Österreichische Gebärdensprache
In dieser Schule wird auch gebärdet

An der Volksschule Rosenberg werden Kinder mit Hörbeeinträchtigung integrativ unterrichtet. Pro Jahrgang gibt es eine bilingual geführte Klasse. | Foto: StarFoto
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  • An der Volksschule Rosenberg werden Kinder mit Hörbeeinträchtigung integrativ unterrichtet. Pro Jahrgang gibt es eine bilingual geführte Klasse.
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Die Österreichische Gebärdensprache ist eine eigenständige, natürliche und linguistisch vollwertige Sprache. Im Jahr 2005 wurde sie in Österreich offiziell als Sprache anerkannt und in die Bundesverfassung aufgenommen. Jedoch wird der Bildungsalltag der Sprachgemeinschaft von fehlenden Pädagoginnen und Padagogen mit ÖGS-Kenntnissen und wenigen Angeboten überschattet. 

GRAZ. Der bilinguale Unterricht in Deutsch sowie der Österreichischen Gebärdensprache ist in Österreich gesetzlich legitimiert. Sobald es einen etwaigen Lehrplan gibt, kann die ÖGS als Unterrichtssprache verwendet werden. Ein Lehrplanentwurf liegt bereits seit 2018 vor, jedoch hat das Bildungsministerium den Erlass eines solchen Lehrplans erst im vergangenen Jahr gewährt. Laut des Schulunterrichtsgesetzes dürfen Schulen jedoch, sofern sie für sprachliche Minderheiten bestimmt sind, die ÖGS auch als Unterrichtssprache verwenden. So gibt es in Österreich bereits einige Schulen oder zumindest Klassen, in denen bilingual unterrichtet wird - jedoch ist der Mangel an Pädagoginnen und Pädagogen mit ÖGS-Erfahrung groß. Eine der wenigen Schulen, die ein bimodales Konzept anbietet, ist die Volksschule Rosenberg in Graz.

Für hörende Kinder bietet die Volksschule zusätzlich eine Unverbindliche Übung in der Österreichischen Gebärdensprache an.  | Foto: StarFoto
  • Für hörende Kinder bietet die Volksschule zusätzlich eine Unverbindliche Übung in der Österreichischen Gebärdensprache an.
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"Wir kämpfen uns durch"

Seit fünf Jahren verfolgt die Volksschule Rosenberg ihre Vision, taube Kinder integrativ in bilingualen Klassen zu unterrichten. Obwohl die meisten von ihnen Hörgeräte oder Cochlea-Implantate tragen, ist es für sie dennoch schwierig oder anstrengend, dem Unterricht akustisch zu folgen. "Man kann sich das nicht wie normales Hören vorstellen", erklärt Heidi Binnenstein, welche vor zwanzig Jahren einen Sondervertrag als Native Signerin bekommen hat. Anders als bei hörenden Menschen kommen alle Geräusche gleich laut ins Ohr. Oftmals sind die Kinder auf die Gebärdensprache angewiesen. Um den Bedürfnissen der tauben Kinder entgegenzukommen, wird an der Schule pro Jahrgang jeweils eine Klasse bimodal geführt. Durch dieses zweisprachige Modell bekommen auch hörende Kinder einen Zugang zur Österreichischen Gebärdensprache und ihnen werden, sofern es die Ressourcen erlauben, unverbindliche Übungen in der ÖGS angeboten.

Das ist eine eigene Welt. Ich bin in dieser schon seit
fünf Jahren und es gibt immer Neues - man lernt nie aus.
Felix Schöttel, Integrationslehrer 

Heidi Binnenstein und Felix Schöttel sind beide an der VS Rosenberg beschäftigt. In einem persönlichen Gespräch geben sie einen Einblick in den Schulalltag, der nicht immer einfach ist. "Das hier ist eine eigene Welt. ich bin in dieser schon seit fünf Jahren und es gibt immer Neues - man lernt nie aus", erzählt Schöttel, der als Integrationslehrer in der 3b-Klasse tätig ist. "Jede Schülerin und jeder Schüler hat einen anderen Rucksack. Man kann nicht alle über einen Kamm scheren". Pro Klasse gibt es fünf bis sechs taube Schülerinnen und Schüler. Unterrichtet wird von einer Volksschullehrperson in der gesprochenen Sprache sowie einem Integrationslehrer oder -lehrerin in der Gebärdensprache.

"Die Gebärdensprache ist an der Schule die Sprache, die uns alle verbindet", erzählt Heidi Binnenstein.  | Foto: Privat
  • "Die Gebärdensprache ist an der Schule die Sprache, die uns alle verbindet", erzählt Heidi Binnenstein.
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Das optimale Szenario - Eine Lehrperson unterrichtet in gesprochener Sprache, die andere gebärdet parallel dazu - ist lediglich eine Wunschvorstellung. Schließlich gibt es fünf bis sechs Kinder pro Klasse mit unterschiedlichen Gebärdensprachkompetenzen und Bedürfnissen. Mit einem Integrationslehrer kann diesen nur teilweise nachgekommen werden. "Wir probieren zu fördern, wo am dringendsten Bedarf ist. Manchmal kommen auch wir an unsere Grenzen", so Schöttel.

Mangel an Lehrpersonal mit ÖGS Kenntnissen

Binnenstein ist eine von ehemals drei Gebärdensprachexpertinnen an der Volksschule Rosenberg. Von ihrer gesamten Arbeitszeit verbringt sie dort jedoch nur zwei Tage. Die anderen Stunden ist sie an der Mittelschule St. Johann im Einsatz. Zwischen den beiden Schulen bestehe eine Kooperation, berichtet Binnenstein. Die meisten tauben Schülerinnen und -schüler absolvieren dort im Anschluss ihre restlichen Schuljahre.

Das Sprachniveau der Integrationslehrenden ist unterschiedlich. Im Bereich Gebärdensprache muss keine abgeschlossene Ausbildung vorgelegt werden. Es gibt keine Anforderungen, da kaum Pädagoginnen und Pädagogen mit guten Gebärdensprachkenntnissen vorhanden seien. Schöttel selbst beherrschte die ÖGS noch nicht, als er seinen Dienst an der Volksschule begann. In den vergangenen fünf Jahren hat er viel dazugelernt. "Schließlich kann man nicht unterrichten, wenn man keine Gebärdensprache spricht", meint Schöttel. Da es in dieser Hinsicht keine Förderungen gibt, müssen die Kosten für benötige Gebärdensprachkurse selbst übernommen werden.

Wo nimmt man die Lehrer her? Diese Lehrer gibt es nicht.
Heidi Binnenstein, Native Signerin

Nachdem die ÖGS seit vergangenem Jahr als Unterrichtssprache im Lehrplan verankert wurde, gibt es jedoch ein neues Problem. "Wo nimmt man die Lehrer her? Diese Lehrer gibt es nicht", so Binnenstein. "Ideal wäre es, wenn die Gebärdensprache bereits im Rahmen der Lehrausbildung vermittelt wird, beispielsweise mit einem eigenen Master in Gebärdensprache."

Pro Klasse gibt es fünf bis sechs taube Schülerinnen und Schüler. Unterrichtet wird von einer Volksschullehrperson in der gesprochenen Sprache sowie einem Integrationslehrer oder -lehrerin in der Gebärdensprache. | Foto: Privat
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Der steinige Weg zur Anerkennung 

Die Gebärdensprachen der Welt blicken auf eine lange Geschichte der Diskriminierung und Unterdrückung zurück. Weltweit sieht die Situation auch im Jahr 2022 noch düster aus. Es gibt nur sehr wenige Länder, in welchen der Gebärdensprache die gleichen Rechte zustehen wie der lokal vorherrschenden Lautsprache. Der Weltverband der Gehörlosen schätzt, dass es weltweit 72 Millionen Gehörlose gibt. 

Seit ihrer Anerkennung im Jahr 2005 wird die Österreichische Gebärdensprache den Minderheitensprachen in Österreich zugeordnet. Vor der Anerkennung und der Aufwertung des Prestiges der Sprache wurden taube Kinder in Gehörlosenschulen unterrichtet. Jedoch nicht in der Gebärdensprache, sondern in der gesprochenen Sprache. Der Österreichische Gehörlosenbund setzt sich für die Verwirklichung konkreter Sprachenrechte ein, wie beispielsweise das Recht auf Bildung in der Muttersprache. Es wird gefordert, dass die Gebärdensprache gleichrangig mit der deutschen Lautsprache werden soll.

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