeit erreichen. Dafür haben wir umfangreiches Programm zusammengestellt, dazu zählen eine Lesung, eine Filmvorführung und eine Schilderaktion. Unser Motto dieses Jahr ist "Nimm dir Zeit."

Wie wichtig ist der Faktor Zeit bei einer Demenzerkrankung?
Zeit ist der wichtigste Faktor. Viele verschwenden nach ihrer Diagnose Zeit mit dem Verschleiern, Vertuschen oder einfach dem Nicht-wahrhaben-wollen der Krankheit. Dabei kann gerade da noch qualitätsvolle Zeit mit dem betroffenen Menschen verbracht werden. Auch ich hatte eine solche Verdrängungsphase bei meinem Vater und habe dadurch viel Zeit verloren, die ich noch qualitätsvoll mit ihm hätte verbringen können. Ja, die erkrankten Menschen verändern sich, aber wenn man sich auf diese Reise einlässt und sich gut informiert, erkennt man den wahren Kern der erkrankten Personen.  

Worauf sind Sie bei Ihrer Arbeit der letzten zehn Jahre besonders stolz?
Ich bin auf das Netzwerk und mein Team sehr stolz. Wir haben als Selbsthilfegruppe aufgefangen und mittlerweile sind wir eine große Organisation. Und mich macht mich stolz, das wir den Schritt in die Öffentlichkeit gewagt haben und wie engagiert unsere vielen Gruppen sind. 

Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft?
Die Weichen für unsere Zukunft sind gut gestellt. Am wichtigsten ist die weitere Vernetzung, denn nur so funktioniert das Ganze. Es gibt immer noch zu wenig Angebote für Menschen mit Demenz und deren Familien. Wir müssen uns abstimmen, Brücken bauen und die Leute gut durch das System führen. Das gilt nicht nur für Graz, sondern für die ganze Steiermark.

Für Claudia Knopper ist Zeit der wichtigste Faktor im Umgang mit Demenzerkrankten. | Foto: Konstantinov
  • Für Claudia Knopper ist Zeit der wichtigste Faktor im Umgang mit Demenzerkrankten.
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Steckbrief Claudia Knopper

Claudia Knopper stammt aus Graz und hat in Gleichenberg die Hotelfachschule besucht. Nach einiger Zeit im Ausland ist sie nach Graz zurück gekehrt, wo sie Soziologie in Fächerkombination mit BWL studiert hat. Im Anschluss war sie in Wien im Bereich Marketing tätig. Nachdem ihr Vater mit Demenz diagnostiziert wurde, kehrte Knopper nach Graz zurück. Mittlerweile engagiert sie sich ausschließlich bei Salz - Steirische Alzheimerhilfe, wobei ihr ihre Fähigkeiten im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit enorm zu Gute kommen.  

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