Stille Helden: Offenes Ohr für Insassen

Maria Czerwinka bespricht mit Josef Riedl, dem Leiter des Besucherteams, die Fortschritte ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit. | Foto: geopho.com
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  • hochgeladen von Philipp Kessler

Hinter Gittern: Und trotzdem ist es positive Energie, die man verspürt, gestört nur durch das laute Prasseln der Regentropfen gegen die dicken Fensterscheiben der Justizanstalt. Keine Spur von Hektik, Hass findet während dieser Sitzung keinen Platz. Maria Czerwinka hingegen schon.
Sie ist Teil jener 19 Personen, die sich eingefunden haben, um über ihre positiven Erlebnisse als Zuhörer und Wegbegleiter von zumindest einem der Insassen, die keinen Besuch von Verwandten oder Bekannten bekommen, zu berichten.

Der Schauplatz, an dem sie sich für diese Aufgabe entschieden hat, war allerdings ein gänzlich anderer. „Damals auf der Rannach ist eine Ordensschwester aus dem medizinischen Bereich der JA Karlau auf mich zugekommen und hat mir erzählt, dass es dort einen Mann gäbe, der schon länger keinen Besuch mehr hatte, aber gerne einen hätte“, blickt Czerwinka auf jenen Moment zurück, der auch ihr Leben veränderte.

Leicht fiel ihr das nicht, einfach so einen Gefangenen zu besuchen. Sie hatte viele Bedenken, auch ihre Familie war zuallererst von ihrem Vorhaben entsetzt. „Ich habe mich aber durchgerungen und bin mit Herzklopfen zum ersten Treffen gegangen“, so die kommunikative Dame gegenüber der WOCHE.

Der Eintritt durch das Tor, die ganze Atmosphäre im Gefängnis sei für sie erdrückend, sogar ein Ort der Trauer gewesen. „Mittlerweile hat sich meine Sichtweise aber geändert. Der österreichische Strafvollzug macht sich viele Gedanken, um die Insassen wieder ins normale Leben zu integrieren“, erzählt Czerwinka, die seit 12 Jahren ausschließlich Mörder besucht, weiter.

In ihren Gesprächen versucht sie für ihr Gegenüber da zu sein, aufmerksam zuzuhören. „Ich möchte dem Menschen einfach das Gefühl geben, etwas wert zu sein“, ergänzt sie, die den Insassen Mut zusprechen möchte. Ihre Besuche ziehen sich oft über Jahre hinweg. „Manchmal ergibt es sich, dass ich auch nach der Entlassung von den ehemals Gefangenen höre“, verrät die Grazerin, die glücklich wirkt als stille Heldin zwischen Gefängnismauer und Gitterstäben.

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