Familienflüsterer
Tipps von Dr. Philip Streit: Begegnung statt Abschottung
Philip Streit über das Miteinander christlicher und muslimischer Schüler.
Medien berichten in letzter Zeit oft von Schwierigkeiten mit muslimischen Kindern, vor allem in Brennpunkt-Schulen. Sie würden an gewissen Aktivitäten nicht teilnehmen, über Recht und Unrecht bestimmen und Streit mit anderen suchen. Dazu kämen Mütter, die zu Boden blicken oder Väter, die die Hand nicht geben. Dieses Problem nehme zu, so der Tenor.
Begegnungen ermöglichen
Tatsächlich ist die Herausforderung mit Schülern verschiedenster Religionen groß und kann Eltern und Pädagogen an ihre Grenzen führen. Aber: Jammern hilft nichts, genauso wenig wie Schuldzuweisungen. Das festigt Stereotypen, vergrößert die Kluft und führt auch zum negativen Bild der angeblich intoleranten österreichischen ‚Mehrheitsgesellschaft‘. Was es braucht, ist ein Aufdröseln etablierter Vorurteile, um Begegnung zu ermöglichen. Das Nicht-Hand-Geben eines muslimischen Vaters kann auch anders gewertet werden: Es ist eine Geste des Respekts gegenüber der Frau, die nicht berührt werden will oder soll. Und eine psychologische Erkenntnis ist, wenn Kinder in guten Umgebungen miteinander spielen, dann zerbröseln alte Vorurteile.
So kann es gelingen
Hier nun Tipps, um ein gelungenes Miteinander zu ermöglichen:
1. Seien Sie achtsam und respektvoll. Nehmen Sie wahr was passiert und urteilen Sie später.
2. Nehmen Sie grundsätzlich positive Motive an. Auch muslimische Familien wollen, dass sich ihre Kinder gut entwickeln und gut mit anderen auskommen.
3. Ermöglichen Sie spielerische Begegnungen. Das ist das Tor zur Beziehung mit anderen. Haben Sie zugleich klare Regeln und Strukturen, beispielsweise über das Beten im Klassenraum.
4. Seien Sie neugierig und entdecken Sie das Gegenüber und seine Vielfalt.
5. Bleiben Sie nicht allein, begegnen Sie einander, um Herausforderungen gut zu meistern.
6. Nehmen Sie sich eine Auszeit, wenn die Herausforderung zu groß wird.
Der Experte
Dr. Philip Streit ist klinischer Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut, Lebens- und Sozialberater.
Seit 1994 leitet er das „Institut für Kind, Jugend und Familie“ in Graz, das unter anderem psychologische Lernbetreuung anbietet.
Telefon:0316/77 43 44
Web: www.ikjf.at
Leser-Fragen bitte an:redaktion.graz@woche.at oder per Post an „WOCHE Graz“, Gadollaplatz 1/6. Stock, 8010 Graz
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