Ausbau von Straßenbahnremise
Grazer Westen verliert noch mehr Grün

Die Gärten in Lend müssen dem Ausbau der Straßenbahnremise 3 weichen.  | Foto: MeinBezirk.at
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Inmitten einer Betonlandschaft findet man seit über 50 Jahren ein fünf Hektar großes Stück Grün, in dem sich Grazerinnen und Grazer ihre eigene kleine Oase geschaffen haben. Bis 2024 soll diese Anlage jedoch dem Ausbau der Straßenbahnremise weichen. MeinBezirk.at hat sich mit einer Betroffenen ein Bild vor Ort gemacht.

GRAZ. Die, anfangs als Wohnmöglichkeiten für Siemens (ehemalige Simmering-Graz-Pauker AG) -Gastarbeiter gedachten, Schrebergärten in Lend dienen bereits seit fünf Jahrzehnten Grazerinnen und Grazern als Ort zur Selbstentfaltung. Inmitten von Wohnblöcken sind in einem heute noch vier Hektar großen Stück Natur Menschen aller Altersgruppen anzutreffen. Viele Familien genießen in ihrer kleinen selbstgeschaffenen Oase gemeinsam ihre Freizeit. 2023 soll das jedoch sein Ende finden. Das idyllische Stück Natur soll nämlich dem Erdboden gleichgemacht werden. Dies sei eine notwendige Maßnahme für den Ausbau der Straßenbahnremise. Dem Verkehrsnetz sollen bis 2025 15 Straßenbahnen hinzugefügt werden, um die hohe Nachfrage durch den Zuzug abdecken zu können.

Familien verbringen ihre Freizeit in den Gärten. Gerade im Sommer bringt der Schatten der Bäume eine angenehme Abkühlung.  | Foto: MeinBezirk.at
  • Familien verbringen ihre Freizeit in den Gärten. Gerade im Sommer bringt der Schatten der Bäume eine angenehme Abkühlung.
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Zweites Zuhause seit Jahrzehnten

Anfangs fand man auf der Anlage 300 besetzte Gärten vor, heute sind es nicht einmal mehr 130. Einigen Pächterinnen und Pächtern wurde bereits 2018 gesagt, dass die Gärten kurz vor dem Abriss stünden. Deshalb haben viele ihre heiß-geliebten Plätze verlassen. Die Menschen, die hier ihre Zeit verbringen, tun das schon seit Jahrzehnten. Sie möchten ihr zweites Zuhause auf keinen Fall zurücklassen. Das Interesse an Gärten in Lend ist vor allem bei jungen Grazerinnen und Grazern groß. Sie suchen immer wieder vergeblich um eine Parzelle an. Nachdem Pächterinnen oder Pächter ihre Gärten räumen, werden nämlich keine Anfragen mehr angenommen. Damit soll die Realisierung des Ausbaus gesichert werden.

Ein Mann besucht seine Katze täglich in seinem ehemaligen Garten.  | Foto: MeinBezirk.at
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Folgenschwere Räumungen

In der Schrebergarten-Anlage sind zahlreiche Tiere anzutreffen, von einer seltenen Singvogelart bis hin zu Katzen und Hunden. Alle haben in dem Stück Natur ihr Zuhause gefunden. Ohne die Gärten verlieren die Tiere dieses und sie werden von geliebten Haustieren zu Streunern. Bei einem Spaziergang durch die Gärten findet man in einer leeren Parzelle Hinweise auf die Folgen der Räumungen. Ein Stuhl, ein Stock und ein leerer Teller stehen in der Ecke eines Gartens. Die Anwohnerin, die MeinBezirk.at durch die Anlage führt, erzählt von einem alten Mann, dem 2018 genau das gleiche erzählt wurde wie vielen anderen: Sein Garten müsse so bald wie möglich weg. Nun ist nicht einmal mehr das Fundament des Häuschens über. Sein Verschwinden hätte der nun ehemalige Pächter seiner Katze nicht erklären können, deshalb kommt er täglich in seinen einstigen Garten zurück, um den Vierbeiner zu füttern und ihm Gesellschaft zu leisten.

Für die meisten Pächterinnen und Pächter ist ihr Garten ihr Ein und Alles. | Foto: MeinBezirk.at
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Kehrtwende der KPÖ

Noch 2009 hat die KPÖ den damaligen Bürgermeister Siegfried Nagl in einer Anfrage dazu aufgefordert, für den Erhalt der Gärten zu kämpfen. Mehr als ein Jahrzehnt später ist von dem Kampfgeist für die Schrebergärten allerdings nicht mehr viel übrig. Die KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr sieht keine Chance für eine Rettung der Anlage, da der Ausbau unvermeidlich sei. "Das alles wurde schon vor langer Zeit beschlossen, nicht in dieser Periode", so die Stellungnahme aus dem Büro der Bürgermeisterin. Am Plan der vorherigen Regierung werde daher festgehalten.

Die Pächterinnen und Pächter erhalten als Entschädigung eine Ersatzfläche in einer anderen Anlage, diese wollen viele aber gar nicht. Sie haben über Jahrzehnte hinweg mit harter Arbeit die Gärten nach ihrer Vorstellung angelegt, von vorne anfangen wollen wenige. Für die meisten wird der Verlust ihres Gartens auch das Ende ihrer Schrebergarten-Zeit sein.
Aktuell überlegt man in naher Zukunft eine Petition für die Erhaltung der Gärten zu starten.

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