Die Frau hinter "La Strada"

- Gegen Ausgrenzung: Diana Brus arbeitet bei „La Strada“ auch für ein „soziales Miteinander“, sagt sie.
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Kulturmanagerin Diana Brus von „La Strada“ spricht über die Kunst der Straßenkunst, Toleranz und ihren Vater.
Auf öffentlichen Plätzen und Straßen tummeln sich verschiedenste Menschen: Woran erkenne ich gute Straßenkünstler?
Daran, dass man sie nicht gleich erkennt: Gute Straßenkunst darf nicht aufdringlich sein, sie muss den Dingen ihren Lauf lassen und auf die Menschen eingehen. Sie begeistert auf subtile Weise.
Was kann Straßenkunst, was andere Formen der Kunst nicht können?
Sie kann das Publikum dort abholen, wo es ist: Beim Kaffeetrinken, Traurigsein oder beim Kinderwagenschieben. Das Publikum hat keine Erwartungshaltung.
Am Freitag startet „La Strada“: Welche Inhalte stehen im Fokus?
Die Bewegung von Menschen in unterschiedlichen sozialen Schichten, Kulturen und Ländern und das Miteinander-auskommen. Außerdem geht es etwa auch um das Altsein in unserer Gesellschaft: Das Thema wir oft in eine Ecke gedrängt. Die Compagnie Adhok zeigt zum Beispiel ein Stück über Herrschaften, die aus dem Altersheim ausbrechen.
Vor 18 Jahren fand das erste „La Strada“ in Graz statt. Nun gibt es Kritik, dass sich das freie Straßenfestival zur Institution entwickelt hat, bei der es viele Indoor-Veranstaltungen mit Eintritt gibt.
Das Festival hat sich weiterentwickelt und nun eine größere Bandbreite. Es gibt etwa neue Formen des Zirkus und viele Eigen- und Co-Produktionen, die sich mit den Orten beschäftigen, an denen sie stattfinden. Heuer aber sind 111 von 160 Veranstaltungen ohne Eintritt.
Wann waren Sie selbst das erste Mal von Straßenkunst fasziniert?
Welche Qualität Straßenkunst haben kann, ist mir bei den Vorbereitungen für das Festival bewusst geworden, als ich 1997 das Maskentheater von der Familie Flöz gesehen habe. Ich finde aber auch Dinge schön, die nicht im professionellen Rahmen stattfinden und eine Stadt beleben.
Hat die Straßenkunst ein Imageproblem? Es gibt ja viele Menschen, die Darbietungen zeigen und die zum Teil als Almosenempfänger wahrgenommen werden. Professionelle Performances sollten als solche kommuniziert werden.
Aber man kann die Straße auch nutzen und zu seinem persönlichen öffentlichen Raum machen, Drehorgel spielen oder einfach um Geld bitten. Da würde ich keine Wertung vornehmen. Es spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, solange man nicht aufdringlich wird. Das eine hat mit dem anderen aber nichts zu tun.
Als Frau im Kunstbereich: Muss man sich noch emanzipieren?
Ich selbst habe diese Erfahrung eigentlich nicht gemacht, nur selten, wenn man von sehr vielen Männern umgeben ist … Aber Männer können sehr weiblich sein und Frauen sehr männlich sein.
Gibt es weibliche und männliche Kunst – was die Sprache oder Themen betrifft?
Ich glaube schon, aber weniger was die Themen, sondern eher die Zugänge und Nuancen betrifft. Das heißt nicht, dass weibliche Kunst weicher oder sanfter ist. Ich glaube aber, dass man die Sprache einer Frau oder eines Mannes erkennen kann, auch wenn es dafür kein fixes Schema gibt.
Gibt es viele Straßenkünstlerinnen?
Ja, bei „La Strada“ ist der Anteil halbe-halbe. Viele Künstler sind ja als Familie mit Kind und Kegel unterwegs. Es sind offene Menschen, die nichts von Ausgrenzung halten.
Ihr Vater ist der Aktionskünstler Günter Brus: Werden Sie oft als „Tochter von“ gesehen?
Eigentlich nicht. Das ist immer wieder Thema, es hat mich aber weder belastet, noch hatte ich es deshalb leichter.
Inwiefern hat Sie Ihr Vater geprägt?
Ich habe von ihm gelernt: Wenn man etwas wirklich will, soll man sich davon nicht abbringen lassen und es tun, ohne groß zu lamentieren, wie man dorthin kommen kann.
Finden Sie, dass Graz eine aufgeschlossene Stadt ist?
Graz ist offen für Kunst und Kultur – auch dank der vielen Festivals. Ob die Grazer aufgeschlossen sind, ist eine andere Frage. Am sozialen Miteinander muss man arbeiten – wir versuchen es mit Straßenkunst.
STECKBRIEF
geboren am 29. 3. 1967, Studium der Kunstgeschichte, Kulturmanagerin bei „die Organisation“, die u. a. „La Strada“ organisiert
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