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17. Dezember – Weihnachtsgeschichte Tauschgeschäfte

Weihnachtliches Stimmungsbild von Sabine Pammer. | Foto: Sabine Pammer
  • Weihnachtliches Stimmungsbild von Sabine Pammer.
  • Foto: Sabine Pammer
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Tauschgeschäfte
Eine Geschichte von G. Mitter

Es war 197O so um die Weihnachtszeit, als unser Vater uns mitteilte, dassMutter in das Spital muss, da wir ein Geschwisterchen bekommen.
Dies war ja nichts besonderes für uns, wir waren es schon gewohnt, dass
in regelmäßigen Abständen eine neues Bettchen zu uns ins Zimmer geschoben
wurde.

Es hat uns aber nichts ausgemacht, wir waren gerne alle zusammen. Einer odereine von uns sechs, hatte immer etwas Aufregendes zu erzählen. Es wurde so
lange getuschelt, gekichert und getratscht bis unsere Mutter ein Machtwort
sprach und uns auftrug zu schlafen.
Wir Kinder sind niemals ohne ein Nachtgebet eingeschlafen. Die Großen haben
mit den Kleinen gebetet und sobald sie sprechen konnten, beteten sie lauthals
mit.
Zu Weihnachten aber, war unsere Mutter noch nie fort. Unter dem strengen
Regime unserer Großmutter verlief der Heilige Abend trotzdem sehr geordnet.
Mutter fehlte uns sehr und das besonders, als für meine Schwester Gabi,
damals gerade fünf Jahre, plötzlich fast die Welt zusammen brach.
Wir hatten unsere Geschenke ausgepackt und wir Mädl's bekamen, lange und
heiß ersehnt, unsere erste Hose geschenkt. Bis dahin trugen wir, abgesehen
von der Strampelhose nur Röcke und Kleidchen.
Sie war so schön: braun kariert, mit einer abgesteppten Naht als Bug und leicht
ausgestelltem Bein. Aus einem Material, dass beim an- und ausziehen knisterte
und in der Dunkelheit funkelte.
Die Katastrophe war, dass meine leicht pummelige Schwester den Knopf der
Hose nicht zubekam. Sie war ihr zu klein.
lhre Traurigkeit darüber, vermittelte sie uns in einem langen anhaltenden
Schluchzen und niemand und nichts konnte sie beruhigen.
Großmutter erklärte ihr, dass unsere Mutter, wenn sie wieder zu Hause ist, mit
ihr zum Geschäft geht und die Hose in eine Passende umtauscht.
Mein Vater konnte sie dann endlich beruhigen, nachdem er ihr erklärt hat, dass
man außer Lebensmittel , alles umtauschen kann.

Als dann unsere Mutter nach den Feiertagen endlich wieder bei uns war,bestürmte meine Schwester sie, mit ihr ins Geschäft zu gehen.
Bei der Gelegenheit, meinte sie, könnten sie auch das Baby gleich mitnehmen,
sie hätte nämlich viel lieber einen Bruder gehabt.
Die Hose wurde umgetauscht, unser kleines Schwesterchen haben wir
natürlich behalten.


Die berührende Weihnachtsgeschichte stammt von Gertrud Mitter. 
Das Foto wurde von Sabine Pammer eingereicht.

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