Graz
Bürgermeisterin attackiert Traditionsbetrieb Kastner & Öhler
Ungewohnt heftig reagiert die Grazer Bürgermeisterin auf ein Interview des Kastner & Öhler-Geschäftsführers Martin Wäg. Hintergrund: Der Grazer Traditionsbetrieb weigert sich, sein Dach Welterbe-konform umzubauen.
GRAZ. Kaum eine Grazerin, ein Grazer kann sich seine Stadt ohne den "Kastner & Öhler" in der Sackstraße vorstellen. Seit über 150 Jahren ist das Unternehmen das erste Haus am Platz und der wichtigste Frequenzbringer für die Innenstadt der Murmetropole.
Das "Kastner-Dach" passt nicht
Ein Makel verfolgt das Unternehmen aber bereits seit geraumer Zeit: Bereits nach der Eröffnung des großen Umbaus 2010 versprach man eine Anpassung des Daches, 2016 wurde die mit Grazer Altstadt auf die "Rote Liste" der Unesco gesetzt – mit der Drohung den Titel "Welterbe" zu verlieren. Ein Aspekt, der wohl nachhaltigen Schaden für den Tourismus anrichten würde. Nach wie vor gibt es aber nur eine Metallkonstruktion, die nicht den Vorstellungen der Unesco entspricht.
Fertigstellung nicht geplant
Und dieser Zustand wird noch eine unbestimmte Zeit lang so bleiben. Denn der Kastner&Öhler-Chef Martin Wäg sagt am Donnerstag in einem Interview der "Krone" relativ deutlich: "Ein Umbau ist aufgrund der wirtschaftlichen Lage im Moment kein Thema." Die Lage in der Innenstadt beschreibt Wäg in diesem Interview insgesamt als "toxisch", man sehe, dass immer mehr Geschäfte zusperren müssten. Die Baustellensituation hätte die Lage massiv verschärft.
Bürgermeisterin Kahr "on fire"
Darauf reagiert die Grazer KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr in einer Aussendung ungewohnt heftig. „Es gehört schon sehr viel dazu, 15 Jahre lang wissentlich zu riskieren, dass die Stadt Graz den Weltkulturerbe-Status verliert, und jetzt den Spieß umzudrehen“, wettert sie.
In den letzten 15 Jahren hätte es immer wieder Versprechungen gegeben, die nicht gehalten wurden, die Stadt sei vertröstet worden, lamentiert die Stadtchefin. Und sie erinnert auch an die Bedeutung der Unesco-Auszeichnung: „Ist es Herrn Wäg gar nicht bewusst, dass Innenstadtgeschäfte wie der Kastner & Öhler vom Grazer Weltkulturerbe-Titel durchaus profitieren? Die Behauptung Wägs zum mangelnden Baufortschritt in der Neutorgasse bezeichnet sie als „Schlag ins Gesicht aller, die dort tagtäglich mit Fleiß und Engagement an der Umsetzung und fristgerechten Fertigstellung der Innenstadtentlastung arbeiten.“ Wäg hingegen sieht dort seit Wochen keinen Baufortschritt.
Sorge um Innenstadt
Insgesamt also ein höchst verfahrener Karren. Einerseits sollte es der Stadt gelingen, das Welterbe zu erhalten. Andererseits wird man das Kaufhaus schwer zwingen können, in einer wirtschaftlich schwierigen Phase eine solche Investition zu tätigen. Und der Super-Gau wäre wohl, dass Kastner & Öhler sich entschließt, aus der Grazer Innenstadt abzusiedeln. Denn ohne den Frequenzbringer Nummer 1 würde das wirtschaftliche Sterben der Innenstadt wohl gehörig an Fahrt aufnehmen – und das kann nicht die Intention der Rathauskoalition sein. Man wird sich also dringend an einen Tisch setzen müssen, um zu Lösungen zu kommen. Denn weder ein Welterbe ohne Kastner & Öhler noch ein Kastner & Öhler ohne Grazer Welterbe-Titel darf das Ziel sein.
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