Verstecktes Grün
Grazer Innenhöfe als Treffpunkte und Ökosysteme

- Petra Kubin hat sich mit ihrer Doktorarbeit der geschichtlichen Aufarbeitung der gründerzeitlichen Innenhöfe verschrieben.
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Über 200 Innenhöfe machen das Grazer Stadtbild aus der Luft einzigartig. Welche Geschichte sich hinter diesen architektonischen Besonderheiten verbirgt und wie sie künftig genutzt werden können, hat sich die Architektur-Doktorantin Petra Kubin angesehen.
GRAZ. Sie liegen versteckt hinter Häuserfronten und doch vor vielen Grazer Augen: Die gründerzeitlichen Innenhöfe. Was auf Satellitenaufnahmen wie eine genaue Planung des Stadtbildes wirkt, hat sich zufällig ergeben, weiß Petra Kubin zu erzählen. Sie befasst sich in ihrer Doktorarbeit mit diesen geschichtlich oft übersehenen Schätzen und möchte den Innenhöfen zu mehr Sichtbarkeit verhelfen.
"In meiner Studentenzeit habe ich immer wieder in WGs gewohnt, wo es Innenhöfe gab. Für mich waren das kleine soziale Treffpunkte, weil sich dort die Mülleimer befunden haben, oder die Fahrräder abgestellt waren. Da traf man immer wieder mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses zusammen."
Petra Kubin

- Oft auch ein sozialer Treffpunkt für die Bewohnerinnen und Bewohner stellen die Innenhöfe dar, mitunter nicht zuletzt dadurch, dass dort oft die Mülltonnen abgestellt sind.
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Aus der Gründerzeit
Die meisten Innenhöfe entstand in der Zeit von den 1840er bis 1910er-Jahren. "Graz ist im Vergleich zu anderen Städten eher langsam gewachsen. Die Bebauung folgte dabei den Straßenzügen", erklärt Kubin, "Das bestimmt bis heute das recht einzigartige Stadtbild." Während etwa in Wien von Anfang an Bebauung in den Innenhöfen vorgesehen war, blieben diese in der steirischen Landeshauptstadt erhalten. "Mitunter wurden kleinere Gebäude, zunächst für die Lagerung von Holz, ab den 1970er Jahren dann Garagen errichtet", berichtet Kubin, "Einige dieser Bauten wurden zu Wohnhäusern ausgebaut. Aber grundsätzlich blieben immer große Flächen frei."

- Ein typisches Bild eines Grazer Innenhofs: verschiedene, oft voneinander getrennte Abschnitte mit der einen oder anderen Holz- oder Steinhütte. Auch das eine oder andere Wohnhaus findet sich in Innenhöfen.
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Im Zuge ihrer Arbeit hat Petra Kubin fast 200 Innenhöfe besucht und katalogisiert. Der Tenor, den sie von den Anwohnerinnen und Anwohnern erhält, ist durchwegs: Gott sei Dank gibt es die Innenhöfe. "Ich glaube, dass Innenhöfe einen hohen emotionalen Wert haben", ist Kubin überzeugt, "Für viele Grazerinnen und Grazer sind sie schnell erreichbares Grün." Ob die Innenhöfe als Ruheraum, Spielfläche für Kinder oder Zone für gesellige Treffen fungieren, hält sich dabei stark die Waage, wie Kubin in Befragungen feststellte.
Potential für das Ökosystem
Natürlich wirft der große Raum die Frage auf, was künftig mit den Innenhöfen gemacht werden kann. Kubin hat darauf eine klare Antwort: "Ich bin zu dem Schluss gekommen: Am besten man belässt den Raum, wie er ist, und verbaut ihn nicht weiter!" Potential sieht Kubin dennoch in brach liegenden, oft eingezäunten Rasenflächen. "Würde man diese bewalden, könnte das die Ökysystemleistung um ein vielfaches erhöhen.", erklärt die Architektur-Doktorantin, "Da müsste sich auch niemand intensiv darum kümmern, sie könnten einfach wachsen. Das wäre ein wichtiges Investment in unsere Zukunft."
Zur Person:
Petra Kubin hat einen Masterabschluss in Architektur sowie einen Bachelorabschluss in Kunstgeschichte. In ihrer Doktorarbeit, die sich mit den gründerzeitlichen Innenhöfen befasst, will sie ihre beiden Interessensbereiche miteinander verbinden. Hin und wieder begleitet sie Spaziergänge des Naturschutzbundes unter anderem mit Gertraud Prügger, die von den gründerzeitlichen Vorgärten erzählt.
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