Männer, Gott und die erste Liebe: Aus dem Leben einer Grazer Ordensschwester

Wie sieht der Tag einer Ordensschwester aus?
Ich lebe in Dobl mit zwei Schwestern. Wir beginnen unseren Tag mit 45 Minuten Morgengebet. Bei der Betrachtung widmen wir uns einer Bibelstelle: Jetzt vor Pfingsten ist es die Bitte um den Heiligen Geist. Nach dem Frühstück geht`s dann los: Vorbereitungen für den Unterricht, Gespräche mit Menschen, Sitzungen …
Auch am Abend gibt es ein gemeinsames Abendgebet.

Sie sind ja pastorale Mitarbeiterin und Religionslehrerin.
Ja, ich unterrichte auch an der VS Dobl. Ansonsten gibt es immer etwas Organisatorisches zu tun: Ich helfe nun bei der Vorbereitung einer Party der Jungschar. Ein Fixpunkt ist es jeden Tag die Heilige Messe mitzufeiern.

Wann wurde Ihnen klar, dass Sie Ordensschwester werden wollen?
Als ich Schülerin an den Ursulinen war, hat mich eine Schwester menschlich sehr beeindruckt. Später mit 18 Jahren hatte ich dann eine Berufungserfahrung: Bei einer Messe im Grazer Dom mit Johann Weber hat Jesus mich gerufen …
Sie meinen, dass Sie eine Stimme gehört haben? Es ist mehr das Gefühl: Ich will Schwester sein, dort gehöre ich hin!

Hatten Sie keine Bedenken, Ihr bisheriges Leben aufzugeben?
Natürlich hatte ich in der Zeit auch Zweifel. Ich war damals verliebt in einen Mann. Es war für uns Liebe auf den ersten Blick …

Hatten Sie eine Beziehung?
Wir waren zwei Jahre befreundet und sind oft tanzen gegangen. Er wollte mich dann heiraten.

Warum sind Sie ins Kloster gegangen?
Der Wunsch Schwester zu sein war stärker. Das ist vergleichbar mit Liebe auf den ersten Blick: Es hat mich mit großer Freude erfüllt. Im Kloster bin ich dann zur Ruhe gekommen. Da habe ich gewusst, das passt!

Hat Ihnen je etwas aus Ihrem früheren Leben gefehlt?

Eigentlich nicht. Ich lebe ja nicht im einsamen Kammerl. Ich bin unter Menschen, arbeite mit Kindern, bin bei Taufen, Hochzeiten, mache Seelsorge … Und ich tanze jetzt auch – nicht in Lokalen, aber einen schönen Walzer auf einer Hochzeit (lacht)! Dennoch muss ich sagen: Ich bin seit 29 Jahren Schwester und da gibt es auch Momente des Zweifelns. Die sind ein Teil des Weges.

Haben Sie je die Beziehung zu einem Mann vermisst?
In einer Partnerschaft gibt es mehr als den körperlichen Aspekt, da gibt es gefühlsmäßige Intimität – und die erlebe ich ja!

Haben Sie den Anspruch ein besserer Mensch zu sein als andere?
Ich bin kein besserer Mensch, ich will Gott für andere Menschen erlebbar machen. Ich habe auch meine Schwächen – etwa das Handy: Ich telefoniere viel und schreibe viele SMS.

Was bedeutet für Sie „Gott zu erleben“?
Das ist ein Gefühl von Freude, das kann im Gebet sein, alleine, in der Natur, wenn ich einen Schmetterling sehe, oder auch mit anderen Menschen.

Viele Menschen treten aus der Kirche aus. Ist die Kirche zu weit vom Leben der Menschen entfernt?
Viele Leute sind im Alltag so eingespannt, dass sie keine Zeit haben um innezuhalten. Ich glaube aber, dass fast jeder Mensch ein Bedürfnis nach Spiritualität, dem Innehalten oder einem größeren Ganzen hat.

Inne halten kann man auch anderswo: Viele Menschen gehen in die Natur, machen Yoga … Sollte die Kirche moderner werden?
Ja, etwa bei der Sprache. Wörter wie „gebenedeit“ sind schwer verständlich. Die klassische Messe hat aber einen fixen Aufbau. Mit moderner Musik bemühen wir uns, die Gottesdienste lebendig und lebensnah mitzugestalten. Für mich soll das Ziel immer sein, Glaube und Leben zu verbinden und die Menschen zu Gott zu führen.

Sollen Frauen Pfarrerinnen werden können?
Ich selbst habe nun nicht den Wunsch, Pfarrerin zu werden, aber ich weiß nicht, wohin der Heilige Geist die Kirche noch führen wird. Vielleicht gibt es in zehn Jahren Frauen als Diakonissinnen. Das könnte ich mir gut vorstellen: die Beichte zu hören oder das Sakrament der Krankensalbung zu spenden. Wir müssen daran glauben, dass Neues möglich ist und die Kirche neu aufblüht, wenn wir den Heiligen Geist durch uns wirken lassen.

STECKBRIEF
geb. 1963 in Graz
Barmherzige Schwester in der Pfarre Dobl
pastorale Mitarbeiterin und Religionslehrerin

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