Friedhof als Erholungsraum
(K)ein Niedergang der Trauerkultur
Rund um Allerheiligen und Allerseelen werden die Friedhöfe vermehrt besucht, die Gräber gepflegt und die Zeit zum Innehalten genutzt. Gleichzeitig häufen sich Beobachtungen, dass sich der Friedhofsaufenthalt zu einem regelrechten "Event" entwickelt. MeinBezirk hat mit krichlichen Vertretern über die Kultur am Friedhof gesprochen.
GRAZ. An den Tagen rund um Allerheiligen und Allerseelen geht es auf den Friedhöfen üblicherweise durchaus geschäftig zu. Sowohl am Land als auch in der Stadt stellen diese Anlässe eine Gelegenheit dar, neben dem Gedenken an die Verstorbenen auch ferne wie nahe Bekannte zu treffen und sich auszutauschen. Dieser Umstand ist durchaus im Sinne der Grazer Stadtpfarrkirche, die den Friedhof grundsätzlich als Ort des Gesprächs, des Dialogs und der Begegnung betrachtet.
Ähnlich beurteilt Philipp Helm als Abt des Zisterzienserstiftes Rein die Situation, der bereits in den Tagen vor Allerheiligen wahrnimmt, dass Gräber vermehrt gereinigt und geschmückt werden. Auch am Allerheiligen-Nachmittag sind bei der Gräbersegnung traditionell viele Menschen präsent, was aus Sicht des Abtes verdeutlicht, dass an die Verstorbenen gedacht und für sie gebetet wird. Diese Tendenz zeige sich allerdings nicht nur an Allerheiligen, sondern ebenso bei anderen großen Feste des Kirchenjahres, da bei diesen Feierlichkeiten die Leute mehr zusammenkommen.
Friedhof als Erholungsraum
Auch abgesehen von kirchlichen Anlässen gibt es aktive Bemühungen, Friedhöfe als Erholungsräume zu öffnen. Analog zu Parkanlagen werden beispielsweise Sitzbänke aufgestellt, die zum Verweilen einladen sollen. Auch der Konsumation von Speisen steht man durchaus nachsichtig gegenüber. So erläutert etwa Stadtpfarrpropst Christian Leibnitz, dass grundsätzlich nichts dagegen spreche, wenn Besucherinnen und Besucher auch einmal eine Wurstsemmel essen, solange der Müll ordnungsgemäß entsorgt werde.
Leibnitz betont allerdings auch, dass die Pietät des Ortes geachtet und gewahrt werden solle und der Friedhof beispielsweise als Picknickplatz schlichtweg nicht geeignet sei. Ähnliches gibt auch die Friedhofsordnung für römisch-katholische Friedhöfe vor, in der darauf hingewiesen wird, jegliches Verhalten zu unterlassen, das der Würde des Ortes nicht entspricht. Explizit untersagt werden darin beispielsweise das Spielen, Herumlaufen, Lärmen sowie das Befahren mit Motor- und Sportfahrzeugen.
Von derartigen Verstößen gegen die Friedhofsordnung kann Abt Philip Helm nicht berichten, da sich die meisten Menschen sehr adäquat verhalten würden und es auch kaum Beschwerden diesbezüglich gäbe. Einzig Hunde würden ab und zu auf den Friedhof mitgebracht werden, was nicht gerne gesehen wird. Ähnlich äußert sich auch Hans Hofer als Diakon der Pfarre Kalsdorf, dem kaum Verstöße gegen die Friedhofsordnung bekannt sind. Stattdessen würden sich die meisten Besucherinnen und Besucher sehr vorbildlich verhalten.
Immer wieder Diebstähle
Darüber hinaus ist in der Friedhofsordnung festgehalten, dass Gräber nicht verwahrlosen dürfen und von den zuständigen Grabberechtigten erhalten und gepflegt werden müssen. Gerade in der Zeit um Allerheiligen wird dieses Gebot allerdings mitunter auch überstrapaziert, wie Leibnitz erläutert. So komme es in dieser Zeit immer wieder zu Diebstählen, bei denen Grabgestecke von Gräbern entfernt und auf andere Ruhestätten gelegt werden. Obwohl man grundsätzlich dankbar sei, wenn Gräber betreut und geschmückt werden, werden diese Vergehen vonseiten der Stadtpfarrkirche mit großem Bedauern beobachtet.
Demgegenüber heißt es vonseiten des Zisterzienserstiftes, dass Beschädigungen und Diebstähle auf den umliegenden Friedhöfen sehr selten vorkommen. Stattdessen nimmt man eher wahr, dass der Blumenschmuck mitunter übertriebene Ausmaße annehme. Gleichzeitig weist Helm allerdings darauf hin, dass alles seine Berechtigung habe. Schließlich werde auf diese Weise zum Ausdruck gebracht, dass einem die Verstorbenen wirklich am Herzen liegen. Dementsprechend überwiegt die Freude, dass die Menschen die Gräber pflegen und ihre Verbundenheit durch das Gedenken am Grab zum Ausdruck bringen. Diakon Hofer berichtet davon, dass die Gräber vor allem von der älteren Bevölkerung sorgfältig betreut werden. Diebstähle stellen dagegen auch auf den Friedhöfen in seiner Umgebung eine Seltenheit dar: Zwar komme es schon alle paar Jahre einmal vor, dass Blumen oder Kerzen entwendet werden, allerdings nehmen diese Vergehen keine größeren Ausmaße an.
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