Geidorfplatz: Kein Friedhof und ein Würstlstand

Genüsslich nimmt er einen Schluck Espresso, vor ihm liegt eine aufgeschlagene Zeitung, ganz höflich werden wir zu Tisch gebeten. Tatort ist das Café Fotter in der Attemsgasse, wo uns Franz Schwarzl, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite wohnt, heute empfängt. Der bald 80-Jährige hat den Bezirk geprägt wie kaum ein anderer. 35 Jahre war er Bezirksvorsteher von Geidorf „und ich würde es noch einmal machen“.
Im 13. Teil unserer Serie „Mein Graz“ spricht der Frisörmeister diese Woche über den Geidorfplatz und das Geschehen rundherum. „Der Geidorfplatz war für mich das Herz von Geidorf. Wir haben das Maibaum-Aufstellen am Platz eingeführt, Ende April wurde der Baum aufgestellt und im Herbst gefällt, das waren schöne Feste.“ Gefeiert wurde auch gerne in den Lokalen rund um den Platz. Schwarzl sah im Wirtshaus-Gang aber stets mehr: „Viele Politiker meiden Gasthäuser, doch gerade dort entstehen Gespräche und man trifft die Leute.“

Alt und Jung
Die junge Kellnerin kommt an unseren Tisch, grüßt Schwarzl, man kennt ihn hier nach wie vor, auch drei Jahre nach seinem Rückzug aus der Politik. „Was ich am Bezirk und am Platz immer geschätzt habe, ist neben der sehr hohen Wohnqualität die Kombination aus jüngeren und älteren Bewohnern. Beim Würstlstand am Geidorfplatz kommen die Leute zusammen und unterhalten sich.“ Die Jugend liege ihm sowieso am Herzen: „Es kamen oft Beschwerden über die lärmenden Studenten, aber die müssen sich halt auch ein bisserl bewegen können am Abend.“ Graz sei schließlich eine Studentenstadt, so Schwarzl.

G’scheit und g’sund
„Mein Spruch war: Geidorf ist der gescheiteste und gesündeste Bezirk. G’sund, weil wir das LKH haben und g’scheit, weil wir die Universität haben.“ Diese befindet sich nur wenige Gehminuten vom Geidorfplatz entfernt. Ein paar Studenten ziehen mit Büchern bepackt am Platz vorbei, steigen in den Bus oder kaufen sich an der Ecke beim Auer schnell eine Stärkung für das nächste Seminar – kein seltenes Schauspiel hier.

Frisieren und politisieren
Berufsbedingt verlagerte sich Schwarzls Sprechstunde oft in seinen Frisörsalon: „Viele kamen, weil sie was wissen wollten.“ Als Politiker hat er den direkten Draht zur Bevölkerung immer geschätzt. Und so wie sein Salon ein Treffpunkt war, so war und ist es der Geidorfplatz für ihn.Doch mehr Grünraum könnte geschaffen oder weitere Marktstände aufgestellt werden, meint Schwarzl, der selbst schon Standler am Platz war – mittlerweile betreibt er das Basteln von Weihnachtskrippen rein als Hobby. Die Liebe zu seinem Viertel ist der Bezirkslegende ins Gesicht geschrieben. Franz Schwarzl mag das Leben hier, und, nie um einen Witz verlegen, verabschiedet sich der Pensionist mit den Worten: „Meine letzte Heimat wird trotzdem Leonhard sein, weil Geidorf hat keinen Friedhof.“

WOCHE WISSEN
Der Geidorfplatz liegt im Bezirk Geidorf.
Franz Schwarzl bekam für seinen langen Dienst als Bezirksvorsteher das Goldene Ehrenzeichen der Volkspartei verliehen.
Der Name des Viertels leitet sich von der Bedeutung „Vorstadt“ ab. Mittwochs und samstags von 6 bis 13 Uhr findet am Geidorfplatz immer ein Bauernmarkt statt.
Im Geidorf-Kunstkino gibt es jeden ersten Sonntag im Monat ein Filmfrühstück.

*Hier geht's zur Diashow mit Audiokommentar von Franz Schwarzl

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