Gefahr für Sehbehinderte
Die blinden Stellen der Radoffensive

- Vom gerillten Blindenleitsystem, auf Kopfsteinpflaster, auf den Radweg zur Kreuzung: Wegführungen wie hier am Bahnhofsgürtel sind für blinde Personen ein Spießrutenlauf.
- Foto: Kanzler
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Die Streckenführung vieler neuer Radwege bringt Sehbehinderte und Radfahrende auf Kollisionskurs. Sowohl im Kreuzungsbereich als auch bei Haltestellen ist die bisherige Planung im Zuge der Radoffensive alles andere als barrierefrei, vor allem im Kreuzungs- und Haltestellenbereich.
GRAZ. Die Radoffensive ist in vollem Gange, bis 2030 soll der Anteil der Radfahrer auf 30 Prozent steigen. Dafür wird an vielen Stellen gebaut und fahrradfreundliche Infrastruktur errichtet. Der Masterplan lässt allerdings ein Wort vermissen: Barrierefreiheit. In einem vierseitigen Schreiben, das MeinBezirk vorliegt, richteten sich der Blinden- und Seebehindertenverband, das "Zentrum Integriert Studieren" der Uni Graz, "Selbstbestimmt Leben Steiermark" und das Odilieninstitut bereits am 25. April an Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) und die Grazer Verkehrsplanung.

- Radwege werden im Kreuzungsbereich vermehrt, den Gehsteig querend, hinter der Ampel vorbeigeführt, für sehbehinderte Personen eine Gefahrenquelle.
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"Die Art und Weise, wie (neue) Radwege im Kreuzungs- und Haltestellenbereich geführt werden, verringert nicht nur die Barrierefreiheit massiv, sondern bringt auch eine enorme Unfallgefahr mit sich", ist darin zu lesen. Konkret geht es um Kreuzungsbereiche wie Kepplerstraße/Bahnhofsgürtel, wo der Radweg auf den Gehsteig und hinter der Ampel vorbeigeführt werde. Dadurch versperren wartende Radfahrende den Weg zum Ampelmasten, der für sehbehinderte Personen essenziell ist, um zu wissen, ob sie die Straße sicher überqueren können.
"Sind für die Mobilitätswende"
Dabei wolle man sich mit der Kritik nicht gegen den Ausbau des Radwegnetzes stellen, ganz im Gegenteil, wie die Referentin für Barrierefreiheit des Odilieninstituts, Linda Kanzler, erklärt: "Wir sind absolut für die Mobilitätswende und auch für den Modal Split von 80:20. Das Problem ist nur, dass so, wie Radwege bei Kreuzungen und Haltestellen aktuell geplant werden, sich das Unfallpotenzial massiv erhöht." Ein weiteres Beispiel ist der Haltestellenbereich "Starhemberggasse" in der Wagner-Biro-Straße.

- Bei Kollisionen zwischen Radfahrenden und Sehbehinderten gehen deren Blindenstöcke oft zu Bruch. Ohne jene können diese allerdings nicht sicher am Verkehr teilnehmen und sitzen an der Unfallstelle quasie fest.
- Foto: Unsplash/CDC
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Blinde und sehbehinderte Menschen bewegen sich generell eher in der Nähe von Hausmauern. Dadurch, dass hier der Radweg allerdings hinter dem Haltestellenbereich vorbeigeführt werde und sich mit dem Gehsteig kreuzt, sei es für blinde Personen nicht erkennbar, dass man auf einmal auf dem Radweg gehe. Das birgt Gefahrenpotenzial für alle Verkehrsteilnehmende. Kanzler: "Ein Blindenstock in den Speichen ist auch für Radfahrende nicht lustig." Viele dieser Unfälle würden nicht erfasst werden, da es blinden Personen nicht möglich ist, die Identität der Radfahrenden festzustellen und diese oft einfach weiterfahren würden. Die blinden Personen können ohne den Blindenstock allerdings nicht mehr am Verkehr teilnehmen und sitzen dann quasi fest.
Wunsch nach einer Lösung
Das Schreiben der Verbände betont aber auch, dass man an einer gemeinsamen Lösung mit der Stadt interessiert sei. Man hoffe, dass Gespräche mit der Stadt bald stattfinden werden und der Masterplan anschließend dementsprechend adaptiert werde, dass Barrierefreiheit und Sicherheit auch weiter gewährleistet werden können. Beispiele, wie das funktionieren kann, gibt es einige, auch in Graz. Als Beispiel nennt Kanzler die Ampel vor dem Odilieninstitut (siehe unten), bei dem Radfahrende vor dem Zebrastreifen angehalten werden, um blinden und sehbehinderten Personen eine sichere Überquerung der Straße zu ermöglichen.
Deine Meinung ist gefragt!
Schreib uns deine Vorschläge für die Fahrrad-Infrastruktur in Graz an graz@regionalmedien.at.
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