Ausstellung im Graz Museum
Graz liegt am Meer

Mit einem Plan des Grazer Kanalnetzes: Kurator Bernhard Bachinger und  GrazMuseum-Direktor Otto Hochreiter. | Foto: kk
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  • Mit einem Plan des Grazer Kanalnetzes: Kurator Bernhard Bachinger und GrazMuseum-Direktor Otto Hochreiter.
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Fäkalienelevator, Chotmuer und Mikroplastik: Mit einer Ergänzung zur Dauerausstellung im Graz Museum soll auf den Grazer Anteil an der Meeresverschmutzung hingewiesen werden. Heute Abend findet dazu auch ein Workshop statt.

Die guten Nachrichten zuerst: Jetzt ist die beste Zeit, um in der Mur zu schwimmen. Denn die aktuelle Wassergüte (immerhin Klasse 2) ist nichts im Vergleich zur Vergangenheit, wie die neue Ausstellung "Graz liegt am Meer" zeigt: Auf der ersten schematischen Darstellung zur steirischen Wassergüte war die Mur unter Graz noch als "toter Fluss" eingezeichnet, noch weiter in der Vergangenheit wurde sie gar "Kotmur" genannt. Die Geschichte des Flusses, der mitten durch die Landeshauptstadt geht, ist nichts für schwache Mägen.

Ein sogenannter Fäkalienelevator sollte 1907 in Graz erbaut werden, um menschliche Fäkalien in Dünger zu verwandeln. Das Projekt wurde nicht umgesetzt. Der Grund: Die Nachfrage war nicht groß genug.  | Foto: kk
  • Ein sogenannter Fäkalienelevator sollte 1907 in Graz erbaut werden, um menschliche Fäkalien in Dünger zu verwandeln. Das Projekt wurde nicht umgesetzt. Der Grund: Die Nachfrage war nicht groß genug.
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Das ist zwar längst Geschichte, aber die Verschmutzung nicht. Heute sei das größte Problem Mikroplastik, so Bernhard Bachinger, Kurator der Ausstellung. Dieses gelange etwa beim Zähne putzen oder Wäsche waschen ins Wasser. "Und wie wir alle wissen, ist Graz ja indirekt über tausend Flusskilometer mit dem schwarzen Meer verbunden", fährt er fort. Dementsprechend hätten die Grazer bis heute Einfluss auf die Sauberkeit der Meere.

Ziele für Nachhaltigkeit

Die Initialidee für die Ausstellung stammt übrigens nicht vom Kurator selbst, sondern von der ICOM, dem österreichischen Nationalkomittee des internationalen Museumsrates: Hier hat man sich der siebzehn Ziele für eine Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen bedient und sie per Zufall an Museen im ganzen Land verlost. Graz hat dabei das Leben unter dem Meeresspiegel zugeteilt bekommen. "Das ist einem Binnenland natürlich nicht ganz so einfach umzusetzen", sagt Bachinger. "Deshalb haben wir beschlossen, einfach das Meer nach Graz zu holen."

Mit Aufstellern aus Karton hat Kurator Bernhard Bachinger den neuen Schwerpunkt in die Dauerausstellung integriert. | Foto: Björk Kosir
  • Mit Aufstellern aus Karton hat Kurator Bernhard Bachinger den neuen Schwerpunkt in die Dauerausstellung integriert.
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Und dafür hat man im Graz Museum tief in den geschichtlichen Quellen gekramt: Die Ausstellung reicht von den ersten Protesten gegen Umweltverschmutzung (im 17. Jahrhundert) über  Fäkalienverarbeitung in der heutigen Seifenfabrik bis hin zum Bau des Grazer Kanalsystems, für das die Stadt einen Kredit aufnahm, den sie noch bis in die 90er-Jahre abbezahlte. Eine Reise durch die ungustiöse Vergangenheit der Landeshauptstadt, die über Kartonkärtchen erzählt wird, so dass die Besucher sich selbstständig durch das Material zur jeweiligen Epoche wühlen können. 

Im Bauch des Meeres

Zusätzlich zur geschichtlichen Aufarbeitung mit Graz-Bezug hat Kurator Bachinger auch eine Künstlerin nach Graz eingeladen. Joanna Zabielska zeigt „HomeShop“, eine aufblasbare Figur aus 130 blauen Ikea-Sackerln. Fein säuberlich mit der Nähmaschine zusammengenäht und auf einer Seite mit einem Reißverschluss versehen, so dass Besucher hineinsteigen und sich in einer Unterwasserwelt wiederfinden können. Die Sackerl schmiegen sich an einer Seite an eine Säule, kühles, blaues Licht fällt in Innere. Die Installation ist wie tauchen ohne Luft anhalten – nur das Dröhnen der Luftpumpe stört die Ruhe. "Hier drinnen wollten wir auch Workshops abhalten, aber das geht aufgrund der aktuellen Covid-Regelungen nicht", bedauert der Kurator. 

130 Ikea-Sackerl bringen das Meer buchstäblich nach Graz. In der Installation "Home Shop" herrscht Unterwasserstimmung.  | Foto: Catalin Betz
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Pilze zerlegen Mikroplastik

Workshops gibt es aber trotzdem: Heute, 20. Oktober spricht etwa Doris Ribitsch vom Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) über die Vermeidung von Kunststoffabfällen. Sie erklärt, wie Mikroplastik mittels Enzymen zerkleinert werden kann, um es "fit fürs Recycling" zu machen. Mehr dazu gibt es ab 18 Uhr im Graz Museum. In den Herbstferien werden zudem Workshops für Kinder angeboten: Am Mittwoch, 27. und Donnerstag, 28. Oktober können Kids von 6 bis 12 Jahren im Museum Seifen sieden und dabei mehr über Nachhaltigkeit erfahren. Die Ausstellung selbst läuft noch bis 16. Jänner und wird ab dann online zu sehen sein.

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