In der Pension gibt’s für sie höchstens Sommerferien

Alles, wirklich alles habe ich in meinem Leben irgendwie abgeschlossen. Nur ein Projekt musste etwa 43 Jahre lang warten – die Matura“, schmunzelt Marianne Helmberger. Dabei war es eigentlich bereits der dritte Versuch: Vier Jahre lang war sie in der Hauptschule in der ersten Leistungsgruppe. „In der Fünften wurde mir dann Mathe zum Verhängnis. Und wie das damals so war, resignierte mein Vater sofort und meinte nur ,geh was lernen‘“, erzählt die Drogistin, deren unerfüllter Traum mit 30 Jahren zum zweiten Mal platzte: „Damals startete ich ein Fernstudium. Aber als berufstätige Frau mit zwei kleinen Kindern habe ich mich einfach überschätzt.“

Nach der Matura das Studium?

Der Startschuss zum Projekt Matura fiel dann im Sommersemester 2007 – mit 58 Jahren. Während einiges sich nicht geändert hat („Auch heute schleudert’s mich noch bei dieser unlogischen Mathematik. Wofür brauch ich denn das?“) ist anderes Gott sei Dank mit dem Alter weniger geworden: „Die jüngeren Jahre sind genauso verflogen wie die Prüfungsangst“, lacht Helmberger, stellt aber auch fest, „leider muss ich heute aber für alles ackern und büffeln, was mir vor Jahrzehnten einfach nur ,zugeflogen‘ ist.“
Doch Träume sind bekanntlich da, um sie zu leben – und das tut die momentan älteste Schülerin des Abendgymnasiums in Graz wahrlich. „Die mündliche Geographie-Matura habe ich schon. Unfassbar, was das für ein Hochgefühl war“, freut sie sich, „auf dem ,Stundenplan‘ stehen jetzt als nächstes die Deutsch- und Englisch-Matura.“ Wer aber glaubt, dass es die Lehrer mit der 61-Jährigen leicht haben, der irrt: „Es ist schon seltsam, wenn die alle gleich alt bzw. jünger als ich sind. Ich meckere nicht, aber ich war auch noch nie autoritätsgläubig“, lacht Helmberger, die natürlich auch schon Pläne für ihr Leben nach der Matura hat: „Ich glaube, ich werde studieren. Und ich will unbedingt Klavier lernen. Das ist der letzte Jugendtraum, den ich mir noch nicht erfüllt habe.“ Doch trotz aller schulischer Anstrengungen in den letzten Jahren betont sie immer wieder: „Schule vermittelt Wissen, aber wirklich lernen tut man durchs Leben.“