Frechheit siegt: Gefragte Frauen mit Anna-Maria Jung

Anna-Maria Jung illustriert Bücher und schreibt Comics. | Foto: KK
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Egal ob Käferbohne, Kunsthaus oder Uhrturm: Anna-Maria Jungs Illustrationen fallen auf. In Graz ist die junge Zeichnerin vor allem für ihre bunten Postkarten bekannt, international konnte sie schon durch T-Shirt-Designs, Illustrationen für den New Yorker Verlag "Workman Publishing" und Animationen mit dem US-amerikanischen Regisseur Bill Plympton auffallen. Auch der erst kürzlich entstandene Grazer Kinderstadtplan, der im Tourismus-Infobüro in der Herrengasse aufliegt, stammt aus ihrer Feder.

WOCHE: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Postkarten für Graz zu illustrieren? War das ein Auftrag?
Anna-Maria Jung: Nein. Um ehrlich zu sein, habe ich in Kopenhagen ähnliche Postkarten von Ib Antoni gesehen. Die haben einen so bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, dass ich kurzerhand welche für Graz gemacht habe. Mittlerweile gibt es sie seit zwei Jahren und sie kommen ungebrochen sehr gut an. Ich weiß noch, wie ich sie das erste Mal bei der Buchhandlung Moser vertrieben habe. Da wurde ich angerufen und gefragt, ob ich den die falsche Menge geliefert hätte, es würden so viele Karten fehlen. Dabei sind sie einfach weggegangen wie die warmen Semmeln.

WOCHE: Wenn die Karten so gut ankommen, wird es sie dann auch schon bald in anderen Städten geben? Zum Beispiel in Salzburg?
A.-M. J.:
Natürlich würde ich sie gerne österreichweit anbieten, allerdings ist das schwierig ohne den richtigen Vertrieb. Auch in Salzburg, wo ich ja zwischen 2003 und 2007 studiert und gelebt habe, fehlen mir da die passenden Kontakte. 

WOCHE: Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen? Waren Sie schon immer fasziniert von Illustrationen und Comics?

A.-M. J.: Ich glaube, ich habe schon als Kind gerne Comics gelesen. Sogar die Fremdsprache im Ausland hat mich nicht davon abgehalten, durch die bunten Hefte zu blättern. Ich war einfach so fasziniert von den Bildern.
Besonders toll fand ich schon damals immer alles, was irgendwie düster war. In Kirchen waren das zum Beispiel die Bilder der Märtyrer: "Oh cool, keine Hände mehr", habe ich mir gedacht. Ich habe da ja auch noch nicht verstanden, was Leid ist.
Die Faszination des Düsteren konnte ich bis heute nicht ablegen. Für mein bisheriges Lieblingsprojekt aus dem Jahr 2017, der Illustration des Buchs "The Most Dangerous Book", habe ich zum Beispiel viele liebe Figuren gezeichnet, die abkratzen. Die Arbeit daran fand ich toll.

WOCHE: Und wie war dann Ihr beruflicher Werdegang?
A.-M. J.: Geprägt von viel Unterstützung. Einerseits haben mich meine Eltern, insbesondere mein Papa, immer sehr in meinem Hobby ermutigt. Andererseits hatte ich aber auch das "Glück", von erfahrenen und etablierten Künstlern gefördert zu werden. Dazu muss ich aber auch sagen, dass ich immer aktiv auf diese Menschen zugegangen bin und ihnen mein Portfolio gezeigt habe. So habe ich das auch mit dem Künstler Jörg Vogeltanz gemacht. Mit seiner Unterstützung habe ich dann im Alter von 18 Jahren meinen ersten Comic veröffentlicht: "Urbanity – Gewalt, Drogen und Genetik", Das war eine 20-seitige Tarantino-artige Krimigeschichte.

WOCHE: Auf etablierte Künstler zugehen – ist das auch ein Rat, den sie jüngeren Kollegen mitgeben möchten?
A.-M. J.: Ja. Als junger Künstler sollte man immer um die Unterstützung älterer, etablierterer Kollegen bitten. Natürlich kann es passieren, dass die dann nein sagen. Aber dann sollte man sich nicht einschüchtern lassen. Wenn sich dann die Gelegenheit ergibt: Unbedingt annehmen! Leider erlebe ich viel zu oft, dass die Kollegen meine Hilfe nicht annehmen. Ich habe immer nach jeder Gelegenheit gegriffen, die sich mir aufgetan hat und das hat mir immens geholfen.

WOCHE: Gibt es Ihrer Meinung nach einen stilistischen Unterschied zwischen den Illustrationen von Frauen und jenen von Männern?
A.-M. J.:
Auch wenn das jetzt klischeehaft klingt: Meine Erfahrung ist, dass Frauen eher "cartooniger" und "runder" zeichnen als Männer. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass mir dieser Stil gefällt und deshalb besonders auffällt.
Ich selbst wurde wegen meiner Illustrationen schon oft für einen Mann gehalten. Die Menschen sehen halt ein Thema und projizieren dann ein Geschlecht darauf.

WOCHE: Sind sie zufrieden mit Ihrem Stil, wie er jetzt ist?
A.-M. J.: Man lernt nie aus. Deshalb übe ich auch immer sehr viel. Teils autodidaktisch, teils an der Uni und teils in Online-Workshops. Manchmal mache ich eine Skizze und denke mir: "Wow, die ist jetzt aber toll gelungen." Dann spiegle ich sie und sehe plötzlich, dass die Augen nicht auf einer Höhe sind oder die Beine nicht auf derselben Höhe enden. Für mich ist es einfach wichtig viel zu üben, damit ich die Welt besser verstehe.

WOCHE-Wordrap
Ich arbeite ...
großteils analog und mit Photoshop.
Mein Motto ist ... kämpfen, frech sein und weitermachen.
Die Welt ... schuldet einem nichts.

Steckbrief
Anna-Maria Jung: Geboren am 14. August 1984, hat in Salzburg "Multi Media Arts" studiert und ein Fulbright-Stipendium für ein Master-Programm in Illustration in New York bekommen. Geboren und aufgewachsen ist sie in Graz.

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