Boarding an der FH Joanneum
Crash, Boom, Bang im Flugsimulator

Anfang August endet die Bewerbungsfrist für das Studienjahr am Institut für Luftfahrt an der Fachhochschule Joanneum. Essenzieller Bestandteil des Studiums ist das Wissen darum, was im Cockpit wann und warum zu passieren hat. Und: Wie zu reagieren ist, wenn etwas passiert. Um diese Szenarien zu trainieren, bildet die FH auch mithilfe von Flugsimulatoren aus. MeinBezirk ist "mitgeflogen": Ein Erlebnisbericht.

GRAZ. Was sucht eine gestandene Redakteurin im Cockpit eines Flugsimulators? ... Richtig: Am besten nichts. Außer am Ende zwei Gewissheiten: Gott sei Dank war das kein echter Flug und mit Worten zu jonglieren liegt mir doch eher, als Flieger zu pilotieren. 
Der Sitz, an dem ich an diesem Dienstagnachmittag hinter dem Steuerhorn in einem von insgesamt drei Flugsimulatoren an der FH Joanneum Platz nehmen darf, ist in der Regel den Studierenden am Institut für Luftfahrt vorbehalten. Seit 2002 gibt es hier dieses breit aufgestellte Studienangebot, das sämtliche Bereiche der Luftfahrt – von Industrie über Technik bis hin zum Verkehrsmanagement – abdeckt.

Auch die Entwicklung und der Einsatz von Drohnen wird am Institut für Luftfahrt erforscht.  | Foto: Konstantinov
  • Auch die Entwicklung und der Einsatz von Drohnen wird am Institut für Luftfahrt erforscht.
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"In dieser Bandbreite ist diese Ausbildungsform österreichweit einzigartig", erläutert Institutsleiter Holger Friehmelt, der inzwischen als Pilot ins Cockpit "zugestiegen" ist . "Nein, Pilotenschein habe ich keinen", lacht er auf meine bange Frage, aber zum Einen ist es für Friehmelt im Gegensatz zu mir kein Jungfernflug im Simulator mehr und zum Anderen haben wir "in der Kabine" als Backup mit Hochschullektor Andreas Hinze einen echten Piloten und Arian Ghoddousi einen passionierten Instruktor und Flight Simulator-Experten sitzen. Ghoddousi ist erfolgreicher FH-Absolvent und arbeitet mittlerweile beim südsteirischen Flugsimulatoren Entwickler Axis. Damit zeigt er einen von unzähligen Wegen aus diesem Studium auf: "Von Emirates-Piloten über Eurofighter-PiIoten hin zu Fluglotsen bei der Austro Control oder Mitarbeitern im Verkehrsministerium", zeichnet Friehmelt die Berufslaufbahnen ehemaliger Studierender nach. Immer wichtiger werde auch die technische Weiterentwicklung: "Das Thema Nachhaltigkeit im Flugverkehr nimmt einen enormen Stellenwert in Forschung und Entwicklung ein."

Und vor mir nur mehr Nebel

Aber zurück ins Cockpit: Mittlerweile haben wir fast schon Flughöhe erreicht oder sind zumindest so hoch gestiegen, dass wir nicht mehr Gefahr laufen, den Schöckl um einen seiner Gipfel zu bringen. Tatsächlich muss ich mir eingestehen, dass nicht nur die Fülle an Knöpfen, Schaltern und Hebeln mich gehörig verwirren, sondern auch dem Körper einiges abverlangt wird. "Dass das Steuerhorn so schwer zu bedienen ist, hätte ich mir nicht gedacht", lautet eine meiner Erkenntnisse in luftigen Höhen. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass es gnadenlos ungemütlich werden kann, wenn plötzlich die Sicht aus dem Fenster wegbleibt: Dank Andreas Hinze, der im Hintergrund die Fäden zieht und den Simulator durch einige Szenarien schickt, befinden wir uns innerhalb von Sekunden in einer dichten Nebelwand. "In solchen Situationen bleiben einem im Cockpit dann nur mehr die Instrumente", erklären Friehmelt und Hinze. "Schon ja, aber dazu müsste man sie eben verstehen und deuten können", fällt mir nur dazu ein. 

Mein Fazit nach 45 Minuten im Cockpit: Mit mindestens einer Tonne mehr Ehrfurcht und Hochachtung werde ich meinen nächsten Flug antreten.  | Foto: Konstantinov
  • Mein Fazit nach 45 Minuten im Cockpit: Mit mindestens einer Tonne mehr Ehrfurcht und Hochachtung werde ich meinen nächsten Flug antreten.
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Auch ein sogenannter Strömungsabriss bleibt mir nicht erspart. "Das passiert, wenn die Geschwindigkeit zu gering ist und so am Flügel nicht mehr genug Auftrieb erzeugt wird", erklärt mein heutiger Pilot. Der Effekt: Das Flugzeug sinkt abrupt und unkontrolliert ab. Für einen Milliaugenblick erzeugt es in mir massive Panik, bis mir wieder bewusst ist, dass es "ja nur ein Testflug im Simulator" ist.
Diese und unzählige Szenarien mehr durchlaufen die Studierenden an der FH hier. "Uns geht es darum, nicht nur die Theorie im Lehrsaal zu vermitteln, sondern auch in die Praxis einzutauchen", so Friehmelt. Die dabei erworbenen Erfahrungen und das Know-how wird dann in vielerlei Hinsicht für die Erhöhung der Flugsicherheit genutzt. "Unser Simulator wird auch für die Pilotenausbildung eingesetzt, er kann realistisch Belastungssituationen, etwa wenn das GPS ausfällt, nachahmen. Was macht das mit den Piloten. Wie kann man der Besatzung helfen, um mit diesem Stress umzugehen?", zählt Friehmelt die Einsatzmöglichkeiten auf. 

Das Composites Lab − Labor für Faser-Kunststoff-Verbunde − am Institut Luftfahrt / Aviation dient sowohl der praktischen Ausbildung der Studierenden als auch dem Einsatz in der angewandten Forschung und Entwicklung. | Foto: Konstantinov
  • Das Composites Lab − Labor für Faser-Kunststoff-Verbunde − am Institut Luftfahrt / Aviation dient sowohl der praktischen Ausbildung der Studierenden als auch dem Einsatz in der angewandten Forschung und Entwicklung.
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Unser Testflug ist im Übrigen inzwischen auch schon in Graz Thalerhof gelandet – dank des Zutuns und der Steuerung von Pilot Holger Friehmelt und "Szenarien-Regisseur" Andreas Hinze. Mein Fazit: Als ohnehin Flugängstliche trete ich meinen nächsten Flug mit Sicherheit mit noch größerer Ehrfurcht und Hochachtung an. 

Weitere Informationen:
Zu den Studien am Institut für Luftfahrt - die Anmeldung für das kommende Studienjahr läuft noch bis 5. August. 
Einsteigen in den Flugsimulator

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