Platzmangel und Überholmanöver
Autos und Fahrräder auf Kuschelkurs
In Graz kommen sich Fahrräder und Autos oft sehr nahe, vor allem bei Überholmanövern geht es wesentlich enger zu als es eigentlich sollte, vielerorts fehlt einfach der Platz. Der Eigenversuch mit Abstandsmesser zeigt einen Minimalwert von 42 Zentimeter Überholabstand. Gesetzlich wären 1,5 Meter verpflichtend.
GRAZ. Das Thema Verkehr prägt viele Diskussionen, vor allem die Rad- und Autofahrerinnen und -fahrer kommen sich immer wieder in die Quere. Einer der Hauptpunkte dabei ist das Überholen. Im Stadtgebiet gilt ein gesetzlicher Mindestabstand von 1,5 Metern bei einem Überholmanöver, gefühlt kommt es aber trotzdem oft zu "sportlichen" Überholmanövern, die diesen Abstand weit unterschreiten. Um diesem Gefühl auf den Grund zu gehen, hat sich MeinBezirk.at einen Abstandsmess-Sensor ausgeborgt und über einige Wochen mit dem Fahrrad Überholvorgänge aufgezeichnet. Von 42 Zentimetern bis zu 1,62 Meter war bei den knapp 50 Überholvorgängen alles dabei, der Großteil war aber, teils weit, unter 1,5 Metern.
Überholen um jeden Preis
Dies ist eine Beobachtung, die auch im Zuge zweier Bachelorarbeiten der FH Joanneum bestätigt wurde, wo der Abstand bei knapp 2.000 Überholvorgängen gemessen wurde. Auch hier unterschritten mehr als die Hälfte aller Autofahrer den gesetzlichen Mindestabstand. Auch als sehr (überhol-)erfahrener Radfahrer fühlt man sich bei engen Überholmanövern alles andere als sicher. Denn fährt jemand zum Beispiel mit 50 oder mehr Kilometern pro Stunde und weniger als 50 Zentimetern Abstand an einem vorbei, wackelt der Lenker kurz, der Fahrtwind des passierendes Fahrzeugs ist deutlich spürbar und erfordert ein konzentriertes Halten des Gleichgewichts. Hinzu kommt ein kurzer Schock mit der Erkenntnis: "Ui, das war knapp." Das sorgt vor allem im dicht gedrängten Frühverkehr öfter einmal für mulmige Situationen.
Das Grazer Raumproblem
Um solchen Situationen auszuweichen, ist man als Radfahrer oft geneigt, noch näher am Fahrbandrand zu fahren, was aber auch in sich unschöne Nebeneffekte haben kann. Bei parkenden Autos zum Beispiel besteht die Gefahr einer sich abrupt öffnenden Autotür, auch eine persönliche Erfahrung, die keiner Wiederholung bedarf. Deshalb gilt für Radfahrerinnen und Radfahrer auch ein gesetzlicher Abstand von einem Meter zu parkenden Autos, der aber oft schwer einzuhalten ist, es fehlt schlichtweg der Platz. Würden sich alle an die gesetzlichen Vorschriften halten, wäre es vielerorts in der Stadt eigentlich unmöglich, Radfahrerinnen und Radfahrer zu überholen.
"Begegnunszone" Fahrradstreifen
Auch Fahrradstreifen vor allem gegen die Einbahn sind oft eine ungewollte Begegnungszone. Die Anordnung Parkplatz, Fahrradstreifen, Fahrbahn ist vor allem in schmalen Gassen häufiger Begleiter, was für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer Schwierigkeiten mit sich bringt. Ein Beispiel aus der Messfahrtstrecke wäre die Friedrichgasse. Die parkenden Autos stehen mit ihren Reifen beim Randstein an, ragen aber trotzdem mit dem Heck in den Fahrradstreifen, der gegen die Einbahn führt. Entgegenkommende Autos verlieren durch parkende Fahrzeuge auf der anderen Straßenseite ebenfalls einen Teil der einspurigen Straße und voilà: ein wundervolles Nadelöhr. Ein weiteres in Graz sehr häufig strapaziertes Beispiel wäre die Mandellstraße, die allen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern zu wenig Platz bietet. Raum ist vielerorts einfach sehr beschränkt vorhanden, Rücksicht ist das Gebot der Stunde.
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